Und dann der Tod
vergessen.
»Als Esteban seine Leute zum Aufräumen nach Tenajo geschickt hat, hatten wir den Befehl, den Ort zu durchsuchen und alle Zwanzig-Peso-Scheine einzusammeln, die wir finden konnten. Sie wurden in speziell isolierte Beutel gepackt und später verbrannt. Offensichtlich haben wir damals die Sammelbüchse übersehen. Esteban wird stinksauer sein.«
»Pesos?«
»Gefälschte Pesos, die mit einer ganz speziellen Farbe gedruckt worden waren. Nach Auskunft von Ed waren der lila Farbe genetisch veränderte Anthrax-Bazillen beigemischt.«
»Anthrax«, flüsterte sie. »Mein Gott.«
»Was wissen Sie darüber?«
»Nur was ich während meines Medizinstudiums gelernt habe.
Die meisten Menschen bekommen es durch den Kontakt mit infiziertem Material wie Leder oder Pelze.«
»In der Regel tritt Anthrax – oder Milzbrand – als Haut-, Darm- oder Lungeninfektion auf. Der Erregertyp, der in Tenajo freigesetzt wurde, wirkt auf die Lungen. Er greift die Lungen und das Brustfell an, und die mutierten Bakterien bewirken innerhalb von sechs Stunden nach dem Kontakt den Tod. Aber die Infektion hat nicht bei allen gleich gewirkt. Am Zustand der Leichen konnte man ablesen, daß einige Opfer innerhalb von Minuten, andere erst nach Stunden gestorben sind.«
Der kleine Junge im Laden hatte ausgesehen, als wäre er vom Blitz getroffen worden. »Aber alle sind gestorben.«
»Ja, aber der Zeitunterschied hat Esteban beunruhigt. Ich glaube, daß sein Vorhaben deshalb verzögert wird. Aber er ist nah dran, zu nah dran.«
»Es gibt ein Serum gegen Anthrax. Es wirkt eigentlich sehr gut.«
»Aber nicht bei diesem mutierten Typ.«
»Gibt es kein Mittel?«
»Wenn man acht Monate lang vierundzwanzig Stunden am Tag forschen würde, vielleicht. Aber dieser Luxus ist uns nicht gegönnt.«
»Und Esteban hat Geld benutzt, um all diese Leute umzubringen«, flüsterte sie.
»Man kann sich keine bessere Methode vorstellen. Wer lehnt schon Geld ab? Tenajo war ein armes kleines Dorf. Als Estebans Leute die Pesos an die Bewohner verteilten, glaubten die wahrscheinlich, sie wären gestorben und im Himmel angekommen.«
»Und dann sind sie tatsächlich gestorben.« Eine derart kalkulierte Heimtücke war ihr völlig unbegreiflich. Es erinnerte sie an Perverse, die zu Halloween mit Gift versetzte Bonbons an Kinder verschenken. »Und wie haben es Estebans Leute geschafft, das Geld zu verteilen, ohne sich selbst zu infizieren?«
»Sie hatten das Geld in speziell versiegelte, transparente Plastikumschläge verpackt. Die Entwicklung der Umschläge hat fast genauso lange gedauert wie die gentechnische Veränderung der Bakterien.«
Wie die Umschläge, die er aus der Sammelbüchse genommen hatte. »War Ihr metallener Aktenkoffer auch speziell versiegelt?«
Er nickte. »Aber ich war nicht übermäßig besorgt. Esteban hat nicht versucht, die Leute der Gesundheitsbehörde aus Tenajo herauszuhalten. Er hat versucht, alle Geldscheine einzusammeln, und auf keinen Fall konnte er sich erlauben, einen dieser offiziellen Leute an Anthrax sterben zu lassen. Die Bakterien mußten einen eingebauten Auflösungsfaktor haben. Ihre Lebenszeit muß auf mindestens zwölf Stunden ausgelegt gewesen sein, weil Esteban davon ausging, daß Ihre Schwester und Sie sich infiziert hätten.«
»Rico ist gestorben.«
»Möglicherweise waren die Umstände unterschiedlich.
Vielleicht ist er irgendwie in direkten Kontakt mit den Pesos gekommen.«
»Die Wurzel …«, sagte sie wie betäubt. »Der Priester sagte:
›die Wurzel‹, bevor er starb. Ich hatte geglaubt, er spräche von Gift. Er sprach aber von dem Geld.«
»Die Wurzel allen Übels? Vielleicht.«
»Was hat Esteban vor, daß er so etwas tut?«
»Ich bin mir nicht sicher, was dieser Wahnsinnige vorhat.«
Seine Tasse war leer, und er goß sich neuen Kaffee ein.
»Sie müssen es wissen. Sie haben für ihn gearbeitet.«
»Er will es als Erpressungsmittel benutzen, deshalb wäre Geld ein offensichtliches Motiv. Und Macht. Aber ich glaube, da steckt noch mehr dahinter.« Er trank einen Schluck.
»Er ist unberechenbar.«
»Er kommt mir vor wie ein Comic-Monster.«
»Da irren Sie sich gewaltig«, sagte er ernst. »Er ist sehr intelligent, sonst wäre es ihm nicht gelungen, sein Netzwerk aufzubauen. Estebans Labor hat das Anthrax entwickelt, und Habin hat sich um das Falschgeld gekümmert. Habin glaubt, die ganze Sache unter Kontrolle zu haben, aber darauf würde ich nicht wetten.«
»Was ist mit diesem
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