Und am Ende siegt die Liebe
ihrer Überraschung, daß sie zitterte. Die Fragen, die sie Margo stellte, hatte sie eigentlich, ohne es recht zu wissen, an sich selbst gerichtet. Was bedeutete ihr im Grunde der Besitz einer Stadt? Sie hatte Freunde hier, Leute, mit denen sie freundschaftlich verbunden war; aber konnten diese einen besonderen Menschen ersetzen — jemanden, der sie mochte, auch wenn sie sich nicht von ihrer besten Seite zeigte? Einer, der ihr den Kopf hielt, wenn sie krank war? Einer, der alle ihre unangenehmen Eigenschaften kannte und sie trotz ihrer Fehler liebte?
Sie sah Travis’ Plantage und Stanford-Hall vor sich und wußte, daß Jennifer eigentlich dort hingehörte. In der Halle hingen Hunderte von Porträts — Bilder von Travis’ Familie, die auch Jennifers Vorfahren waren. Sie verdiente es, unter so geordneten Verhältnissen aufzuwachsen, an einer Stätte der Sicherheit und des Friedens, nicht unter den ständig wechselnden Leuten eines Hotels.
Lächelnd lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück. Natürlich würde es ihr nicht leichtfallen, Travis zu sagen, daß er gewonnen habe. Zweifellos würde er damit prahlen, das habe er von Anfang an gewußt. Aber spielte das eine Rolle? Sollte sie aus törichtem Stolz darauf verzichten, mit dem Mann zusammenzuleben, den sie liebte? Sollte sie aus gekränktem Selbstbewußtsein das alles aufgeben? Zudem gab es Möglichkeiten, ihm seine Arroganz heimzuzahlen. O ja, überlegte sie. Jedes anmaßende Wort, das er ihr gegenüber gebraucht hatte, würde ihm noch einmal leid tun . ..
»Du siehst aber sehr zufrieden aus«, sagte Brandy.
Regan war so in ihre Gedanken versponnen, daß sie ihre Freundin erst bemerkte, als sie vor ihr stand.
»Ich habe gerade an Travis gedacht.«
»Da würde ich auch so strahlen wie du. Wann verläßt du mit ihm die Stadt?«
»Wie kommst du auf die Idee, daß ich mit ihm . ..?« fing Regan an, hielt jedoch bei Brandys lautem Lachen wieder inne. »Ich weiß, was du gerade denkst, und es stimmt. Jahrelang hatte ich Angst vor Travis. Ich fürchtete, er würde mich mit seiner überwältigenden Persönlichkeit verschlingen, und ich existierte gar nicht mehr.«
»Doch nun weißt du, daß du dich neben ihm behaupten kannst«, sagte Brandy.
»Ja! Und ich habe eingesehen, daß er recht hat, wenn er sagt, Jennifer sei auf seiner Plantage besser aufgehoben. Aber was wird aus dir? Soll ich dir jemand besorgen, der dir bei der Leitung des Hotels behilflich ist?«
»Nein, mach dir darüber nur keine Gedanken«, sagte Brandy mit einer kurzen Handbewegung. »Travis und ich haben das alles schon arrangiert. Da gibt es keine Probleme.«
»Travis und du? Du meinst, du und .. . mein Mann habt hinter meinem Rücken . . .?«
»Nach allem, was ich zuletzt hörte, ist er ja gar nicht dein Ehemann. Und selbstverständlich war mir sofort klar, daß du Scarlet Springs verlassen würdest. Travis ist ein Mann, dem keine Frau lange widerstehen kann. Weißt du eigentlich, daß er Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um dich wiederzufinden, als du ihn verlassen hattest? Und daß er in den letzten vier Jahren gelebt hat wie ein Mönch?«
»Was?« staunte Regan, während ein warmes Gefühl sich in ihr ausbreitete. »Woher weißt du denn das alles?«
»Während du wie ein Pferd gearbeitet hast, habe ich mir erlaubt, bei Travis und Jennifer ein wenig auf den Busch zu klopfen. Wenn du nicht neugierig warst — ich um so mehr! Würde es dich vielleicht interessieren, was der arme Mann in den letzten Jahren alles durchgemacht hat?«
Ehe Regan eine Antwort geben konnte, begann Brandy mit einem langen, ausführlichen Bericht von Travis’ Leidenszeit. Fast alle seine Freunde waren überzeugt, daß Regan im Fluß ertrunken sei, doch Travis wollte trotz ihres Abratens die Suche nach Regan nicht aufgeben. Schließlich hatte der Pfarrer ihn sogar dazu überreden wollen, eine Totenandacht während des Gottesdienstes für seine geliebte verstorbene Frau einzuschieben, weil er meinte, damit Travis von seiner Besessenheit kurieren zu können.
Regan schwamm der Kopf, als sie eine Stunde später die Bibliothek verließ. Sie achtete nicht auf Farrell, der hinter ihr herlief und unbedingt mit ihr reden wollte. Sie suchte im ganzen Hotel nach Travis, um ihm zu sagen, daß sie ihn liebte, ihn heiraten und mit ihm nach Hause zurückkehren wollte.
Nachdem sie den ganzen Tag vergeblich auf Travis’ Rückkehr in das Hotel gewartet hatte, verlor ihr Enthusiasmus etwas an Schwung. Niedergeschlagen
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