Und alles nur der Liebe wegen
Leben: Treue und Vertrauen sind die einzigen Grundlagen, auf denen man eine Ehe aufbauen kann. Beides hat deine Mutter zerstört.«
»Und du, Papi?«
»Erlaube mal!« Ludwig fuhr herum. Er sah in die merkwürdig kühlen Augen seiner sonst so sanften Tochter. »Was heißt das?«
»Ich habe nie darüber gesprochen, Papi. Es war vor einem Jahr. Ich besuchte dich im Büro. Nach Feierabend. Alle Mitarbeiter waren weg, die Türen nur angelehnt. Ich wollte dich überraschen und schlich mich an dein Zimmer heran. Und ich habe dich überrascht. Die Aurach war bei dir.«
»Monika!« Ludwig wurde blaß. Nervös zog er an seiner Krawatte. »Was hast du gesehen?«
»Genug, Papi.« Monika blickte zu Boden. »Ich bin wieder weggeschlichen. Und keiner hat etwas erfahren, selbst Karin nicht. Aber ich war wochenlang traurig und habe Mutti bedauert. Und diese Irene Aurach hätte ich umbringen können!«
»Das ist ja … das ist …« Ludwig fuhr sich durch die Haare. Meine Tochter hat mich mit Irene überrascht, dachte er. Was wird sie jetzt von mir halten? Ein ertappter Liebhaber seiner Sekretärin, aufgespürt von der eigenen Tochter.
»Wenn man es mathematisch betrachtet, Papi«, sagte Monika ruhig, »und du bist doch ein großer Mathematiker, steht die Rechnung eins zu eins. Eine ausgeglichene Bilanz der Untreue. Wäre es nicht möglich, daß Mutti und du, jeder für sich, vergißt, was war? Wir sind ja noch da. Und wir lieben euch beide. Fehler hat jeder Mensch.«
Ludwig lachte bitter. »Die Philosophie eines Kindes als Kitt für eine zerbrochene Ehe! Soweit sind wir!« Er stand auf, ließ Monika allein am Tisch sitzen und ging in sein Schlafzimmer hinauf. Er schämte sich.
Am nächsten Morgen fuhren sie ab. Ludwig übernahm für die erste Strecke das Steuer. Er war etwas bedrückt und schien übernächtigt.
Auf der Autobahn Salzburg-München kamen sie in einen Platzregen. Der Scheibenwischer bändigte die Wassermassen nicht mehr, die an das Fenster klatschten. Plötzlich rutschte der Wagen weg, drehte sich wie ein Kreisel und raste auf einen Hang zu.
Ludwig kurbelte wie wild am Steuerrad, aber er konnte das Unheil nicht mehr verhindern. »Festhalten!« schrie er noch. »Knie hoch! Abstemmen!«
Dann krachte es schon, nasse Erde und große Rasenstücke wirbelten um den Wagen, es roch nach Benzin und verbranntem Gummi, Glas splitterte.
Zwanzig Minuten später rasten zwei Krankenwagen zum Krankenhaus nach Rosenheim. Vier ausgestreckte, blutüberströmte Körper lagen auf den Tragen.
Im Operationssaal wurden zwei Tische vorbereitet, die Ärzte standen an den Waschbecken und wuschen sich, als die Krankenwagen mit Blaulicht und Sirenengeheul in den Hof fuhren.
Ein Kranwagen schleppte um diese Zeit den zertrümmerten Wagen von der Autobahn ab.
Ein Streckenwärter half beim Anseilen. »Der ist schrottreif«, bemerkte er traurig, »und von denen lebt bestimmt keiner mehr.«
12
Aber sie lebten noch!
Im Operationssaal der Klinik stellte man fest, daß zwar viel Blut geflossen war, aber die Verletzungen nicht lebensbedrohend waren. Die schnelle Reaktion Ludwig Etzels und sein Zuruf: »Festhalten! Knie hoch! Abstemmen!« hatten bei allen Autoinsassen den Aufprall vermindert und ihnen vielleicht sogar das Leben gerettet. Ludwig hatte einen Armbruch und zwei eingedrückte Rippen, Dr. Schachtner kam mit einer Gehirnerschütterung und einigen Schnittwunden im linken Arm davon, Monika hatte eine Schulterverletzung, und Peter sah aus wie ein Inder: Er trug wegen einer Platzwunde einen Kopfverband. Zunächst lagen alle zusammen in einem Zimmer.
Monika war die erste, die ihre Umgebung wahrnahm. Sie versuchte sich aufzurichten. Eine weißgekleidete Schwester drückte sie sanft ins Kissen zurück.
»Was … was ist passiert?« fragte Monika schwach. Das Zimmer drehte sich wieder vor ihren Augen. Der Blutverlust war groß gewesen. »Wo ist Papi? Was ist mit Peter?«
»Sie sind alle hier«, antwortete die Schwester leise, »es ist nichts weiter passiert.«
»Aber das Auto … Es raste den Hang hinauf … Es knallte … Wir …« Monika wollte sich erneut aufrichten. Die letzten Sekunden der Erinnerung waren wieder da. Sie hörte sich aufschreien, als die hohe Erdwand auf sie zuraste. Dann splitterte Glas.
»Es ist noch einmal gut gegangen«, antwortete die Schwester, »alle haben nur ein paar Schrammen.«
Monika schloß die Augen. Neue Schwäche überfiel sie. »Mutti«, murmelte sie, »man muß Mutti rufen.«
»Das haben wir
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