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Und der Basilisk weinte (German Edition)

Und der Basilisk weinte (German Edition)

Titel: Und der Basilisk weinte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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hinter diesen Mauern des ehemaligen Kommissariats hatte der Kommissär seine ersten Sporen abverdient. Das waren noch Zeiten gewesen. Nicht die guten alten, die man bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit zitierte, denn die existierten ohnehin nicht. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass wir Vergangenes verklären. Gutes bleibt in der Erinnerung haften, während schlechte Erlebnisse verdrängt oder wundersam verzaubert werden, bis sie sich nahtlos zum Guten und Schönen reihen können. Unwillkürlich dachte der Kommissär an seine Militärzeit. Wie er diesen Kadergehorsam gehasst hatte. Immer, wenn er einen Marschbefehl erhielt, allein schon dieser Name brachte ihn in Rage, wurde er missmutig. In den Tagen vor dem Einrücken war er überhaupt nicht mehr ansprechbar. Und doch, wenn er zufällig Dienstkollegen traf, unterhielten sie sich nur über die positiven Seiten jener Zeit. Seltsam und gut zugleich. Nicht auszudenken, wäre es anders …
    Judith Richter, Anfang dreissig, sportlich und sehr feminin, führte Nadine und den Kommissär in die zweite Etage eines Reiheneinfamilienhauses, das von aussen klein wirkte, sich innen aber als äusserst geräumig entpuppte. Richter sass auf dem Balkon und erhob sich umständlich zur Begrüssung. Fasziniert blickte Ferrari in den Garten hinunter. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass sich mitten im Stadtzentrum eine so grosse Grünfläche befand.
    «Das ist wunderschön!»
    «Nicht wahr», bestätigte Frau Richter. «Was Sie hier sehen ist die Basler Mission mit ihrem schönen Park. Von allen vier Seiten führen die Gärten der Einfamilienhäuser zur Mission. Dadurch wirkt die Grünfläche viel grösser. Das kleinere Gebäude dort ist der Esssaal.»
    «Eine privilegierte Wohnlage.»
    «Stimmt. Wir geniessen es sehr, vor allem seit wir selbst eine Familie sind. Ich bin hier aufgewachsen. Meinen Eltern wurde das Haus mit der Zeit zu gross, zudem hegte meine Mutter schon seit Langem den Wunsch, wieder aufs Land zu ziehen.»
    «So ein Bijou kommt nie in den Verkauf. Das geht entweder unter der Hand weg oder wird vererbt.»
    «Wir sind privilegiert, Herr Ferrari. In jeder Hinsicht. Und dafür bin ich Gott dankbar. So, nun lasse ich Sie aber allein, damit Sie über Geschäfte sprechen können. Wenn du etwas brauchst, Liebling, ruf einfach. Schonen Sie bitte meinen Mann», sie küsste ihn auf die Stirne, «es geht ihm heute nicht besonders gut.»
    Die Krankheit, die viele befiel, die mit der Polizei zu tun bekamen, stand Andreas Richter ins Gesicht geschrieben: Angst!
    «Bitte setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken?»
    «Nein, danke», antworteten Nadine und der Kommissär im Chor.
    «Judith, meine Frau, sie weiss von allem nichts», begann Andreas Richter das Gespräch. «Sie darf auch nichts erfahren.»
    «An uns soll es nicht liegen, Herr Richter.»
    «Arnold und Robert sind tot, oder?»
    «Woher wissen das?»
    «Von Bernhard Meister. Er hat mich heute Morgen angerufen und mir gesagt, dass ich der Nächste bin …auf der Liste des gerechten Mörders. Das hat er wortwörtlich so gesagt …», seine Stimme zitterte.
    In Ferrari stieg die Wut hoch. Meister hier, Meister da, immer einen Schritt voraus. Er führte Regie, zog geschickt an den Fäden und liess die Puppen tanzen oder vielmehr vor Angst erstarren. Am liebsten hätte er ihn von einem Streifenwagen abholen und einsperren lassen. Aber mit welcher Begründung? Dass er Informationen weitergab, die ihm aus dem Kommissariat zugetragen wurden? Na prima.
    «Ich habe meine Frau belogen, zum wiederholten Mal, Herr Kommissär. Ich habe ihr gesagt, dass Sie wegen der Veruntreuung in der Stiftung ermitteln und noch einige Dinge mit mir zu besprechen hätten. Ich bitte Sie inständig darum, meine Frau in diesem Glauben zu lassen.»
    «Wie gesagt, ich habe keine Probleme damit, sofern Sie unsere Fragen ehrlich beantworten», entgegnete Ferrari.
    «Fragen Sie. Das Leiden nimmt kein Ende, die Vergangenheit hat mich eingeholt. Anscheinend habe ich noch nicht genug gebüsst. Meine Frau ist sehr christlich erzogen worden, hat hohe ethische Prinzipien. Sie ist ein Engel. Aus ihr und meiner Tochter schöpfe ich Kraft, sonst würde ich mit dem Leben nicht fertig …»
    «Was geschah am Abend des 17. Oktober 1994, Herr Richter?»
    «Philippe, Robert, Arnold und ich zogen durch die Stadt, von Bar zu Bar. Wir waren jung und ungestüm. Die Welt war einfach wunderbar und sie gehörte uns. Nur uns. Wir hatten schon einiges

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