gerade erleichtert. Die Braut – tief gebräunt aus der Spraydose und mit mindestens vier Lagen falscher Wimpern – schmollte unablässig, weil sie von ihren drei stämmigen Brautjungfern ignoriert wurde, die sich alles zu schnappen versuchten, was auch nur entfernt einem Mann ähnelte. Der frischgebackene Ehemann wiederum – dessen Nacken die blau tätowierte Inschrift »Wolfman« zierte – hätte fast eine Massenschlägerei ausgelöst, als er sich lautstark mit seinem Trauzeugen, zwei Hotelangestellten und der Brautmutter stritt.
Es geschah nicht oft, doch diesmal waren wir froh, als unser Auftritt vorbei war und wir den Ort des schrecklichen Geschehens verlassen konnten. Als wir später in Jacks und Sophies Wohnzimmer saßen und heißen Kakao tranken, fasste Tom den Abend treffend zusammen:
»Sehen wir es mal so: Wir sind lebend da rausgekommen. Bedauert lieber die Hasen, Leute!«
SUCHANZEIGE
Ich bin die junge Frau in dem roten Mantel und mit dem cremefarbenen Schal, die am Samstag, dem 17. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt am Victoria Square, Birmingham, in einen Plüschtierstand gefallen ist. Ich habe schulterlanges dunkelblondes Haar, meergrüne Au gen und bin 1,63 m groß. Du bist der Mann im schwarzen Mantel mit einem grün-braun-beige gestreiften Schal, der zu meiner Rettung herbeigeeilt ist. Du hast gewelltes rostbraunes Haar, braune Augen und bist ungefähr 1,80 m groß. Wenn du mich wiedersehen willst, nimm bitte Kontakt zu mir auf. E-Mail:
[email protected]. Chiffre-Nr. BE1712
»Ich finde sie ganz gut«, sagte Tom langsam, doch seine etwas zu hoch gezogenen Brauen straften seine Worte Lügen.
Ich hatte an einem Samstag um halb elf Uhr vormittags nicht oft das Verlangen nach Alkohol, aber bei der Probe an diesem Tag hätte mir ein Gläschen Rotwein sicher geholfen, um die Nervosität zu lindern, die mich jetzt überkam.
»Ehrlich gesagt, finde ich sie unheimlich schmalzig«, gestand ich, »aber vielleicht hilft es der Erinnerung von irgendjemandem auf die Sprünge.«
Während mir Tom eine Tasse starken Tee reichte, kam Jack zu uns herüber und sagte: »Schon seltsam, dass wir die Ersten sind, die dir deine Annonce zeigen.«
»Offen gestanden – ich habe einen Bogen um den Zeitungskiosk gemacht«, sagte ich.
So rührend ich Wrens Unterstützung auch fand, die Sache mit der Anzeige blieb mir dennoch suspekt. Aber zumindest unternahm jemand irgendetwas – und wie Tante Mags neulich bemerkt hatte (bei einem herrlich klebrigen St.-Clements-Kuchen, der tatsächlich genau das war, was ich brauchte): »In der Not frisst der Teufel Fliegen.«
»Meinst du, er erinnert sich noch an die Begegnung, die ja immerhin schon dreieinhalb Monate her ist?«, fragte Jack und jaulte auf, als ihn Wren ins Ohr kniff.
»Hör nicht auf ihn«, sagte Wren.
»Das tut weh ! Du bist gemein, Wren.«
»So viel Pessimismus muss einfach bestraft werden! Ehrlich, Rom, ich glaube, die Sache könnte funktionieren. Und wenn er wirklich so hingerissen war von dir, wie du erzählt hast, dann wird er ebenfalls nach dir suchen.«
Mit dem letzten Rest an Optimismus, der mir geblieben war, hoffte ich, Wren möge Recht behalten.
Nach zwei Stunden machten wir eine Pause, und Wren, Tom und Jack sausten in die Stadt, um etwas zu essen zu holen. Ich blieb allein im Proberaum zurück, schnappte mir den Teekessel und ging damit in die kleine Küche.
Bei meiner Rückkehr in den Proberaum entdeckte ich Charlie, der sich zu meinem Entsetzen gerade über die aufgeschlagene Zeitung beugte, die Jack auf dem Verstärker neben seinem Keyboard liegen gelassen hatte. Ich hatte fälschlicherweise angenommen, er wäre mit den anderen einkaufen gegangen. Mit dem Teekessel in der Hand blieb ich wie angewurzelt in der Tür stehen und überlegte, ob ich mich verdrücken sollte oder nicht. Als ich einen Schritt zurücktrat, knarrte der Holzboden, und Charlie blickte auf.
»Jetzt hast du also eine Suchanzeige geschaltet, was?«
Ich stellte den Teekessel auf die Herdplatte und schaltete sie an. »Das war Wrens Idee.«
»Hm. Schon irgendwelche Reaktionen erhalten?«
Ich zuckte die Achseln. »Die Anzeige ist gerade erst erschienen. Ich habe sie heute Morgen selbst zum ersten Mal gesehen.« Die unsichtbare Mauer stand wieder zwischen uns, blockierte den normalen Gesprächsfluss und ließ mich jedes Wort genau abwägen, ehe ich es aussprach. »Eine Tasse Tee?«, bot ich an, in dem verzweifelten Bemühen um einen entspannten Umgang miteinander,