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Und bitte für uns Sünder

Und bitte für uns Sünder

Titel: Und bitte für uns Sünder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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die Probleme, die wir seitdem mit
dem Loisl hatten. Echt, eine Zumutung.
    Die anderen zogen grummelige Mienen, weil sie der Kreisel momentan
nicht weiter interessierte, sondern mehr die generalstabsmäßige Planung der
Heiligenverehrung in unserem Dorf. Der Bürgermeister sah auch nicht so aus, als
wollte er über den Kreisel diskutieren, aber da er der Bürgermeister war, blieb
ihm nichts anderes übrig. Er fand nicht, dass seine Straßenplanung besoffene
Loisln im Winter berücksichtigen musste. Ich fand das schon. Seit letztem
Herbst hatten wir nämlich einen supermodernen neuen Kreisel, der jede teure
Ampelanlage überflüssig machen sollte – so die Werbung des Bürgermeisters.
Leider war er so schräg gebaut, dass der Loisl das im trunkenen Zustand nicht
meistern konnte, was bedeutete, dass man alle Nase lang den Loisl liegend
vorfand. Zumindest, wenn eine gewisse Straßenglätte herrschte.
    Â»Ja, ja«, sagte der Kreiter missmutig. »Des wissen wir schon.« Man
sah ihm geradezu an, dass er eher darauf brannte, seine Ignaz-Wienerln
vorzustellen.
    Der Ernsdorfer schien mit aller Macht von der Heiligenverehrung
wegkommen zu wollen. Alle anderen sahen aus, als wäre ihnen ein b’soffenes
Waagscheitl in einem schiefen Kreisel egal, solange es heilige Brezenstangerln
und Ignaz-Pfefferbeißer gäbe. Der Ernsdorfer hatte es geschafft, die ganze gute
Stimmung zu zerstören. Die Rosenkranztanten tranken wie auf Kommando ihren
Kaffee aus und standen auf.
    Großmutter sah so schlecht gelaunt aus wie schon lange
nicht mehr. Wir blieben noch eine Weile bei den Rosenkranztanten stehen, die
ohne die Männer vor dem Wirtshaus aufgeregt weiterdiskutierten. Großmutter
beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Anscheinend hatte ihr die Sache mit
den heiligen Knochen gründlich die Laune verdorben. Wieso, darüber konnte ich
nur rätseln, denn ich hätte angenommen, dass Großmutter von einem
Reliquienschrein ganz begeistert wäre. Das mit ihrer Enkelin, die in den
heiligen Knochen gesessen hatte, würden die Leute bestimmt schnell vergessen.
Dagegen so ein Reliquienschrein, der war was für die Ewigkeit.
    Ich hakte mich tröstend bei ihr unter und zog sie von dem
Schmalzl-Schild weg in Richtung Straße.
    Â»Hoffentlich schicken sich die in der Pathologie«, seufzte
Großmutter. »Dass des endlich ein End hat mit der Heiliger-Ignaz-Geschichte.«
    Am Abend fuhr ich noch zu Max. Nicht etwa, um zu ermitteln,
sondern um einmal richtiges, warmes Essen zu bekommen. Das nicht angebrannt
schmeckte und auch ganz durch war.
    Ich lümmelte auf einem Küchenstuhl und sah Max dabei zu, wie er
kochte.
    Als er mir den Teller mit dem Steak und den Ofenkartoffeln vor die
Nase schob, wurde ich ganz sentimental. Männer, die kochen können, sind einfach
der Wahnsinn. Ich wurde jetzt schon ganz schwach, wo es doch nur ums Essen
ging. Er grinste mich ein wenig an und sah mir zu, wie ich genießerisch die
Gabel zwischen die Zähne schob.
    Â»Kannst du heute Nacht dableiben?«, wollte er wissen.
    Â»Ich muss noch arbeiten«, antwortete ich, und diesmal war das nicht
einmal gelogen. Bis morgen würde ich einen sensationellen Artikel über unseren
Reliquienwahn schreiben, der mich in den Olymp des Journalismus katapultieren
würde. Aber zunächst fütterten wir uns gegenseitig mit den Ofenkartoffeln, bis
wir alle aufgegessen hatten, und dann verloren wir ein Bekleidungsstück nach
dem anderen und arbeiteten uns bis zu Max’ Bett vor.
    Ich erlaubte mir, noch ein paar Sekunden neben ihm zu liegen,
Gedankenkringel in die Luft zu starren und Max beim Schnarchen zuzuhören.
Irgendwann klingelte sein Handy, und ich hatte sofort einen Schweißausbruch.
Vielleicht war es die Feuerwehr, die mitteilen wollte, dass unser Haus
abgebrannt war.
    Max tastete mit geschlossenen Augen nach seinem Handy und sagte:
»Ja?«
    Ich stellte mich schlafend und betete ein kurzes Stoßgebet an den
heiligen Georg, dass es nicht die Feuerwehr war.
    Â»Der Rechtsmediziner konnte das so genau nicht sagen. Das hängt von
den Bedingungen ab. Eine Leiche kann schon nach drei Monaten skelettiert sein.
Oder es kann ewig dauern. Da haben wir jetzt keine Anhaltspunkte«, erklärte Max
leise, während ich so tat, als würde ich schlafen. »Aber die Kiste ist zu
klein, um eine Leiche darin aufzubewahren … genau. Sehr wahrscheinlich sind

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