Und dann kusste er mich
folgen.
Ich muss zugeben, dass mir angst und bange geworden war, als Tom ein »Festzelt« als Veranstaltungsort für die Hochzeitsfeier genannt hatte. Ein Zelt? Im Dezember? Selbst bei den skurrilsten Hochzeiten, für die wir gebucht g ewesen waren, war der Veranstaltungsort immer der Jahreszeit angemessen gewesen. Aber in einem Zelt, und sei es auch noch so edel, würden wir bestimmt vor Kälte bibbern.
Doch als ich das fragliche Gebilde erblickte, lösten sich meine Bedenken auf. Der Begriff »Festzelt« wurde ihm wahrlich nicht gerecht, »Beduinenpalast« schon eher, doch auch das war noch untertrieben. Das Zelt hatte die Ausmaße eines Zirkuszelts, und die davor parkenden Vans, Laster und Autos sowie die überall herumlaufen den Caterer, Floristen, Lieferanten und Angestellten wirk ten im Vergleich winzig klein.
Jack stieß einen Pfiff aus: »Meine Fresse! Dein Boss begnügt sich nicht mit halben Sachen, was, Tom?«
Tom grinste: »Stimmt. Wollen wir reingehen?«
»Geh du voraus, Alter. Das ist dein Auftrag«, sagte D’Wayne.
Gemeinsam gingen wir auf das Zelt zu. »Heißt das, ich kriege deine fünfzehn Prozent Provision?«, fragte Tom und boxte D’Wayne freundschaftlich in den Arm.
Im Inneren zeigte sich die ganze verschwenderische Pracht dieser Veranstaltung erst richtig: Mit funkelnden Steinen bestickte Sternenvorhänge waren um die duftig weiß umhüllten Stützsäulen in der Mitte des Zelts dra piert, und auf etwa zwei Dritteln der Raumfläche standen rund achtzig Tische mit silbernen Stühlen. Am hinteren Ende hatte man eine breite Bühne aufgebaut.
»Das ist die größte Bühne, auf der unsere Band je gespielt hat«, jubelte Wren. »Oh, ich liebe diesen Gig schon jetzt!«
Ein großer, kräftiger Mann mit beeindruckenden Dreadlocks blickte von dem ausladenden Mischpult auf und hob grüßend die Hand.
»Ihr seid die Band, richtig? Ich bin Sid Heelis und für den Ton verantwortlich.«
Er begleitete uns auf die Bühne, und uns allen standen Aufregung und Anspannung deutlich ins Gesicht geschrieben, als wir in den Festsaal hinunterblickten, wo am nächsten Tag unser Publikum sitzen würde.
»Wir arbeiten mit DI-Boxen und stellen Monitore auf für Bass, Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und so weiter«, erklärte Sid, während er uns über die Bühne führte. »Ihr könnt eure Instrumente schon mal aufbauen. Hier ist rund um die Uhr Security im Einsatz, und wir heizen schon seit heute Nachmittag ordentlich ein. Ihr braucht also keine Bedenken wegen Nachtfrost zu haben.«
»Arbeitest du öfter auf so luxuriösen Hochzeiten?«, fragte Charlie und ließ den Blick über das eindrucksvolle Interieur des Zeltes gleiten, in dem es vor geschäftig hin- und hereilenden Leuten nur so wimmelte.
Sid lachte: »So etwas Großes habe ich im Winter noch nie gemacht. Aber Julian ist ein alter Kumpel von der Uni, und als ich hörte, was er für seine Tochter plant, musste ich einfach mitmachen, Weihnachten hin oder her. Sie ist eine ganz besondere junge Frau, und das war das Mindeste, was ich tun konnte. Sie hat es wirklich verdient.«
»Stell dir vor, wir würden nur noch für solche Events gebucht«, sagte Sophie zu mir, als wir Charlies Schlagzeugkoffer hineintrugen. »Wäre das nicht fantastisch? Hoffentlich werden uns die Leute nach morgen Abend weiterempfehlen.« Sie kicherte: »Jack und ich werden nächstes Jahr wohl jeden Cent benötigen, den wir beiseitelegen können.«
Irritiert sah ich sie an: »Wieso? Was meinst du damit?«
Ihr Lächeln war strahlender als die Sonne, die durch das weiße Segeltuch hereinsickerte. »Erzähl es bitte nicht weiter, aber es sieht ganz danach aus, als würden wir dem glücklichen Paar, für das wir morgen spielen, demnächst nachfolgen.«
Mit einem Jubelschrei stellte ich die Koffer ab und umarmte Sophie. »Was für wunderbare Neuigkeiten! Und wann …?«
»Eigentlich wollte er am ersten Weihnachtsfeiertag um meine Hand anhalten, aber als wir heute hierherfuhren, ist er damit herausgeplatzt. Wir sind also inoffiziell verlobt. Am ersten Weihnachtsfeiertag werden wir die Sache öffentlich machen, aber ich musste es einfach jemandem erzählen. Ich bin so aufgeregt!«
Während wir unsere Instrumente und Geräte auf der Bühne aufbauten, wurde mir auf einmal bewusst, dass dieses Jahr nicht nur für mich entscheidend gewesen war, sondern auch für die anderen: Jack und Soph mit ihrer heimlichen Verlobung, Tom mit seiner Trennung von Anya und seiner neuen Beziehung mit Cayte,
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