und das Pergament des Todes
anderen Gang, der seitlich von unserem abzweigte. Ich drehte mich zu Kaz um, der nur mit den Schultern zuckte. Also hetzten wir wieder hinter ihr her.
Während wir rannten, drängte sich etwas in mein Bewusstsein. Ein Gefühl. Ich erstarrte und brachte so Kaz dazu, abrupt neben mir zum Stehen zu kommen.
»W as ist?«, fragte er.
»E r ist ganz in der Nähe«, sagte ich knapp.
»W er?«
»D er Jäger. Der hinter uns her ist.«
»N ationaler Lehrerverband!«, fluchte Kaz. »B ist du sicher?«
Ich nickte stumm. Vor uns hörte ich Bastille schreien. Wir rannten los, vorbei an einem durch Stangen blockierten Durchgang zu unserer Rechten. Durch das Gitter erkannte ich einen Gang auf der anderen Seite. In diesem Teil der Bibliothek konnte man sich schnell verlaufen.
Aber andererseits hatten wir uns ja schon verirrt. Es schien also keine große Rolle mehr zu spielen. Bastille kam wieder zurück, und diesmal gelang es mir, sie am Arm zu packen, als sie an uns vorbeirannte. Sie kam stolpernd zum Stehen. Auf ihrer Stirn stand Schweiß, und in ihren Augen lag ein wilder Blick.
»B astille!«, schrie ich sie an. »W as ist los mit dir?«
»M eine Mutter«, stammelte sie. »S ie ist hier irgendwo, und sie hat Schmerzen. Aber ich erreiche sie nicht, weil jeder dieser versplitterten Gänge eine Sackgasse ist!«
Draulin?, dachte ich. Hier? Gerade wollte ich Bastille fragen, woher in aller Welt sie das wissen konnte, doch dann spürte ich etwas. Diese dunkle, beklemmende Kraft. Das verstörende, widernatürliche Gefühl einer Linse, die mit Okulatorenblut erschaffen worden war. Es war nah. Ganz nah.
Ich spähte in einen der Seitenkorridore. An seinen Wänden flackerten Lampen, und ganz am Ende erkannte ich ein massives Eisengitter, das den Weg blockierte.
Auf der anderen Seite des Gitters stand eine düstere Gestalt, mit einem Arm, der zu lang war für den Körper, und einem missgebildeten Gesicht.
Und sie hielt Draulins Kristallschwert in der Hand.
Kapitel Fünfzehn
Es ist meine Schuld.
Ich gebe es zu, ich habe es getan. Falls ihr aufmerksame Leser seid, ist es euch inzwischen bestimmt aufgefallen. Hiermit entschuldige ich mich. Von allen schmutzigen Tricks, die ich angewendet habe, ist das bestimmt der mieseste. Mir ist klar, dass damit das gesamte Buch bis zu diesem Punkt für euch verdorben sein mag, aber ich konnte einfach nicht anders.
Wisst ihr, so etwas durchzuziehen, konsequent, über vierzehn Kapitel, war eine ziemliche Herausforderung. Und ich bin noch nie einer Herausforderung aus dem Weg gegangen. Wenn ihr es bemerkt habt, ist euch sicher auch klar, wie raffiniert ich vorgegangen bin, selbst wenn es euch erröten lässt. Ich weiß, das hier sollte ein Buch für Kinder sein, und ich dachte wirklich, ich hätte es gut genug verborgen, sodass es nicht rauskommt. Aber ich schätze, ich bin zu offensichtlich an die Sache rangegangen.
Ich hätte es ja rausgenommen, aber es einfach so verdammt clever. Die meisten Leute werden es sowieso nicht entdecken, auch wenn es in jedem Kapitel steckt, auf jeder Seite. Der brillanteste literarische Schachzug, den ich je unternommen habe.
Ich bitte vielmals um Entschuldigung.
Ich blieb regungslos stehen und starrte die schemenhafte Kreatur an, ohne dabei Bastilles Arm loszulassen. Langsam kam mir eine Erkenntnis.
Es war falsch gewesen, vor dem Ding wegzulaufen– dadurch war meine Gruppe aufgespalten worden. Jetzt konnte der Jäger sich einem nach dem anderen widmen, uns einzeln in den Katakomben schnappen, während wir verwirrt durch die Gegend liefen.
Wir konnten nicht weiter fliehen. Es wurde Zeit, sich dem Ding zu stellen. Ich schluckte schwer und merkte, wie mir der Schweiß ausbrach. Das ist einer der Gründe, warum ich kein Held bin– denn auch wenn ich nun den Gang hinunterschritt, direkt auf die Kreatur zu, ich schleppte Bastille hinter mir her. Ich dachte mir, zwei Ziele seien besser als eins.
Während wir uns also vorwärtsbewegten, Kaz ein kleines Stück hinter uns, tauchte Bastille nach und nach aus ihrer Raserei auf. Sie zog ihren Dolch aus der Scheide, und die kristallene Klinge glitzerte im flackernden Licht der Lampen.
Am Ende des Ganges befand sich ein kleiner Raum, der durch das Eisengitter in zwei Hälften geteilt wurde. Der Jäger stand auf der anderen Seite der Stäbe. Er lächelte, als wir uns näherten– eine Seite seines Gesichts schob sich nach oben, und seine Lippen verzogen sich zu einem ekelhaften Grinsen. Die andere Gesichtshälfte
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