Und dann kusste er mich
mit Spott überhäuft, weil sie sich die Times kaufte, um das Kreuzworträtsel zu lösen.
»Und du willst eine bodenständige Frau aus der Arbeiterklasse sein?«, frotzelte er. »Jeder andere würde ein Rätselheft kaufen, aber du – oh, nein, niemals! Dafür ist Madame zu intellektuell!«
Eine halbe Stunde später standen wir alle an der Theke des italienischen Cafés, wo unser Sortiment an Junkfood neben Charlies und Jacks Essens- und Kaffeeauswahl völlig verblasste.
»Warum haben die eigentlich eine Band gebucht, wenn es eine mittelalterliche Hochzeit werden soll?«, fragte Wren, während sie in einen Schokoladenmuffin biss, der fast so groß war wie ihr Kopf.
Tom lächelte. »Offenbar ist es ein Kompromiss, den die Braut ihrem Bräutigam zuliebe gemacht hat. Sie kriegt das mittelalterliche Ambiente, und er kriegt die Musik, zu der seine Freunde und er tanzen können.«
»Dann scheint die Ehe ja auf einem guten, soliden Fundament erbaut zu sein«, warf ich ein.
»Schade, dass D’Wayne noch nicht da ist«, sagte Jack, »denn sonst hätte er uns mit seinem untrüglichen Gespür verraten können, wie lange diese Ehe vorausichtlich halten wird.« Er zog die Schultern hoch wie ein muskel bepackter Gorilla, schlug einen breiten Handsworth- Akzent an und sagte mit weisem Kopfschütteln: »Ich gebe ihnen maximal ein Jahr!«
»Glaubst du, die Leute kommen verkleidet?«, fragte Wren. »Ich kann mir nämlich nur schwer vorstellen, wie hundertfünfzig Leute in mittelalterlichen Gewändern zu ›I Kissed a Girl‹ rumhüpfen.«
»Das ist noch so eine komische Sache: Wer wünscht sich für eine Hochzeit ›I Kissed a Girl‹? Mit seinen homosexuellen Andeutungen ist das ja kaum ein Song, zu dem Omi und Opi schunkeln wollen, oder?«, gab Jack zu bedenken, worauf wir alle losprusteten.
»Es ist der Lieblingssong des Bräutigams«, teilte uns Tom mit. Sein nahezu enzyklopädisches Wissen über die Einzelheiten dieser Hochzeit verblüffte uns. »Es war seine Hymne beim Junggesellenabschied.«
»Hat dich D’Wayne inzwischen auf seine Gehaltsliste gesetzt?«, fragte Charlie verwundert. »Sollen wir dich jetzt T’Om nennen?«
Der schwache Witz löste einen enormen Heiterkeitsausbruch aus, der wohl der Kombination aus Schlafmangel, Koffein und einer Überdosis Zucker geschuldet war. Als das Gelächter schließlich abebbte, klärte uns Tom auf. »Das weiß ich nur deshalb, weil Cayte für das Brides Magazine eine Hintergrundgeschichte über die Hochzeit schreibt.«
Seit dem Auftritt am Valentinstag hatte sich zwischen Tom und Cayte eine echte Beziehung entwickelt, und Cayte war jetzt regelmäßig dabei, wenn wir abends zum Essen oder in eine Bar gingen. Tom bezeichnete sie gern als »kleine Delikatesse, die ich beim Lebensmitteleinkauf erstanden habe« – ein Witz, der für beide nie an Reiz zu verlieren schien, obwohl er für Jack und Charlie inzwischen ein alter Hut war.
»Ehrlich, Rom, wenn er diesen Spruch noch einmal bringt, wenn wir zusammen auf einer Radtour sind, schubse ich ihn von seinem Drahtesel«, knurrte Charlie, als wir wieder im Auto saßen und Richtung Norden fuhren.
»Sei nicht so hart mit ihm. Er ist wieder glücklich – das ist doch schön, oder?«
Charlie zog eine Grimasse. »Wahrscheinlich.«
Ich lehnte mich zurück und lauschte dem Geklapper der Ausrüstung, wenn der Wagen über Unebenheiten auf dem Asphalt ruckelte. »Wahrscheinlich wird der heutige Auftritt wieder eine von D’Wayne McDougalls opulenten Veranstaltungen – mittelalterliche Hochzeit, Braut und Bräutigam streiten sich über das Unterhaltungsprogramm, die Gäste total blau … Der Gig weist schon jetzt alle Anzeichen eines Klassikers auf.«
Charlie lachte: »Da kannst du Recht haben. Lass uns lieber an den bevorstehenden Millionärs-Gig denken.«
Der Gedanke an den Gig-der-alles-verändern-könnte genügte, um mir einen erwartungsvollen Schauer über den Rücken zu jagen. »Weiß Tom schon Näheres darüber?«
»Er hat mir gestern Abend die neuesten Infos gegeben. Der Veranstaltungsort ist ein Landschloss in den Kew Gardens, direkt oberhalb der Themse. Es heißt Syon Park und soll ziemlich eindrucksvoll sein. Etliche Prominente haben dort geheiratet, und es wurde als Kulisse für Film- und Fernsehproduktionen benutzt. Ich glaube, es ist immer noch im Besitz eines Dukes und dessen Familie. Tom ist richtig ins Schwärmen geraten. Ich glaube, er freut sich so sehr darauf, dort aufzutreten, dass ihm die Gage ziemlich egal
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