Und am Ende siegt die Liebe
ihrer Unterwäsche. »Travis«, flüsterte sie und war plötzlich gar nicht mehr müde. Da sie sich hier unbeobachtet fühlte, konnte sie sich endlich über ihre Rosen freuen.
Jemand — zweifellos Brandy — hatte mehrere mit Wasser gefüllte Vasen in eine Ecke des Schlafzimmers gestellt, und Regan füllte diese nun mit ihren Rosen. Dabei erinnerte sie sich, wann sie zum letztenmal von Travis Rosen bekommen hatte — in ihrer Hochzeitsnacht.
Sie lachte immer noch leise in sich hinein, als ihr um halb elf Uhr sechsunddreißig Rosen zugestellt wurden.
Um elf und um halb zwölf trafen noch mehr Rosen bei ihr ein. Als es um Mitternacht klopfte, öffnete Regan gähnend die Tür, vor der diesmal Reverend Wentworth stand, der Pfarrer von Scarlet Springs.
»Wollen Sie nicht hereinkommen?« fragte sie höflich.
»Nein, ich muß gleich wieder nach Hause. Um diese Zeit schlafe ich sonst längst. Ich bin nur gekommen, um Ihnen das da zu überbringen.«
Er hielt ihr eine lange, schmale weiße Schachtel hin, und als Regan sie öffnete, lag eine wunderschöne Rose aus edlem, dünnem, zerbrechlichem pinkfarbenem Kristall darin. Auch der Stengel und die Blätter bestanden aus Glas, das hellgrün gefärbt war, und ein gravierter silberner Ring war über den Stengel geschoben, in dem stand: »Regan, willst du mich heiraten? Travis.«
Regan war sprachlos. Sie wagte nicht, dieses zarte herrliche Gebilde aus zerbrechlichem Glas anzufassen.
»Travis hoffte, sie würde Ihnen gefallen«, sagte Reverend Wentworth.
»Wo hat er sie aufgetrieben? Und wie hat er sie nach Scarlet Springs transportiert?«
»Diese Fragen, meine Liebe, kann Ihnen nur Mr. Stanford selbst beantworten. Er hat sich lediglich bei mir erkundigt, ob ich willens wäre, Ihnen heute um Mitternacht ein Geschenk zu überbringen. Freilich — als mir die Schachtel zugestellt wurde, offen und unverpackt, konnten meine Frau und ich nicht widerstehen . . . nun, wir haben einen Blick hineingeworfen. Jetzt muß ich aber wirklich gehen. Gute Nacht.«
Sie hatte kaum zugehört, schloß gedankenabwesend wieder die Tür und lehnte sich eine Weile dagegen, den Blick auf die wunderschöne Kristallrose geheftet. Aus Sorge, sie könne diese Kostbarkeit zerbrechen, schob sie mit angehaltenem Atem die gläserne Blume in eine kleine Vase auf ihrem Nachttisch und stellte sie neben die erste Rose, die Travis ihr am frühen Morgen geschickt hatte. Sie zog sich aus, den Blick nicht einen Moment von der Kristallrose abwendend, und als sie im Bett lag, schien das Mondlicht die gläserne Blüte mit Tau zu benetzen. Mit einem Lächeln schlief sie ein.
Sie erwachte spät am Morgen. Ihre Uhr zeigte schon die achte Stunde, und nach einem raschen Rundblick auf alle mengepreßten Zähnen und zornigen Augen, sah sie mit einem Blick, was darauf stehen mußte. Sie las es erst gar nicht, sondern griff in das Stahlfach, riß eine Handvoll Seidenband heraus und warf es in den Papierkorb.
»Wie bist du denn darauf gekommen?« fragte sie, sich zu Brandy umdrehend.
Brandy schien ein wenig nervös zu sein und lächelte kläglich. »Ich hoffe, du trägst es mit Fassung. Offenbar hat jemand gestern, als die ganze Stadt bei uns im Hotel versammelt und alle Läden geschlossen waren, diese kleinen, blauen Heiratsanträge überall im Ort verteilt. Vielleicht ist es sogar eine ganze Armee von Verteilern gewesen: Der Doktor fand einen davon in seiner Arzttasche und vier in seiner Praxis; Will, der Gemischtwarenhändler, entdeckte sechs auf seinem Ladentisch, und —«, hier mußte Brandy ein Kichern unterdrücken, »der Schmied fand einen, auf blauer Seide geschrieben, im Hufeisen eines Pferdes eingeklemmt, das er neu beschlagen sollte.«
Regan setzte sich. »Erzähle weiter«, sagte sie mit tonloser Stimme.
»Nun, einige nehmen es mit Humor, andere wieder nicht. Der Anwalt fand einen Antrag in seinem Safe und redet davon, daß er vor Gericht gehen wollte. Aber die meisten finden es lustig und möchten Travis gern kennenIernen.«
»Ich jedenfalls möchte ihn nie wieder sehen«, sagte Regan, nicht ganz überzeugt.
»Das kann nicht dein Ernst sein«, sagte Brandy lächelnd. »Vielleicht sind die Anträge, die du bekommst, alle gleich; doch jene, die in der Stadt verteilt wurden, zeugen fast alle von einem erheblichen schöpferischen Talent. Es stehen Verse darauf, einige sogar von Shakespeare; und Mrs. Ellison, die Klavier spielt, bekam das Notenblatt für ein Lied, das sie sehr hübsch findet. Sie will es dir
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