Und dann kusste er mich
zweifelhaften Freuden des Maudlem-Hall-Hochzeitspakets – und daran hätte Miss Austen sicher Gefallen gefunden.
Wren fiel es als Erster auf, mitten im dritten Song des ersten Sets. Als Tom mit dem Gitarrensolo für »(Everything I Do) I Do It For You« begann, stieß mich Wren in die Seite.
»Der Bräutigam schaut mürrischer drein als Mr Darcy. Ich glaube, ich habe ihn, seit wir angefangen haben, noch kein einziges Mal lachen sehen.«
Ich blickte zu dem Brautpaar hinüber, das – Gläser mit rosafarbenem Pemberley Pimms in Händen - an der Bar saß, und musste Wren Recht geben: Der Bräutigam zog ein Gesicht, das eher zu einer Scheidung als zu einer Hochzeit gepasst hätte. Die Braut, die eine Kopie von Jennifer Ehlers Hochzeitskleid in der klassischen BBC- Adaption von »Stolz und Vorurteil« trug, wirkte auch nicht gerade fröhlich und bedachte ihren Gatten mit missmutigen Blicken, während dieser hochmütig die Gästeschar beobachtete, die über den Tanzboden wirbelte. Angesichts des Songs, den wir gerade spielten, barg diese Szene eine köstliche Ironie, die Miss Austen gewiss dazu bewegt hätte, flugs zur Feder zu greifen, um das Geschehen für die Nachwelt festzuhalten.
Doch dies war erst der Beginn einer Reihe verblüffender Ähnlichkeiten zwischen den Anwesenden und den Personen aus dem berühmten Roman. Ein Cousin der Braut verbrachte den ganzen Abend damit, sämtliche weiblichen Singles zum Tanzen zu verführen und legte dabei ebenso viel Raffinesse an den Tag, wie Mr Collins es getan hätte. Zwei junge Mädchen im Teenageralter, die den gut aussehenden Trauzeugen anhimmelten und ihm nicht von der Seite wichen, kicherten lauter als Kitty und Lydia. Und der arme Brautvater, der den Großteil des Abends unbemerkt herumsaß, wünschte sich ohne Zweifel Mr Bennets Arbeitszimmer herbei, um darin verschwinden zu können.
Die Mutter der Braut wiederum war eine stattliche und entschieden übergewichtige Matrone, die mit dem Schuhlöffel in ein Korsett gequetscht worden war und sich ver schwenderisch mit Selbstbräuner eingesprüht hatte. Zum einen war sie mit der wohl lautesten Stimme gesegnet, die wir jemals gehört hatten, und zum anderen mit dem unheimlichen Talent dafür, genau in den Momenten, da die Musik endete, gehässige Bemerkungen herauszutrompeten. Wäre Mrs Bennet höchstselbst anwesend gewesen, hätte sie sich wohl verpflichtet gefühlt, die Dame beiseitezu nehmen und sie zu bitten, ihren Ton etwas zu mäßigen …
Auf der Heimfahrt mit Wren und Tom in den frühen Morgenstunden unterhielten wir uns über die Auftritte, die wir im nächsten Monat vor uns hatten. Der Millionärs-Gig rückte langsam näher, ein majestätisch funkelnder Lichtstreif am Horizont, der die Verheißung auf größere und bessere Zeiten in sich trug.
Wren kuschelte sich in den Beifahrersitz und schloss die Augen. »Ich kann es kaum erwarten, endlich auf dieser Bühne zu stehen.«
»Und ich kann es kaum erwarten, dass endlich Geld auf mein Konto fließt«, fügte Tom, der auf dem Rücksitz saß, schläfrig hinzu. »Vielleicht mag mich meine Bank dann wieder.«
Versonnen blickte ich auf die Straße hinaus. Die Aussicht auf diesen Gig war zweifellos aufregend, doch im Moment fand ich es weitaus spannender, welche Reaktionen Caytes Artikel auslösen würde. Zwangsläufig wanderten meine Gedanken zu PK. Was machte er gerade? Vermutlich schlief er, da es zwei Uhr morgens war. Träumte er von mir? Oder war ich schon seit Monaten aus seinen Gedanken verschwunden wie eine Schneeflocke in der ersten Frühlingssonne? Wie auch immer – der Juni versprach ein entscheidender Monat zu werden, sowohl für die Band als auch für mich.
Während ich in der tintenblauen Nacht auf die roten Rücklichter von Jacks vor uns fahrendem Van blickte, ahnte ich noch nicht, wie sehr sich diese Annahme bestätigen würde.
14
Please dont’t stop the music …
Hi, Freunde. Der Millionärs-Gig ist VOM TISCH. Nicht unsere Schuld, aber es lässt sich nicht ändern. Bei der Probe am Donnerstag werde ich alles erklären. Tom x
Ungläubig starrte ich auf die SMS, als mein Telefon klingelte.
»Rom? Charlie hier. Hast du Toms Nachricht schon gelesen?«
Trotz meiner Erschütterung freute ich mich, dass es Charlies erste Reaktion war, mich anzurufen. »Gerade eben. Was ist da los?«
Charlie klang genauso fassungslos wie ich. »Keine Ahnung. Ich habe versucht, ihn anzurufen, aber es war besetzt.«
»Wenn du irgendwas herausfindest, gibst du mir
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