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und der Geisterzug

und der Geisterzug

Titel: und der Geisterzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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sich hoch. »Au!«
    »So ein Pech!«, rief Bob. »Bist du abgerutscht? Du hattest den Zug doch schon erreicht!«
    »Die Lok war aber stärker als ich.«
    Ratlos und bestürzt sahen sie einander an. Endlich sagte Bob: »Tja, Just. Sagtest du nicht vorhin, wir hätten hier draußen einen ganz klaren Vorteil? Du hast natürlich mal wieder vollkommen Recht. Ganz sicher konnte uns nichts Besseres passieren, als mitten im Nichts ausgesetzt zu werden.«
    »Ich glaube nicht, dass das Absicht war«, sagte Justus. »Der Lokführer glaubte wohl, wir seien eingestiegen. Sie werden bald merken, dass wir nicht da sind, und dann kommen sie zurück.«
    »Na toll«, sagte Peter. »Das kann Stunden dauern. Bleiben wir so lange hier sitzen und starren die Wände an?«
    »Nein.« Justus hob die Lampe hoch. Der flackernde Schein des brennenden Öls warf die Schatten der drei ??? als groteske Bilder an die hohen, gewölbten Tunnelwände. In einiger Entfernung traf das Licht auf ein dunkles, formloses Bündel. »Wir sehen uns das mal an.«
    »O Gott«, stöhnte Peter.
    Je näher sie kamen, desto schrecklicher sah die zerbrochene Figur aus. Arme, Beine und Rumpf waren zerschlagen. Die Kleidung schien einmal ein altmodischer Anzug gewesen zu sein. Jetzt war sie nur noch eine Sammlung dunkler Fetzen. Die Uniformjacke war verschwunden. Das Gesicht war das eines schnauzbärtigen Mannes. Unter ärgerlich zusammengezogenen Brauen starrten die Glasaugen düster hinauf in die Wölbung des Tunnels. Die Puppe war keine einfache Schaufensterpuppe, sondern das Wachsfigurenabbild einer bestimmten Person. Sie sah zum Fürchten echt aus.
    »Ich möchte mal wissen, wer sich so etwas ausdenkt«, sagte Justus. »Es ist schon reichlich makaber, so etwas auf die Schienen zu legen. Als Scherz finde ich es völlig misslungen.«
    »Es sollte wohl auch kein Scherz sein.« Peter vermied es, die Puppe anzusehen, und schaute lieber in die Dunkelheit des Tunnels. »Ihr habt doch den Lokführer gesehen. Der war zu Tode erschrocken.«
    »Kein Wunder.« Justus bückte sich und zog einen Fetzen Stoff vom Kragen der Gestalt. »Seht mal – hier ist ein Namensschild.«
    »Reginald Harrow, H.R.M.C.«, las Bob vor, weil Peter sich weigerte, hinzugucken. »Na sowas! Eine echte Persönlichkeit! Das ist aber nicht nett, ihn einfach vor den Zug zu schmeißen. Was heißt denn H.R.M.C.?«
    »Vermutlich Harrowville Railroad Museum Company «, sagte Justus. »Ich schlage vor, dass wir den Lokführer fragen, was er mit der Uniformjacke gemacht hat. Soweit ich es erkennen konnte, gehörte sie nämlich auch dem Museum. Fred trug eine ganz ähnliche.«
    »Können wir allmählich hier verschwinden?«, fragte Peter. »Mein Knie tut weh, und ich finde diesen Tunnel einfach gruselig.«
     
    »Harrowville scheint mir kein angenehmer Ort zum Leben zu sein«, sagte Justus. Er und Bob hatten den hinkenden Peter zwischen sich genommen und gingen jetzt langsam den Tunnelweg entlang. Die Öllampe warf ihr flackerndes Licht auf die schroffe Felswand. »Mr Campbell, der Kupferbaron, treibt seine Mitmenschen in den finanziellen Ruin, und die rächen sich, indem sie sich heimlich in fast leere Züge schleichen, Hobbyschaffner niederschlagen und einsperren, Museumszüge mitten im Tunnel stoppen, Wachsfiguren überfahren lassen, Transparente mit chinesischen Schriftzeichen aufhängen und harmlose Detektive in Tunneln vergessen. Besonders effektiv scheint mir diese Art des Widerstandes nicht zu sein.«
    »Gegen Campbell wohl nicht«, sagte Bob. »Gegen uns fand ich das schon sehr effektiv. Wenn wir wenigstens das Handy mit nach draußen genommen hätten!«
    »Hier im Berg hätten wir ohnehin keinen Empfang.«
    »Auch wieder wahr.«
    Zehn Schritte lang schwiegen sie, bis die Stille in ihren Ohren dröhnte.
    »Vielleicht ist es das, was Mr Kingsley in dem Brief andeutete«, meinte Bob. »Erinnert ihr euch? Die alte Geschichte ist wieder losgegangen, schlimmer als zuvor – oder so ähnlich. Außerdem beschuldigte Collins Campbell, selbst hinter dem Spuk zu stecken.«
    »Ach was!«, sagte Justus. »Ein Transparent, eine überfahrene Wachsfigur – das ist doch kein Spuk! Fred sagte doch etwas über merkwürdige Geräusche, Dampf und ein grauenhaftes Stöhnen.«
    Wieder herrschte zehn Schritte lang Stille.
    »Danke, Justus«, sagte Peter wütend. »Ich hatte gerade angefangen, mich abzuregen.«
    Justus wollte gerade antworten, als Bob plötzlich stehenblieb.
    »Da wir gerade von merkwürdigen Geräuschen

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