Und dann kusste er mich
Arbeit deinen Blog. Ich habe letzte Woche im Lehrerzimmer davon erzählt, und es stellte sich heraus, dass die meisten Lehrer bereits davon gehört hatten. Zwei Kollegen haben heute sogar ganz von selbst deine Suche erwähnt und mir danach ihre eigenen Was-wäre-wenn-Geschichten erzählt.«
Diesen Ausdruck hörte ich in dieser Woche bereits zum zweiten Mal. »Wren hat diesen Ausdruck auch benutzt. Sie glaubt, mein Fremder ist mein Was-wäre-wenn.«
Sophie lächelte: »Gut möglich. Aber offenbar haben viele Frauen solche Geschichten erlebt. Nur war keine mutig genug, sich einfach auf die Suche zu machen.«
»Wow! Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Wenn du ihn wirklich findest, wirst du eine Heldin sein für all die Frauen, die noch an die große romantische Liebe glauben.«
Ich schüttete aus dem Teekessel kochendes Wasser in Toms angeschlagene gelbe Teekanne und rührte um. »Tja, wenn ich Wrens Vorschlag befolge, werden wir uns in Zukunft hauptsächlich in Kneipen herumtreiben, um PK zu finden.«
Sophies dunkle Augen funkelten. »Ah, davon habe ich gehört. Jack und Charlie haben sich heute Morgen ausgiebig darüber ausgelassen.«
»Oh. Was haben sie gesagt?«
»Na ja, als Charlie dich allein im Pub sitzen sah, dachte er, du hättest den Typen aufgespürt und dich in der Kneipe mit ihm verabredet. Ich glaube, das hat ihn ziemlich gewurmt, obwohl er das natürlich nicht zugegeben hat, zumal sich seine Vermutung als Irrtum herausstellte. Jack hat ihn offenbar den ganzen Abend über damit aufgezogen, und das ging heute Morgen weiter.«
Charlie alberte gerade mit Tom und Jack am anderen Ende des Proberaums herum. Ich senkte die Stimme, damit er mich nicht hören konnte: »Ich verstehe gar nicht, wie er auf diese Idee gekommen ist. Er müsste nur meinen Blog lesen, dann wüsste er, dass ich PK seit dem Valentinstag nicht mehr gesehen habe.«
»Es kann dir egal sein, was Charlie denkt, Rom. Mach einfach weiter mit deiner Suche.«
»Danke, Sophie. Hast du denn auch eine Was-wäre-wenn-Geschichte?«
Ein verträumter Ausdruck trat auf Sophies Gesicht: »Ungefähr ein Jahr bevor ich Jack kennenlernte, war ich auf einer Theaterreise in London. Als wir in Covent Garden waren, stand vor dem Eingang von Neil’s Yard ein Typ mit unglaublich blauen Augen und verneigte sich vor mir. Das war alles, was er machte: eine formvollendete, elegante Verneigung wie in einem Shakespeare-Drama. Und dann ging er. Aber ich war völlig hingerissen. Und noch heute frage ich mich manchmal, was geschehen wäre, wenn er etwas gesagt oder wenn ich ihn wiedergesehen hätte.«
Ich weiß nicht, ob Charlie etwas von dem Gespräch mitbekommen hatte, doch als wir anschließend die Pizzas aßen und dazu Unmengen von Tee tranken, war sein Verhalten mir gegenüber auffallend verändert. Er rang sich ein Lächeln ab, wann immer ich seinem Blick begegnete, und bot mir sogar an, mich am Samstag zu dem Hochzeitsgig mitzunehmen. Obwohl ich immer noch sauer auf ihn war, akzeptierte ich sein Friedensangebot und stimmte zu. Trotz der Unstimmigkeiten, die seit Weihnachten zwischen uns herrschten, konnte ich nicht leugnen, dass Charlie einfach unwiderstehlich war, wenn er seinen Charme einsetzte.
Nachdem wir samstags noch vor Anbruch der Dämmerung – also kriminell früh – den Van beladen hatten, hielten wir gegen acht ausgehungert an einer Tankstelle an der M6. Der Veranstaltungsort der Hochzeit, zu der wir unterwegs waren, war ein mittelalterliches Herrenhaus in Northumberland, und man hatte uns gebeten, möglichst früh dort anzutanzen. Die Fahrt von Haustür zu Haustür würde ungefähr fünf Stunden dauern, aber wenigstens hatte D’Wayne in der Nähe eine Unterkunft für uns organisiert.
Wie ausgemacht fuhr ich bei Charlie mit, und die Reise war bisher überraschend entspannt verlaufen. Sorgfältig vermieden wir potenziell gefährliche Themen und hielten uns an Anekdoten von Auftritten und Erinnerungen an unsere Schul- und Universitätszeiten – ein sicheres Territorium für uns beide. Während die Landschaft vorbeirauschte, kuschelte ich mich in den beheizten Sitz von Charlies dunkelgrünem Volvo-Transporter und genoss die lockere Unterhaltung.
Da die Restaurants gerade erst aufmachten, holten wir uns bei WHSmith Chips, Schokolade, Fruchtsäfte und Dosen mit Softdrinks. Als echte Kaffeesnobs wollten Charlie und Jack lieber warten, bis das italienische Café öffnete, statt sich mit Automatenkaffee aus dem Laden zu begnügen. Wren wurde von Tom
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