und das Geheimnis der Saerge
Aber der volle Kühlschrank in den Rücksitzen und die Tatsache, dass der VW-Bus mit wenigen Handgriffen in ein kleines Campmobil umzuwandeln war, überzeugten ihn. Es gab sogar ein Vordach, unter dem man es sich richtig gemütlich machen konnte.
»Hat Max selber umgebaut«, erzählte Alexandra, während sie eine weiße Leinendecke ausbreitete und einen Apfelkuchen aufschnitt. »Als Betthupferl«, meinte sie zufrieden, »das haben wir verdient.«
Statt zu essen, stützte Justus das Kinn in die Hand und studierte den Sternenhimmel. Aber sein Blick verriet, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war.
»Na los«, forderte Peter ihn auf, »rück schon damit raus, was durch dein Superhirn geht.«
»Ich hab’ das Gefühl, dass wir es nicht einfach mit Räubern zu tun haben. Es handelt sich um … um Diebstahl mit Rückgabe.«
»Mit Rückgabe. Sehr interessant.« Peter zog seine Mundwinkel nach unten. »Was soll das sein? Stehlen und anschließend wieder rausrücken? Lohnt das den ganzen Aufwand?«
Alexandra hatte einige Teelichter verteilt und ein stimmungsvolles Licht erzeugt. »Ich weiß, was Justus meint«, sagte sie und schlüpfte in eine dicke Weste. »Im vergangenen Herbst gab es doch diesen englischen Lord, dem Diebe sein ganzes Schloss ausgeräumt haben. Und dann musste er Lösegeld zahlen, um seine Rembrandts und Breughels von den Dieben zurückzubekommen.«
Peter sah etwas unglücklich drein. Mit ein bisschen Nachdenken, überlegte er, hätte ich selbst darauf kommen können.
»Auf dem Kunstmarkt sind solche Heiligenfiguren bestimmt unverkäuflich«, schaltete Bob sich ein. Er zog die Stirn kraus. »Wir müssen herausfinden, woher die Figuren in der Höhle stammen.«
»Das wird uns sicher gelingen«, sagte Alexandra unternehmungslustig.
»Die Geschichte mit dem Totenschein passt auch genau«, fuhr Bob fort und gähnte ausgiebig, »wenn in den falschen Särgen falsche Leichen mit falschen Papieren in andere Länder verschoben werden.«
Ein Heiliger spielt Harfe
Es war kalt und finster. Dennoch sah Justus die Drähte, die sich wie Spinnweben durch das Wageninnere spannten. Irgendwo schlug rhythmisch ein Instrument an, das so ähnlich wie ein Geigerzähler klang. Justus versuchte sich aufzurichten, aber knochige Hände hielten ihn zurück. Die Höhlenfrau, dachte er entsetzt. Nur ruhig Blut! Zwei Särge schwebten an ihm vorüber, daneben stand die Höhlenfrau und winkte Justus mit knochigen Fingern. In den Särgen lagen ein Mann und eine Frau. Als er näher kam, verwandelten sich ihre freundlich lächelnden Gesichter in böse Fratzen. Und dann piepste es wieder direkt neben Justus’ Ohr.
Plötzlich bemerkte er, dass sich die Drähte nicht durch die Luft spannten, sondern sich um seinen Körper wanden. Neben der Höhlenfrau tauchte ein bärtiger Mann mit Polizeimütze auf, der sich grinsend über ihn beugte. Er blickte auf ein Instrument, das Justus nicht von vorn sehen konnte, und schüttelte den Kopf, dass seine dichte Mähne unter der Mütze nur so flog. Das ist kein Geigerzähler, das ist ein Lügendetektor.
Im nächsten Moment tauchte ein Wesen auf, das dem Brückenwirt zum Verwechseln ähnlich sah. Allerdings ragten aus seinem Mund zwei lange, spitze Eckzähne. Es trug keinen speckigen Hut, sondern einen langen Flattermantel. Der Lügendetektor piepste unentwegt.
»Warum hebt denn keiner ab?«, rief Peter verschlafen. Vorsichtig schlug Justus die Augen auf. Er sah Alexandra auf dem Fahrersitz ihres Wagens hocken. Ihr Arm war bis zu den Ellenbogen zwischen den Sitzen verschwunden.
»Ich komm’ einfach nicht dran, an dieses blöde Ding!«, antwortete sie mit verzerrtem Gesicht.
Plötzlich war Justus klar, woher dieses nervtötende Piepsen gekommen war.
»Das Handy von Max«, fauchte Alexandra. »Ist zwischen die Sitze gerutscht.« Vor Anstrengung war sie rot im Gesicht geworden. Schließlich zog sie den Arm zurück und drückte auf eine Taste. »Hallo? … Tag, Max … Sonst würd’ ich ja nicht mit dir reden … In Zwiefalten … Keine Ahnung … Oh, schon zehn? …«
Justus war erleichtert. Keine Höhlenfrau, kein Doktor Dracula, sondern Sommersonnenschein und ein tragbares Telefon. Er stand auf und begann, ganz entgegen seiner Gewohnheit, sich auf dem leeren Parkplatz mit ein paar Kniebeugen munter zu machen. Unterhalb bot sich ein imposanter Anblick. Im hellen Licht lag das Kloster, mit einigen lang gestreckten Trakten und daneben einer Kirche mit reich verzierter Fassade und
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