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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Er wollte seinen Kindern nichts aufzwingen, was sie noch nicht bewältigen konnten.
    »Ich nehme an, das wird nun ohnehin nicht mehr nötig sein«, bemerkte er schluchzend.
    Bevor er ins Büro aufgebrochen war, hatte er Belinda vor den Fernseher gesetzt und ihr gesagt, dass er rechtzeitig zurück sein werde, um sie zum Abendessen auszuführen. Er hatte das häufig so gemacht. Belinda war ein braves Mädchen, das sich an die Regeln hielt. Soweit er wusste, hatte sie niemals die Tür geöffnet, wenn eine ihr unbekannte Person draußen stand. Einmal hatte die Schwester seiner Frau geklingelt, die Belinda zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte. Seine Schwägerin war fuchsteufelswild geworden und hatte geschrien und gekreischt, aber Belinda hatte sich standhaft geweigert, sie ins Haus zu lassen. Sie war auch nicht der Typ, der einfach allein loszog. Trotz ihrer Behinderung war sie nicht dumm. Sie wusste, dass es in der Welt draußen Menschen gab, für die sie eine leichte Beute darstellte.
    »Und Sie wissen nicht, mit wem sie ins Heim zurückfahren wollte?«
    »Nein, aber sie hat mehrmals gesagt, dass es jemand sei, den sie kenne. Ich hatte keinen Grund, ihr nicht zu glauben.«
    »Vielleicht können wir herausfinden, mit wem sie telefoniert hat«, sagte ich zu Scott. »Es muss jemand gewesen sein, den sie kannte«, wiederholte Syracuse. »Sonst wäre sie nicht mitgefahren.« Er kaute nervös auf seinem Daumennagel herum. »Was um alles in der Welt hatte sie so spät noch in dieser Gegend zu suchen?«
    »Keine Ahnung, Sir«, antwortete ich. »Sie sah aus, als hätte sie sich verlaufen. Ich wollte sie gerade fragen, ob sie Hilfe brauche, als es passierte.«
    »Dieser Wagen...«
    »Es war ein SUV.«
    »Hat er... hatte er es auf sie abgesehen?«
    Ich unterdrückte einen Seufzer. »Da können wir im Moment nur raten. Das Ganze ging so schnell, dass ich nicht alle Einzelheiten mitbekommen habe. Vielleicht... vielleicht fällt mir ja später noch etwas ein, wenn ich Zeit habe, noch mal in Ruhe über alles nachzudenken.« Ich senkte den Kopf. »Es tut mir Leid.«
    Er nickte, ohne mich anzusehen.
    »Hat sie außer Ihnen noch jemanden gekannt, der außerhalb des Fordham Center lebte?«
    »Möglich. Meine Schwester hat mit mir nicht über ihr Privatleben gesprochen. Und wenn sie es doch einmal tat... dann habe ich ihr nicht besonders aufmerksam zugehört. Sie war ein typischer Teenager... trotz ihrer vierundzwanzig Jahre. Sie wissen ja, wie Mädchen da sind, sie haben hauptsächlich Jungs im Kopf. Belinda stand vor allem auf Filmstars. Wenn ihr einer besonders gefiel, redete sie davon, dass sie ihn eines Tages kennen lernen würde. Sie lebte in einer Phantasiewelt, und ich schaltete die meiste Zeit auf Durchzug.« Er begann nervös auf und ab zu gehen. »Es ist so schrecklich. Ich bin froh, dass meine Eltern das nicht mehr erleben müssen.« Er sah mich an. »Wann kann ich sie beerdigen? Die Vorstellung, dass sie so übel zugerichtet in einem Kühlfach liegt, macht mich ganz krank.«
    »Sobald die Obduktion abgeschlossen ist und die Umstände ihres Todes geklärt sind, lassen wir es Sie wissen.«
    »Was gibt es da noch zu klären? Sie wurde von einem rücksichtslosen oder total wahnsinnigen Autofahrer niedergemäht. Was soll bei einer Autopsie herauskommen, was Sie nicht schon wissen?«
    »Das ist einfach Vorschrift, Sir«, erklärte Oliver.
    Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. »Ich muss Vorkehrungen für die Beerdigung treffen.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Um fünf Uhr morgens ist wahrscheinlich noch niemand zu erreichen.«
    »Sie werden wohl noch ein paar Stunden warten müssen.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir die Telefongespräche überprüfen, die von hier aus geführt worden sind?«, fragte ich.
    »Nein, natürlich nicht, wenn Ihnen das irgendwie weiterhilft. Meine Schwester lebt schon seit zehn Jahren in dem Heim. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand den Wunsch gehabt haben kann, ihr etwas anzutun.«
    »Hat sie dort jemals Probleme gehabt?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Hat sie vielleicht mal von jemand Bestimmtem gesprochen?«
    »Sie meinen, von einem Jungen oder einem Mann? Nein. Und wenn doch, habe ich ihr wahrscheinlich nicht zugehört. Das muss ich zu meiner Schande leider gestehen.« Wieder warf er einen Blick auf die Uhr. »Wann kann ich sie identifizieren?«
    »Wie wär's, wenn ich gleich mit Ihnen hinfahre?«, bot ich an. »Vielleicht können wir die ganze Prozedur etwas

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