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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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tatsächlich seine Hilfe an? Ich konnte es kaum fassen. Außerdem traute ich ihm nicht.
    »Danke, aber ich habe schon, was ich brauche.«
    Seine Haltung wurde steif. »Ich wollte nur freundlich sein.«
    »Ich weiß. Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Klinghoffner kam zurück und machte der peinlichen Situation ein Ende. »Kommen Sie, ich begleite Sie hinaus.«
    Sobald wir vor neugierigen Blicken sicher waren, reichte er mir den Zettel. Ich dankte ihm ein weiteres Mal, und er kehrte ins Haus zurück. Der Name des Mädchens lautete Sarah Sanders. Ihr Vormund war Louise Sanders, ihre Schwester.
    Sie wohnten in den Ausläufern Hollywoods.
    Am liebsten wäre ich auf der Stelle zu der Adresse gefahren, aber es stand mir nicht zu, als Erste mit den beiden Frauen zu sprechen. Dazu befand ich mich noch zu weit unten in der Hierarchie. Im Moment durfte ich lediglich die Daten sammeln und sie zur Auswertung an jemand anderen übergeben.
    Trotzdem rief ich Greg Van Horn nicht sofort an. Ich war zum Mittagessen verabredet und wollte nicht zu spät kommen. Mit leerem Magen sollte man keine Entscheidungen treffen.

10
    Klein Addis Abeba lag an der Ecke von Fairfax und Olympic - ein überraschendes Stück äthiopische Kultur, eingebettet in eine hauptsächlich jüdisch geprägte Gegend. Auf meinem Heimweg vom Dienst musste ich Dutzende Male dort vorbeigefahren sein, ohne wirklich auf das zu achten, was ich sah. Nun betrachtete ich es mit jungfräulichem Blick. Ich fand auf Anhieb eine freie Parkuhr und stieg aus. Schräg gegenüber nahm eine jüdische Schule namens Shalhevet einen ganzen Häuserblock ein.
    Direkt mir gegenüber wartete Koby schon auf mich. Er trug eine schwarze Jeans und ein langärmeliges Hemd, dessen Farbe zwei Nuancen dunkler war als sein Hautton.
    Aus seinem offenen Kragen blitzten mehrere Goldketten. Wir winkten uns zu.
    Nachdem ich die stark befahrene Straße überquert hatte, begrüßte er mich mit einem Küsschen auf die Wange und einem strahlenden Lächeln. Er trug eine große blaue Papiertüte.
    »Sie sehen gut aus«, erklärte er. »Hübsches Outfit. Der Schal gefällt mir, er gibt dem Ganzen das gewisse Etwas.«
    »Sie sehen auch nicht gerade schlecht aus. Der Schmuck ist toll.«
    »Ein Hauch von Retro-Disco-Look, oder?«
    »Sie brauchen nur noch eine goldene Rasierklinge, um das Bild zu vervollständigen.« »Ja, dann haben die Bullen endlich einen Grund, mich aufzuhalten ...« Plötzlich stockte er und wandte verlegen den Blick ab. »Ich kann nicht fassen, dass ich das gerade gesagt habe!«
    Ich lachte. »Kein Problem. Ich würde Sie ganz bestimmt aufhalten. Zufrieden?«
    »Ich bin wirklich blöd!«
    »Sie sind bloß ehrlich.« Rasch wechselte ich das Thema, indem ich auf die Schule deutete, auf deren Wand eine brennende Kerze aufgemalt war. »Bedeutet >shalhevet< auf Hebräisch Feuer?«
    »Feuer heißt >aish<«, erklärte er mir. »>Shalhevet< bedeutet Flamme.«
    »Meine Stiefmutter würde Sie mögen. Sie müssen unbedingt mal zum Sabbat-Essen kommen.«
    »Das wäre großartig. Am Freitag hätte ich Zeit.«
    Ich sperrte den Mund auf, klappte ihn aber gleich wieder zu. Vor Überraschung war ich einen Augenblick völlig sprachlos. »Ahm, ich werde sie fragen«, stammelte ich schließlich. »Ich weiß nicht, was sie für Pläne hat.«
    Sein Lachen klang ein wenig verlegen. »Schon wieder rede ich, ohne vorher zu überlegen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich ein bisschen nervös bin. Tut mir Leid. Wann immer es Ihnen passt, Cindy. Sie kennen mich ja noch kaum.«
    Wenn ich jetzt einen Rückzieher machte, würde ich mir wie eine Vollidiotin vorkommen. »Nein, es ist okay. Ich werde sie fragen.«
    »Wenn sie Ja sagt, komme ich. Ihnen bleibt immer noch die Ausrede, dass sie Nein gesagt hat.«
    »Ich brauche keine Ausreden, Koby.« Inzwischen war das Ganze für mich eine Frage der Ehre. »Sie sind eingeladen. Ich werde meinen Dad bitten, es meiner Stiefmutter zu sagen, ja?«
    »Wenn Sie es nach dem Essen immer noch so sehen, werde ich gerne kommen.« Er reichte mir die Tüte. »Das ist für Sie. Ich hatte leider keine Gelegenheit, es einzupacken.«
    Ich wusste, wie lang er gearbeitet hatte, und war gerührt, weil er trotzdem daran gedacht hatte, etwas für mich zu besorgen. »Vielen Dank. Was ist da drin?«
    »Schauen Sie einfach rein.«
    Ich tat, wie mir geheißen, und zog ein Pfund Kaffee und eine weiche braune, in Plastik verpackte Scheibe heraus. »Eine Spezialmischung. Riechen Sie mal.«
    »Mmmm.

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