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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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beunruhigt sind«, fuhr er fort. »Je schneller Sie uns die Informationen geben, desto eher werden wir in der Lage sein, Ihnen etwas zu sagen.«
    »Ich war schon mal hier«, fügte ich hinzu. »Im Zusammenhang mit dem Sarah- Sanders-Fall.«
    »Sie hat Sarahs Baby gefunden«, mischte Hayley sich ein.
    »Ich habe mit Mr. Klinghoffner gesprochen.«
    »Er ist nicht da«, erklärte die Frau. »Er schläft nicht im Haus.« »Und Sie sind...?«, fragte Hayley.
    »Myra Manigan.«
    In dem Moment hörte eine Stimme von oben: »Ms. Manigan, ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
    »Ja, keine Sorge!«, rief sie. »Ich komme gleich wieder rauf.«
    Oliver versuchte es mit seinem charmantesten Lächeln. »Bitte, Ms. Manigan. Die Nummer?«
    »Tut mir Leid... Es ist bloß... ich bin völlig durcheinander.« Sie sorgte für mehr Licht. »Bitte setzen Sie sich. Ich bin gleich wieder da.«
    Als sie außer Hörweite war, meinte Hayley: »Das arme Mädchen. Erst ist sie schon behindert, und dann muss sie auch noch auf so grausame Weise sterben. Was ist das für ein Leben?«
    Ein paar Minuten später kam Myra wieder die Treppe herunter. »Ich habe Mr. Klinghoffner angerufen.«
    »Wir brauchen trotzdem die Nummer«, erwiderte Oliver.
    »Ja, natürlich. Aber wenn Sie etwas wissen -«
    »Dann geben wir Ihnen sofort Bescheid, ja.«
    Sie zögerte noch immer. Schließlich gab sie sich einen Ruck und reichte mir den Zettel mit dem Namen und der Telefonnummer.
    Terrance Syracuse.
    Es war eine Nummer in West L. A.
    Ich wechselte einen Blick mit Oliver. »Du bist der Detective«, sagte ich zu ihm.
    »Du kannst das gerne übernehmen, Decker«, gab er zurück.
    Ich wandte mich wieder an Ms. Manigan. »Darf ich kurz Ihr Telefon benutzen?« »Natürlich.«
    Ich holte tief Luft und wählte die Nummer. Der Mann, der abhob, klang schläfrig und mürrisch. Ich erklärte ihm das Dilemma so knapp wie möglich, aber er begriff es trotzdem nicht auf Anhieb, auch wenn er mittlerweile sehr aufgeregt war.
    »Sie ist nicht im Heim?«, fragte er.
    »Nein, Sir, das ist sie nicht. Wir hatten gehofft, sie wäre bei Ihnen.«
    »Aber sie müsste doch längst wieder dort sein. Ich verstehe das nicht. Mit wem spreche ich eigentlich?«
    »Ich bin Polizistin, von der Hollywood Police«, erklärte ich noch einmal, »und befinde mich gerade im Fordham Center. Es wäre sinnvoller, wenn wir persönlich miteinander sprechen könnten.«
    »Eins nach dem anderen«, entgegnete Syracuse. »Wo ist Belinda?«
    »Sir, wie lautet Ihre Adresse?«
    »Ihr ist etwas passiert, stimmt's?« Mit stockender Stimme fuhr er fort: »Sie wollte ein bisschen früher zurück. Sie hat gesagt, sie könne mit jemandem mitfahren.«
    »Hat sie erwähnt, mit wem?«
    »Nein. Bloß, dass es jemand aus dem Center sei. Was ist mit ihr? Was ist passiert?« »Sir, wir müssen wirklich persönlich mit Ihnen sprechen.«
    »O mein Gott.« Er seufzte. »Lieber Himmel, nun sagen Sie doch endlich, was passiert ist.«
    »Ihre Adresse, Sir?«
    Resigniert nannte er sie mir. Er lebte in Mar Vista, nicht weit von mir entfernt. Es war ziemlich idiotisch, jetzt zu ihm zu fahren und später dann zurück zu Koby, um meinen Wagen zu holen, aber ich konnte den Mann nicht warten lassen.
    Eine weitere halbstündige Fahrt mit Oliver.
    Ich biss die Zähne zusammen und tat, was ich tun musste.
    *
    Der Bruder war untersetzt, fast schon fett, und hatte dichtes graues Haar. Er war etwa in meiner Größe, aber da ich hohe Stiefel trug, überragte ich ihn um ein ganzes Stück. Er trug einen schwarzen Jogginganzug und Hausschlappen.
    Wie wir erfuhren, war Terrance Syracuse selbstständig und musste als Anwalt oft auch am Wochenende arbeiten. In mehreren seiner aktuellen Fälle galt es Termine einzuhalten, sodass er eigentlich gar nicht vorgehabt hatte, Belinda einzuladen, aber da sich seine Frau und seine Töchter zu Besuch bei seinen Schwiegereltern in Vermont aufhielten, hatte er kurzfristig doch beschlossen, sie anzurufen. Seine Frau kam mit seiner behinderten Schwester recht gut klar, aber die Mädchen waren gerade in einem schwierigen Alter und empfanden Belindas Gegenwart oft als peinlich. Sosehr er seine Schwester auch liebte, so lag ihm das Wohlbefinden seiner Töchter doch mehr am Herzen als das ihre. Er hatte schließlich am eigenen Leib erfahren, was es hieß, mit einem behinderten Familienmitglied aufzuwachsen. Mittlerweile konnte er mit dieser Situation umgehen, wusste aber, dass es lange dauerte, bis man sich daran gewöhnt hatte.

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