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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lag ihm auf den Lippen zu rufen: Idiot, was stehst du rum? Schnapp sie dir, das ist die Gelegenheit! Starr nicht zu mir her!
    Aber er schwieg. Es war ihm wohl klar, daß er mit einem unbedachten Wort alles hätte verderben können.
    Du Schwein, dachte Jens Kosten, siehst du nun, was du angerichtet hast? Du bist schuld, und sonst keiner. Warum gibst du auf, warum gehst du nicht weiter? Die Hose voll, was? Du siehst, daß es ernst geworden ist, du Scheißkerl.
    Warum lassen sie mich nicht endlich in Ruhe? dachte Carola. Warum gehen sie nicht zurück? Ich will sterben – nicht sie! Aber wenn sie nicht zurückgehen, sind sie ebenfalls verloren. Für Detlev wäre das vielleicht die gerechte Strafe, was aber wäre es für Jens?
    »Jens«, rief sie mit unterdrückter Stimme.
    Dieser wandte sich von Padenberg ab und ihr wieder zu.
    »Jens, was willst du? Hau ab!«
    »Nein, Carola.«
    Er sagte es ganz ruhig, aber felsenfest entschlossen. Tödlich entschlossen.
    »Jens, ich mag nicht mehr, und du kannst das nicht verhindern.«
    Er machte einen Schritt auf sie zu, den gleichen Schritt tat sie in Richtung Meer. Der Abstand zwischen ihnen blieb der alte.
    »Carola«, sagte er so ruhig wie vorher, »laß jetzt den Quatsch, es ist genug.«
    Wenn er Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, sich selbst zu beobachten, hätte er sich selbst gewundert.
    »Jens, du bist wahnsinnig.«
    »Das wissen wir doch schon, Carola.«
    »Was wissen wir schon?«
    »Daß ich wahnsinnig bin.«
    »Wieso?«
    »Vor zehn Minuten stellten wir fest, daß ich verrückt bin – und jetzt bin ich wahnsinnig. Ist halt noch ein Stückchen dazugekommen.«
    »Jens, wenn du nicht auf der Stelle von hier verschwindest, bist du's wirklich.«
    »Ich weiche keinen Millimeter von hier, Carola.«
    Er versuchte es wieder mit einem Schritt auf sie zu. Das Resultat war das gleiche wie vorher.
    »Detlev!« rief Yvonne Padenberg inzwischen immer wieder in wachsender Verzweiflung. »Komm zurück, Detlev!«
    Nach Carola ruft sie nicht, dachte Jens verbittert. Die ist ihr völlig gleichgültig. Und ich auch.
    Das Wasser stieg und stieg. Schon schwappte es ihnen um die Waden.
    »Jens«, begann Carola noch einmal, »geh zurück.«
    »Nein, Carola.«
    »Ich verlange von dir, daß du es tust.«
    »Nein.«
    »Dann flehe ich dich an. Du konntest mir doch nie eine Bitte abschlagen.«
    »Das ist lange her, Carola. Diese Bitte kann ich dir jetzt schon abschlagen.«
    »Jens«, rief sie, »begreifst du nicht, ich will sterben!«
    »Es sieht so aus, ja.«
    »Aber allein! Nicht zusammen mit dir!«
    »Das allein mußt du dir aus dem Kopf schlagen, Carola«, sagte er so ruhig, aber auch so entschlossen wie bereits die ganze Zeit. Mit einemmal war der Spieß umgedreht. Ein geniales Resultat. Jens hatte es erreicht, ohne sich darüber im klaren zu sein, was er tat. Ein psychologischer Umkehrschluß war vollzogen worden. Von nun an zog Carola mit jedem Schritt, den sie zum Meer hin tat, Jens mit sich in den Tod; nicht mehr Jens stand als derjenige da, welcher sie in den Tod trieb, wenn er sich von der Stelle rührte.
    Und das Wasser stieg weiter. Bald leckte es ihnen an den Knien.
    »Carola«, meinte Jens, »es wird Zeit: Entweder du kehrst um, oder wir bleiben beide hier.«
    »Worum ich dich bitte, habe ich dir gesagt, Jens.«
    »Und ich habe dir gesagt, was überhaupt nicht in Frage kommt, Carola.«
    »Jens, du …«
    »Erspar dir jedes weitere Wort, Carola. Ich sehe, dein Entschluß steht fest, der meine auch, laß ihn uns gemeinsam ausführen. Ich schlage vor, du bleibst stehen, ich komme zu dir, und wir gehen miteinander weiter, Hand in Hand …«
    »Warum du?« rief schluchzend Carola, der die Tränen in die Augen schossen.
    Jens setzte sich in Bewegung, wobei er sagte: »Ich werde dich nicht täuschen, ich will dich nicht überlisten. Mein Wort gilt. Ich werde mit dir weitergehen bis zum Ende, Carola.«
    »Warum du, Jens?« schluchzte sie noch einmal.
    »Weil ich ohne dich nicht leben will, Carola.«
    Sie blieb stehen. Fassungslos blickte sie ihm entgegen, irgend etwas wollte sich in ihrem Gesicht abspielen, hatte aber nicht die nötige Zeit dazu, denn zehn Meter sind eine kurze Strecke, und Jens legte sie zügig zurück.
    Mit einem Lächeln, aus dem jede Angst gewichen war, erreichte er Carola, durch deren Körper ein Zittern lief.
    »Komm«, sagte er, »gib mir deine Hand …«
    Und wenn sie etwa noch immer damit gerechnet hatte, daß er kehrtmachen und sich mit ihr dem Deich zuwenden würde,

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