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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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unangenehme Stille, die eintritt, wenn man was Falsches
sagt. Anscheinend war ich kurz davor, etwas Falsches zu sagen.
    Â»Habts ihr die Kistn da hing’stellt?«, fragte der Schmalzlwirt
schließlich, ohne aufzusehen.
    Was meinte er damit, dass wir diese Kiste hingestellt haben könnten?
Wir hatten sie schließlich gefunden. Wenn wir sie dort hingestellt hätten,
hätten wir sie nicht gefunden, sondern ignoriert. Für wie blöd hielt er uns
eigentlich?
    Â»Nein«, sagte ich beleidigt. »Wir haben damit nichts zu tun.«
    Die Männer sahen auf, und wieder trat die spezielle
Schmalzlwirt-Stille ein.
    Was mochte in den Gehirnen der Männer nur vor sich gehen? Die Frau
findet zu viele Leichen? Die Frau, die versucht, ihren unbekannten Vater zu
finden und zu ermorden? Ich kramte in meinem Gedächtnis, ob ich irgendwann in
den letzten Jahren das Bedürfnis gehabt hatte, einen Mann umzubringen.
    Der Kare, zum Beispiel, hatte im letzten Winter ein unvorteilhaftes
Bild von mir in der Zeitung veröffentlicht. Da hatte ich schon meinen Hass
gehabt. Aber der Kare lebte noch und lag definitiv nicht in dem Kistl. Dann war
da natürlich unser Polizist, der Schorsch. Der schon in unserer Jugend sehr
eifrig an seinem schlechten Image gearbeitet hatte. Er hatte mich mit
Papierkügelchen beschossen, und als das nicht gereicht hatte, um meine
Aufmerksamkeit zu erregen, hatte er den Briefkasten meiner Großmutter
weggesprengt. Seit dieser Zeit ist unser Briefkasten rußgeschwärzt und die
Klappe schief. Wenn es stark regnet, haben wir immer nasse Post.
    Seit wir erwachsen sind, haben sich die Schikanen auf eine andere
Ebene verlagert. Der Hauptärger mit dem Schorsch ist, dass ich seine Lieblingsverdächtige
bin. Kaum finde ich eine Leiche, bin ich schon wieder verdächtig.
    Das würde ich mir nicht länger bieten lassen, beschloss ich
verärgert. Aber umbringen würde ich ihn deswegen nicht. Höchstens im Affekt.
    Im nächsten Moment kam eine ganze Traube Rosenkranztanten herein und
suchte schnatternd nach einem Sitzplatz. Unglaublich. Dass die sich dazu
herabließen, ins Wirtshaus zu gehen! Waren sie extra dem Raucherclub
beigetreten? Oder hatten sie eine Verzichtserklärung unterschrieben, dass sie im
Falle eines Raucherbeins den Schmalzl nicht verklagen würden?
    Ich sah die Rosl, die Kathl und die Resi, dicht gefolgt von der
Langsdorferin mit dem Gehwagerl. Sogar die alte Ernsdorferin kam herein, grau
und abgekämpft sah sie aus, gestützt von ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter.
Immerhin hatten sie den armen parkinsonkranken Ernsdorfer nicht mitgeschleift.
Heiliger hin oder her.
    Oje.
    Direkt hinter den Ernsdorfers kam meine Großmutter herein. Sie sah
ziemlich tatendurstig aus, und ich wusste schon jetzt, dass es schwierig werden
würde, für meinen Artikel mitzuschreiben und gleichzeitig Großmutter vom Reden
abzuhalten.
    Â»Wenn des der heilige Ignaz ist, dann ist des unser Glück«, sagte
der Schmalzl gerade und knallte seinen Bierkrug vor sich auf den Tisch. »Aber
wenn wir des nicht profimäßig anpacken, dann haben wir das Nachsehen.«
    Profimäßig? Was, um Himmels willen, wollte er bei den Knochen denn
profimäßig anpacken? Ich warf einen Blick zu Großmutter, die anscheinend schon
längst verstanden hatte, worum es ging, denn sie kniff unwirsch die Augen
zusammen und schnalzte unwillig mit der Zunge. Das, was sie murmelte, klang
verdächtig nach »der damische Zwickel, der damische«. Nur eröffnete sich die
Sachlage erst, als der Schmalzl neben seinen Bierkrug profimäßig einen Ordner
knallte, der rot mit »Akte Ignaz« beschriftet war.
    Wow.
    Â»Bräinstohming«, sagte er dann und trommelte mit seinen Wurstfingern
auf dem Tisch.
    Des kann nix G’scheits sein, hätte Großmutter bestimmt gesagt, wenn
sie den Mund zubekommen hätte, aber sie saß, wie auch ich, etwas überrumpelt
zwischen den brainstormenden Männern.
    Heiliger-Ignaz-Bierkrügeln, Ignaz-Bierdeckeln, Ignaz-Torten,
Ignaz-Stangerl. Wir hatten viel gelernt, seit wir kollektiv Papst geworden
waren. Sogar Ignaz-Streichholzschachteln waren im Gespräch. Das war ja langsam
schlimmer als bei der Landtagswahl. Da bekam man auch Streichholzschachteln,
dass es grad so rauschte im Gebälk. Schon seit Jahren hatte ich in meiner
Jackentasche so einen Chip für Einkaufswägen, wo in blauer Farbe CSU darauf gedruckt

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