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und das geheimnisvolle Erbe

und das geheimnisvolle Erbe

Titel: und das geheimnisvolle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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schlief. Und heute früh fand ich mich als verwöhnter Gast eines ehrbaren Rechtsanwalts in einem eleganten Schlafzimmer wieder. »Und was kommt jetzt?«, fragte ich mich leise, als ich mich im Zimmer umsah. »Eine goldene Kutsche und ein schöner Prinz?«
    Bei dem Gedanken erschrak ich, denn mit einem Mal kam mir eine andere Erinnerung, eine halb geträumte Erinnerung, wie ich auf Armen, die dem Sohn jenes ehrbaren Rechtsanwalts gehörten, eine lange Treppe hinaufgetragen wurde, demselben Sohn, der mich … Schnell warf ich einen Blick unter die Decke und sah mit Erleichterung das Wappen von Harvard. Es war peinlich genug, dass man mich wie ein hilfloses Kind ins Bett gebracht hatte, aber es hätte noch schlimmer sein können.
    Trotzdem hatte ich noch viele Fragen, aber die konnten warten, bis der Rest des Hauses erwacht war. Inzwischen … Ich schwang die Beine über die Bettkante. Wenn ich ganz leise und vorsichtig war, könnte ich mich vielleicht etwas umsehen. Schließlich wacht man nicht jeden Morgen mit der Chance auf, ein solches Haus zu erkunden.

    Vorsichtig machte ich die nächstbeste Tür auf und entdeckte ein geräumiges Ankleidezimmer mit leeren Wäschefächern, leeren Kleiderbügeln und einem leeren Toilettentisch. Die Handtücher in dem angrenzenden Badezimmer dufteten frisch gewaschen, und auch sonst schien alles nagelneu zu sein: eine unbenutzte Tube Zahnpasta, eine Zahnbürste, noch in ihrer Verpackung, und auf der Ablage zwischen den beiden Waschbecken ein wohlriechendes Stück Sandelholzseife. In der Dusche hingen frisch gefüllte Spender für Shampoo und Duschgel, und auf dem Marmorabsatz lag ein riesiger Luf-faschwamm, der aussah, als wäre er gerade eben vom Meeresgrund heraufgeholt worden.
    Eine zweite Tür führte in ein hübsch eingerichtetes Wohnzimmer, das von einem breiten Glasschrank beherrscht wurde. Auf Zehenspitzen näherte ich mich dem Möbelstück und sah, dass eine Anzahl von Trophäen und Medaillen darin aufgereiht waren, die für alle möglichen Leistungen verliehen worden waren – von rhetorischen Fertigkeiten bis zu gutem Abschneiden in Griechisch. Es waren auch einige Sportpokale darunter, für gutes Abschneiden in ausgefallenen Disziplinen wie Squash und Fechten, aber die meisten Auszeichnungen waren für akademische Leistungen verliehen worden.
    Sie alle waren blitzblank geputzt, und auf jeder war der Name William Willis eingraviert. Den Daten nach zu urteilen hatte Bill sie bekommen, nicht sein Vater, und ein ziemlich junger Bill obendrein. Es waren Erinnerungen an die Siege seiner Kindheit und Jugend, die hier in diesem privaten Raum schlummerten.
    Beim Anblick des Glasschranks musste ich an den Schiffskoffer denken, den ich in der Hinterlassenschaft meiner Mutter gefunden hatte. Ein Koffer, in dem die Preise und Pokale meiner eigenen Schulzeit sorgfältig verwahrt waren, und es waren nicht wenige gewesen. Der Inhalt hatte mir einen schmerz-haften Schlag versetzt, es war, als ob ich einen Koffer voll unerfüllter Träume gefunden hätte. Träu-me, die meine Mutter für mich geträumt hatte. Ich betrachtete die Preise hier im Glasschrank und be-neidete Bill. Er hatte das Versprechen seiner frühen Jahre eingelöst, während die Tochter der Lehrerin aus Pappkartons lebte.
    Ich wandte mich von dem Schrank ab, und als ich meine Kleider vom Vortag entdeckte, verflüchtigten sich meine traurigen Gedanken. Die Sachen lagen säuberlich gefaltet auf dem kleinen Tischchen, nachdem sie zuvor gereinigt, getrocknet und gebü-
    gelt worden waren. Es amüsierte mich, dass man meinen alten Klamotten so viel Respekt entgegengebracht hatte, aber es war mir auch etwas peinlich. Bill hatte bestimmt noch nie so fadenscheinige Jeans oder solch schäbige Turnschuhe gesehen. In einem der Schuhe steckte ein Stück Papier. Ich faltete es auseinander, die Worte darauf waren in Großbuchstaben gedruckt und unterstrichen: BITTE RUFEN SIE 7404 AN,
    SOBALD SIE AUFGEWACHT SIND!
    JE EHER, DESTO BESSER!

    Ich sah auf die Uhr und stellte fest, dass es fast vier war, dann blickte ich wieder auf den Zettel und zuckte die Schultern. Vielleicht würde ich ja meine Antworten eher bekommen, als ich dachte. Ich nahm also den Hörer vom Telefon, das auf dem Tisch stand, und wählte die Nummer.
    Bill antwortete beim ersten Klingeln. »Lori? Wie geht es Ihnen?«
    »Gut«, sagte ich, »aber …«
    »Wunderbar. Sie sind auf? Und schon angezogen?«
    »Ja, aber …«
    »Gut. Ich komme sofort runter.«
    »Aber was

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