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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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das Mittagessen vorbei, fangen sie schon an, nach dem Abendessen zu fragen. Ihr ganzes Leben dreht sich ums Essen. Es würde die Sache um einiges erleichtern, wenn wir so eine Art Schulglocke hätten. Aber jetzt müssen Sie mich entschuldigen. Manche Leute haben Termine einzuhalten. «
    Eine andere Formulierung für: Halten Sie endlich den Mund. Was mir aber nichts ausmachte, weil soeben die Nervöse in Begleitung eines Mannes zurückgekehrt war, bei dem es sich um Mr. Klinghoffner handeln musste. Ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig. Er hatte einen dichten grauen Haarschopf, ein paar Fettringe um die Taille und dazu passende Pausbacken. Ihm fehlte bloß noch das entsprechende Outfit und der weiße Bart, dann hätte er ausgesehen wie Santa Claus. Ich stand auf, und er begrüßte mich mit einem schlaffen Händedruck.
    »Jamie sagt, Sie sind von der Polizei?«
    Demnach hieß die Nervöse also Jamie. »Richtig, Mr. Klinghoffner. Ich wollte Sie fragen, ob Sie einen Moment für mich Zeit haben. Es wäre mir lieb, wenn wir unter vier Augen sprechen könnten.«
    »Keine Sorge, ich lausche bestimmt nicht. Was Sie zu sagen haben, interessiert mich nicht im Geringsten«, meldete sich der Kotzbrocken zu Wort.
    Klinghoffner lachte. »Ignorieren Sie Buck einfach.«
    Buck? Ich konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken.
    »Wir müssen jedes Jahr einen Beurteilungsbogen ausfüllen. Es geht dabei um unsere Zuschüsse.« Klinghoffner knetete seine teigigen Hände. »Papierkram ohne Ende. Deswegen ist Buck ein bisschen mürrisch. Lassen Sie uns in mein Büro gehen. Hier lang bitte.«
    Er führte mich durch eine Küche, die noch mit den ursprünglichen Schränken und Gerätschaften ausgestattet war. Die Arbeitsflächen waren in sonnigem Gelb gefliest, ein diamantförmiges Muster aus Mitternachtsblau und Gelb bildete den Spritzschutz. Klinghoffners Büro schloss direkt an die Küche an - ein winziger Raum, der wahrscheinlich einmal die Speisekammer gewesen war. Nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hatte, war es ziemlich eng, aber es gab immerhin ein großes Panoramafenster und ein Oberlicht, durch das der blaue Himmel lugte.
    »Womit kann ich Ihnen helfen, Officer?«
    »Wenn Sie am Dienstagmorgen die Zeitung gelesen haben, wissen Sie, dass die Polizei in Hollywood ein ausgesetztes Baby gefunden hat.«
    »Ja, ja, natürlich, eine schreckliche Sache.«
    »Dem Baby geht es gut. Wir haben Grund zu der Annahme, dass es sich bei der Mutter um eine Weiße handelt, die höchstwahrscheinlich auf irgendeine Art zurückgeblieben oder behindert ist.«
    »Verstehe.«
    Klinghoffner schien nachzudenken. »Mir ist nicht bekannt, dass eine unserer Frauen schwanger ist.« »War«, berichtigte ich ihn.
    »Oder war. Aber natürlich kann mir auch mal was entgehen.«
    Aha. Da wollte sich wohl einer aus der Affäre ziehen.
    »Dann lassen Sie uns doch mal ganz theoretisch darüber reden.«
    »Ich versuche nicht, Ihnen Informationen vorzuenthalten, Officer Decker. Ich weiß es einfach nicht. Wir versuchen nach Kräften, unsere Schülerinnen aufzuklären, aber ihre Vormunde - Eltern, Geschwister, Tanten - halten oft nichts davon, diesen Bereich dem Zufall zu überlassen. Viele von unseren Mädchen sind schon sterilisiert, wenn sie zu uns kommen. Das Letzte, was die Leute gebrauchen können, ist noch ein Sorgenkind, um das sie sich kümmern müssen.«
    Ich musste an meine arme Kleine denken. Vielleicht war sie doch ganz normal, und Koby hatte Unrecht. »Die Mädchen werden sterilisiert, sagen Sie?«
    »Ja, aber nicht still und heimlich, von irgendeinem Pfuscher. Es geschieht mit voller Zustimmung der Familien und der Frauen selbst. Sie verlangen regelrecht danach, Officer. Sie wissen, dass sie nicht in der Lage wären, ein Kind großzuziehen, falls ihr Liebesleben Folgen haben sollte.«
    »Sie erlauben ihnen also, Sex zu haben?«
    »Nein, nicht hier im Haus. Aber Triebe sind nun mal Triebe. Wir sind da ganz realistisch. Deswegen bekommen auch die Frauen, die nicht sterilisiert sind, jeden Tag mit ihren Vitamintabletten die Pille verabreicht. Wir achten streng darauf, dass sie sie wirklich nehmen. «
    »Ist den Frauen bewusst, dass sie dadurch nicht schwanger werden können?«
    »Wir erklären es ihnen. Manche begreifen mehr als andere.«
    »Aber Sie zwingen Sie nicht gegen ihren Willen, empfängnisverhütende Mittel einzunehmen, oder?«
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Wir binden sie nicht fest, um ihnen das Zeug einzuflößen, wenn Sie das

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