Und dann der Tod
Er hatte eine verdächtige Stelle am Fuß des Berges zehn Meilen von Tenajo entfernt ausfindig gemacht. Er überprüfte sie und war auf dem Weg, mir davon zu berichten, als Estebans Leute kamen und mit der Exhumierung anfingen.«
»Sie wollen sagen, daß sie sie ausgegraben haben«, bemerkte Bess bitter. Exhumierung. Was für ein glattes, sauberes Wort für eine üble Schändung.
Er nickte.
»Sie haben es mir nicht erzählt. Sie haben mich in der Hoffnung gelassen.«
»Es gab die Möglichkeit, daß ich mich irrte. Und Sie hätten mir ohnehin nicht geglaubt.«
Nein, sie hätte ihm nicht geglaubt. Sie hätte es sich selbst nicht gestattet, es zu glauben, bis sie tatsächlich Emilys Leiche gesehen hatte.
Davon wegkommen. Bloß nicht mehr an diesen Moment denken. Die Fassung bewahren. »Ich bin … müde. Ich gehe wieder in mein Schlafzimmer. Lassen Sie mich wissen, wenn Sie die Vorbereitungen für Emilys Beerdigung getroffen haben.«
»Wenn Sie sich wieder besser fühlen, sollten Sie anfangen zu packen. Wir müssen sofort nach der Beerdigung aufbrechen.«
Sie ging ins Schlafzimmer, machte die Tür zu und schloß ihn aus. Sie hatte wieder angefangen zu zittern, aber wahrscheinlich hatte er es nicht gemerkt. Sie hatte ihm schon zuviel Schwäche gezeigt.
Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Das half. Sie brauchte noch ein bißchen Zeit, dann würde es ihr wieder gutgehen.
Ihr Zustand war so angespannt, daß Kaldak fürchtete, sie könnte jeden Moment zusammenbrechen.
Vielleicht wäre das sogar besser. Diese extreme Selbstbeherrschung konnte gefährlicher sein als die schreckliche Verzweiflung der vergangenen Nacht. Mit ihrem heutigen Verhalten hatte er nicht gerechnet. Normalerweise konnte er sie gut einschätzen, aber er wußte nicht, was sie heute dachte.
Trotzdem sollte das nicht zu einem Problem werden. Er hatte so eine Ahnung, daß sie ihre Gedanken und Wünsche früh genug bekanntmachen würde.
Cheyenne, Wyoming
»Mann, du bist wirklich ein beinharter Bursche, Jeffers. Ein Klasse-Cowboy«, sagte Randall feierlich. »Da muß ich mich ja in Zukunft höllisch vorsehen.« Er warf seiner Frau, die neben ihm an der Bar saß, einen heimlichen Blick zu.
Randall kicherte über ihn, machte sich über ihn lustig, stellte Cody Jeffers fest. Er kaufte Cody die Geschichte nicht ab.
Dieser großkotzige Scheißkerl … Er hatte ein bißchen übertrieben, na und? Für wen hielt Randall sich eigentlich? Bloß weil er ein paar Rennen gewonnen hatte – Cody kletterte von seinem Barhocker, setzte schwungvoll seinen Stetson auf und stolzierte aus der Bar. Er hatte noch keine großen Rennen gewonnen, na und? Er war noch jung. Er würde es schaffen. Er würde ein Star sein, wenn Randall längst in einem Rollstuhl herumfahren würde, anstatt in seiner Teufelskiste.
Er ballte die Fäuste in den Taschen seiner Schafsfelljacke und ging die Straße hinunter.
Morgen abend würde Randall das Lachen schon noch vergehen, wenn seine Maschine während der Show eins der großen Räder verlor. Alle würden dann über ihn lachen. Nur ein paar Drehungen mit dem Schraubenschlüssel an den Radmuttern, und krach, rumms. Das hatte er schon mal vor einigen Jahren gemacht, als dieser Bastard in Denver – »Mr.
Jeffers?«
Er drehte sich um.
»Mein Name ist Esteban.« Der Mann kam auf ihn zu.
»Man hat mir gesagt, daß Sie hier sein könnten. Mir ist zu Ohren gekommen, was für ein vielversprechender junger Mann Sie sind, und ich möchte Ihnen ein Angebot machen. Können wir irgendwo hingehen, wo wir miteinander reden können?«
Kapitel 11
Kaldak und Bess verließen die Wohnung am nächsten Morgen noch bei Dunkelheit. Sie eilten über das am Hinterausgang gelegene Treppenhaus hinunter zu einem bereitstehenden Wagen und fuhren zum Friedhof St. Nicholas in Metairie, einem Vorort von New Orleans.
Emily wurde in einer alten moosbewachsenen Krypta mit Blick auf einen kleinen, stillen Teich beigesetzt. Noch vor der Morgendämmerung klappte der Geistliche die Bibel zu, nickte höflich und verließ eilig die Grabstätte.
Armer Mann, dachte Bess wie betäubt. War er doch aus seinem Bett gezerrt und zu einem Friedhof gebracht worden, der irgendwie an einen Roman von Anne Rice erinnerte.
»Wir sollten auch gehen«, sagte Kaldak sanft.
Bess blickte hinab auf den glatten Steinsarkophag, in den Emilys Sarg eingeschlossen worden war. Lebe wohl, Emily. Ich liebe dich. Du wirst immer bei mir sein.
»Bess.«
Sie nickte, wandte sich ab und
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