Und alles nur der Liebe wegen
stotterte er.
Josef Andau nickte. »Halte deinen Vater nicht für einen Gruftie. Ich habe alles durchschaut. Dein dämliches Gesicht sprach Bände, als du vor der angeblichen Monika standest. Ein verliebter junger Mann reagiert anders! Und da wußte ich – das ist die Zwillingsschwester Karin, die für Monika einspringt.«
»Mein Gott, bei mir tickt's wohl nicht richtig!«
»Brav, mein Junge, daß du es einsiehst. Aber da Monika ebenso nett sein wird wie Karin, habe ich Karin als Monika akzeptiert. Schwamm drüber! Was willst du noch wissen?«
Thomas lachte. »Zum Beispiel, ob ich Monika im Beisein der Eltern küssen kann?«
»Das würde ich tunlichst vermeiden. Gott, ist die heutige Jugend kompliziert! Ich in deinem Alter fand immer Gelegenheiten, mit deiner Supermutter – so sagt ihr doch – allein zu sein! Streng deine Phantasie an, mein Sohn! So etwas ergibt sich aus der Situation. Da kann ich dir nicht helfen. Ich bin kein Hellseher. Und was die Blumen betrifft: Sollte Frau Etzel gar nicht da sein, so kannst du Monika darum bitten, ihrer Mutter den Blumenstrauß später zu übergeben.«
So gewappnet, betrat Thomas am Nachmittag das Krankenhaus, im Arm zwei dicke Blumensträuße. Vor der Tür von Zimmer 23, Privatstation Professor Dr. Much, atmete er ein paarmal tief durch. Es war ihm, als lege sich ihm eine Hand um die Kehle. Zaghaft klopfte er an, wartete auf ein helles »Herein!« und drückte dann die Klinke hinunter. Er erstarrte fast vor Schreck, als er die ganze Familie Etzel im Krankenzimmer versammelt sah.
Sofort rief Karin bei seinem Anblick: »Monika, dein Rosenkavalier ist da!«
Freundliches Gelächter der übrigen Familienmitglieder war die Antwort. Mit allem hatte Thomas gerechnet, nur nicht damit, daß bei seinem Eintritt gelacht würde. Er verfluchte seinen Entschluß, diesen idiotischen Krankenhausbesuch zu machen, aber gleichzeitig – aus dem Mut der Verzweiflung heraus – entwickelte er eine Festigkeit, die er sich selbst nie zugetraut hätte. Er ging auf Frau Etzel zu, die mit ihrem Mann an einem kleinen Tisch saß, wickelte den Strauß gelber Teerosen aus dem Papier, überreichte ihn ihr und stellte sich vor.
»Ich weiß, wer Sie sind«, unterbrach ihn Lucia, »meine Töchter haben mir viel von Ihnen erzählt. Das ist der berühmte Tom, Ludwig.«
»Freut mich«, sagte Ludwig und gab Thomas die Hand. »Ich sehe, Sie haben noch einen Blumenstrauß in der Hand. Er soll sicher für Monika sein. Geben Sie ihn ab, ehe er verwelkt.«
»Ja, natürlich«, stotterte Thomas und ging unsicher zur anderen Zimmerecke, wo Monika in den Kissen lag und sich mit glühendem Gesicht auf die Lippen biß.
Peter saß im Bett und hielt Andau fest, als er vorbeikam. »Hast du Schokolade mit?« fragte er.
Thomas schüttelte den Kopf. »Nee – man kann ja nicht an alles denken!«
»Und so was will der Freund von meiner Schwester sein!«
Alle lachten schallend, und Thomas lachte mit.
Nach einer Stunde war alles anders. Thomas unterhielt sich angeregt mit Ludwig, erzählte von seinem Judo und erwies sich als Fußballexperte, was Ludwig sehr sympathisch fand. Auch bekannte er, Schach zu spielen, und Ludwig lud ihn ein, wann immer er Lust und Zeit habe, mit ihm eine Partie zu spielen, im Krankenhaus und auch später, zu Hause. »Sie müssen wissen, Tom, keiner in meiner Familie und näheren Bekanntschaft spielt Schach, bis auf Dr. Schachtner. Aber der spielt miserabel.«
Eine Schwester holte Monika zur Röntgenkontrolle ab. Fast unbemerkt – nur Karin sah es mit einem Lächeln – verließ wenig später auch Thomas das Zimmer und fragte sich zur Röntgenstation durch. Dort saß Monika allein in einem kleinen Wartezimmer, von dem eine dicke Tür zum Röntgenraum führte.
»Monika«, sagte Thomas mit schwerer Stimme, »ich hatte solche Angst um dich. Ich … ich war ganz verzweifelt … Es ist so schön, daß es dir so gut geht.«
Sie umarmten einander, sahen sich tief in die Augen und sagten kein Wort mehr.
Als Thomas zögerte, flüsterte Monika: »Nun küß mich schon, Tom.«
Sie fanden erst wieder zur Wirklichkeit zurück, als eine Hand Thomas' Schulter berührte.
»Nun kann ich wirklich nicht länger warten«, sagte der junge Röntgenarzt, der unbemerkt durch die dicke Tür eingetreten war, »es müssen auch noch andere Patienten geröntgt werden.«
Zu Hause wartete Josef Andau auf seinen Sohn. Bevor Thomas etwas sagen konnte, zog er ihn beiseite. »Berichte«, drängte er neugierig.
Thomas
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