Und bitte für uns Sünder
»Dann brauchst dich
nicht die ganze Zeit über den Schmarrn aufregen.«
Dass ich auf jeden Fall hingehen würde, verschwieg ich ihr
wohlweislich.
GroÃmutter sagte dazu gar nichts. Sie legte sich den Zettel neben
unsere Spüle, und ich beschloss, ihn bei der nächsten Gelegenheit verschwinden
zu lassen.
Auf dem Weg in die Redaktion hatten mich noch diverse Leute
aufgehalten, um mir von dem zukunftsorientierten Treffen beim Schmalzl zu
erzählen. Ein Glück, dass ich jedes Mal rechtzeitig bremsen konnte, wenn sich
wieder jemand vor mein Auto warf.
Und ein Glück, dass ich früh dran war. Da machte es auch fast
nichts, dass mir Anneliese nach dem Heiligengespräch noch ein
Babyprojektgespräch reindrückte und wissen wollte, wie es denn nun bei Max und
mir aussah.
»Mei«, sagte ich verzweifelt und krallte mich ins Lenkrad. »Jetzt
warten wir halt mal ab. Wie sich das so entwickelt.«
»Wart nicht zu lange«, riet sie mir. »Plötzlich kannst keine Kinder
mehr kriegen.«
»Hm«, machte ich nur und sah auf die Uhr, als könnte sie mir
anzeigen, wie lange ich noch fruchtbar war.
»Hast jetzt schon seine Eltern kennengelernt?«, bohrte sie nach. Das
wollte sie in letzter Zeit ständig wissen. Ich wollte ihr jetzt nicht erzählen,
dass ich schon genügend damit zu tun hatte, mein Sexleben und das Aufpassen auf
meine GroÃmutter zu koordinieren. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich da
noch Zeit hatte, mich um eine Schwiegermutter zu kümmern.
»Nein«, antwortete ich mürrisch. »Wennâs mal passt, dann lern ich
die schon kennen.« AuÃerdem war Maxâ Mutter bestimmt total etepetete. Wenn ich
allein daran dachte, wie seine Wohnung eingerichtet war. Zu uns nach Hause
würde ich die garantiert nicht einladen.
»Will er denn, dass du sie kennenlernst?«
O ja. Das war das Schlimme daran. Er wollte mich zu Familienfeiern
mitschleppen. Und inzwischen hatte ich schon totalen Erklärungsnotstand, weil
seine Eltern gerade »ganz nah« bei einer Tante in München waren. Das letzte Mal
hatte ich sogar eine mehrtägige Frauenarztvorsorge erfinden müssen, sonst hätte
ich tatsächlich mitgehen müssen.
»Ich muss jetzt«, sagte ich schnell.
»Bis heute Nachmittag«, antwortete Anneliese.
Die Zeit in der Arbeit nutzte ich, um bei Max nachzubohren, was
er denn nun über das Knochenkistl oder die Rosenkränze wusste. Aber Max nutzte
das Telefonat mehr dazu, mit mir ein Date auszumachen und mir die Vorzüge
seines Betts vor Augen zu halten. Das war eindeutig ein Ablenkungsmanöver.
Entweder weil er nicht mehr wusste als ich, oder weil er viel mehr wusste als
ich und nicht wollte, dass es in der Zeitung stand.
Mein lieber Kollege Kare war schon wieder unterwegs, weswegen ich
das Glück hatte, den Auftrag mit der Schmalzlwirt-Besprechung abzusahnen. Das
bedeutete, dass ich somit quasi dienstlich am Schmalzl-Event teilnehmen konnte.
Ein willkommener Etappensieg für eine wie mich, die sonst nur die
Leberkässemmeln organisieren und über den besoffenen Loisl schreiben durfte,
wenn er schon wieder mit dem Radl in den Graben gefahren war. Vorher hätte ich
sogar noch Zeit, schnell bei GroÃmutter vorbeizuschauen, den Herd abzuschalten
oder den Wasserhahn zuzudrehen. Und sie davon abzuhalten mitzukommen.
Es war total verräuchert. Irgendwie hatte es nämlich der
Schmalzlwirt hingekriegt, unser Dorf als riesigen Raucherclub zu deklarieren.
Hinter den Nebelschleiern des Nikotins konnte ich verschwommen sehen, dass der
Schmalzlwirt, der Troidl und der Kreiter an einem Tisch saÃen. Sie hörten auf,
sich zu unterhalten, als ich hereinkam.
Obwohl es schon Nachmittag war, saÃen alle vor riesigen Portionen
gemischtem Braten mit Knödeln in HandballgröÃe. Max hatte einmal gesagt, dass
man beim Schmalzlwirt schon eine Kernnatur sein müsse, um die Portionen zu
überleben.
In unserem Dorf leben lauter Kernnaturen. Okay, ab einem bestimmten
Alter waren die HerzkranzgefäÃe total dicht, und jeder musste haufenweise
Cholesterinsenker zu den riesigen Portionen Schweinsbraten essen, aber
gestorben war beim Schmalzlwirt noch keiner.
Eine Weile stand ich betreten mitten im Gastraum. Nichts war
grässlicher, als zu einer Männergruppe beim Schmalzlwirt zu stoÃen. Die Männer
sahen nicht auf, redeten aber auch nicht weiter. Es war diese
rauchgeschwängerte
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