Und dann kusste er mich
diesen Worten ging er weiter.
Entsetzt sahen wir einander an. »Kostüme?«, wiederholte Charlie fassungslos.
Gary drehte sich um. »Ja. Die Sachen, die Ihr Manager geschickt hat.«
Wren erbleichte. »Hat jemand davon gewusst?«
»Nein«, erwiderte Jack, »obwohl ich erst heute Morgen mit D’Wayne geredet habe. Er hat nichts davon erwähnt.«
Tom wurde so rot wie die Rosen, die unsere Bühne umrahmten. »Ich bring ihn um!«
»Vielleicht sind die Kostüme gar nicht so schlimm«, sagte ich, obwohl ich selbst nicht daran glaubte. »Schauen wir uns die Sachen doch einfach mal an, bevor wir hier Panik schieben.«
Kurz darauf starrten wir entgeistert auf die knalligste Sammlung an pseudomittelalterlichen Gewändern, die jemals zusammengetragen wurde. Gegen diese Monstrositäten wirkten die Kostüme der Angestellten, über die wir noch vor zehn Minuten gelästert hatten, beinahe schon modisch.
»D’Wayne ist für mich gestorben!«, knurrte Tom. »Wenn jemand glaubt, er könnte mich in kanariengelbe Strumpfhosen stecken, überlebt er das nicht.«
»Du hast Probleme!« Jack hielt eine dunkellila Samttunika in die Höhe. »Darin werde ich aussehen wie eine Aubergine.«
»Die grünen Strumpfhosen und der grüne Hut passen ja dann bestens dazu«, kicherte Wren.
»Alles okay?« Garys lächelndes Gesicht schob sich durch die Tür.
Hoffnungsvoll sagte Tom: »Wir müssen das doch nicht anziehen, wenn wir nicht wollen, oder?«
»Leider schon«, antwortete Gary mit kaum verhohlener Belustigung. »Steht alles im Vertrag. Ihr Manager hat diesem Punkt zugestimmt, als wir Sie gebucht haben. Die Strumpfhosen sind übrigens überraschend bequem, wenn man sich daran gewöhnt hat.« Grinsend ging er von dannen und ließ uns ratlos zurück.
Seufzend ergriff Wren ihr senfgelbes Samtkleid, das burgunderrote Stirnband und den Schleier. »Tja, dann bleibt uns wohl keine andere Wahl. Ich schlage vor, wir setzen uns nach dem Gig zusammen und schmieden Rachepläne gegen D’Wayne.«
Das einzig Gute an diesen absonderlichen Kostümen war, dass wir nicht fehl am Platz wirkten. Welche sadistischen Kostümverleiher für unsere grellbunte Ausstattung auch verantwortlich sein mochten, es schienen dieselben zu sein, die auch die Hochzeitsgäste eingekleidet hatten.
Auf der Hälfte des zweiten Sets legten wir mit »Love Shack« los, worauf die versammelten Gäste in ihren lächerlichen Kostümen auf die Tanzfläche stürmten. Deren Lust zu tanzen, war sicher auch dem Met zuzuschreiben, den sie in rauen Mengen in sich hineinkippten. Die eine Hälfte formierte sich zu einer schwungvollen Polonaise um die Tanzfläche, wobei die Nachzügler am Ende Mühe hatten, in ihren Schnabelschuhen bei dem schnellen Tempo mitzuhalten, während die restlichen Gäste wie auf einem Punkkonzert herumtobten, wild herum hüpften und sich gegenseitig anrempelten. Beim Anblick dieser bizarren Szene wurde uns allen plötzlich die unglaubliche Komik dieser Situation bewusst. Charlie hinter seinem Schlagzeug prustete als Erster los und schaffte es kaum, seinen Part als männlicher Leadsänger durchzustehen. Wren und ich waren die nächsten, die einstimmten, dicht gefolgt von Tom, der sein Gitarrenspiel wegen eines Lachanfalls unterbrechen musste. Bis wir am Ende des Songs angelangt waren, liefen uns allen Lachtränen über die Wangen, und wir vermieden es strikt, einander anzusehen, um nicht völlig aus dem Häuschen zu geraten. Am Ende des Auftritts waren wir alle in Hochstimmung.
»Ich glaube, schmutziges Orange ist genau meine Farbe«, rief Tom und wirbelte mit seiner Tunika und den gelben Strumpfhosen über die Bühne, während wir unsere Sachen verstauten.
»Genau, es passt zu deinen Augen«, erwiderte Char lie hinter seinen übereinandergestapelten Trommel koffern.
Ich ging in die Garderobe, um mich der hellblauen Samtrobe und des hohen lila Schleierhuts zu entledigen. Was die Kostümvergabe betraf, so hatte ich eindeutig am meisten Glück gehabt. Wrens Kreation aus Senfgelb und Burgunderrot glich dem Erzeugnis einer Beschäftigungstherapiegruppe für depressive farbenblinde Näherinnen, und Charlies braun-beige-rote Tunika und die schiefergrauen Strumpfhosen schienen derselben trübseligen Quelle zu entstammen.
Während ich mein Kostüm zusammenfaltete, begann in den Tiefen meiner Handtasche Stevie Wonder zu trällern. Ich holte mein Handy heraus und sah, dass ich drei Anrufe verpasst sowie eine Mailboxnachricht von Onkel Dudley erhalten
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