und der tanzende Derwisch
Laden sollte ja in der Nähe von einem Hotel sein. Sie fragten vorsichtig einen zerlumpten alten Mann und erfuhren, daß das gesuchte Hotel sich auf dem hohen Hügel über der Stadt befand, und die Serpentinenstraße dorthin von der Hauptstraße abzweigte. Sobald sie das wußten, verließen sie sofort die Stadt und verbrachten die nächsten zwei Stunden damit, darauf zu warten, daß die Sonne hinter den Bergen unterging. Sie versteckten ihren Wagen hinter einem baumlosen Hügel und machten sich mit Bedauern, aber konsequent daran, ihr Gepäck auf das Notwendigste zu reduzieren, soviel wie in einem Rucksack und Mrs. Pollifax' geräumiger Handtasche verstaut werden konnte.
»Vorurteile sind hier alles«, sagte Max stirnrunzelnd.
»Eine Touristin trägt keinen Koffer, aber ein Tourist darf einen Rucksack mit sich herumschleppen.«
»Ich weigere mich, meine Dschellabahs aufzugeben!« sagte sie entschieden.
»Das sollen Sie auch nicht, wir brauchen sie vielleicht, falls wir zu auffällig werden, aber ...« Er musterte sie kritisch. »Sie könnten sie tragen - natürlich in Zeitungspapier gewickelt —, ohne Ihr Touristenimage zu verletzen. Sie könnten sie ja eben erst gekauft haben.« Das sagte Mrs. Pollifax schon mehr zu, und sie machte sich an die weitere Auswahl. Sie behielt ihren dicksten Pullover, den sie unter dem Trenchcoat tragen konnte, und gab Max für den Rucksack Bluse und Socken zum Wechseln, Zahnbürste, Haarbürste und Kamm, ihr Fläschchen mit Vitamintabletten und ein anderes mit Aspirin. Reiseschecks, Geld und Paß blieben in ihrer Handtasche, in der auch noch Platz für einen zusammenklappbaren Becher, Reinigungstabletten für das Wasser, den Reiseführer und den marokkanischen Do lch war. Max fügte den Turban seiner früheren Verkleidung hinzu, seine Schuchara die flache, lederne Umhängetasche, die Einheimische zur Dschellabah trugen -, ihre Landkarten, seine Socken, zwei Päckchen Pulversuppe und eine wollene Mütze.
Als sie in der Dunkelheit zurück nach Tinerhir fuhren, hielten sie Ausschau nach einer Nebenstraße nicht allzuweit vom Hotel, in der sie den Peugeot abstellen konnten.
»Ich glaube, es wäre menschenfreundlich, wenn wir den Schlüssel im Kofferraumschloß steckenlassen, damit der Inhalt rasch gestohlen werden kann. Ich meine, mir wäre es lieber, wenn ein Bedürftiger und nicht die Polizei sich bedient.«
»Gute Idee«, sagte Max. Er fuhr den Wagen vorsichtig zwischen zwei heruntergekommene Lehmziegelhäuser und stellte den Motor ab. »Schnell raus!« befahl er. Mrs. Pollifax stieg aus, Max verschloß die Türen und steckte den Schlüssel ins Kofferraumschloß. Mit Rucksack und Dschellabahbündel tauchten sie in die Dunkelheit - zwei Touristen auf dem Weg zum Hotel auf dem Hügel.
Etwa fünfzehn Minuten später gelangten sie leicht atemlos von dem steilen Weg oben an. Inzwischen glitzerten Sterne am Himmel und der Halbmond ging auf. Sie blieben kurz am Geländer stehen und blickten hinunter auf den Ort mit den Umrissen der Lehmziegelhäuser und darüber hinweg auf die Silhouette des Gebirgszugs. Hinter ihnen befand sich das langgestreckte Luxushotel mit seinem Flachdach, doch als sie darauf zugingen, konnten sie keine Läden sehen; das Hotel nahm die gesamte Hügelkuppe ein. Während sie im Dunkeln standen und sehnsüchtig auf die einladenden Lichter des Hotels starrten, brauste ein Wagen den Berg hoch und hielt vor dem Eingang an. Zwei Männer stiegen aus, und als sie in den Kreis des Lichtes traten, das aus der Eingangshalle fiel, zog Max Mrs. Pollifax noch tiefer in den Schatten. »Rühren Sie sich nicht. Die zwei gefallen mir nicht«, flüsterte er.
»Wieso?« wisperte sie zurück.
»Kriminalbeamte sehen überall gleich aus«, antwortete er grimmig. »Die gleichen dunklen Anzüge, die gleichen grauen, ausdruckslosen Gesichter.«
»Glauben Sie, sie suchen uns - oder vielmehr mich?«
Er antwortete nicht. »Sehen wir zu, daß wir diesen Fossilienladen finden. Wenn er in der Nähe des Hotels sein soll, müssen wir ihn ja irgendwo hier finden. Kommen Sie, um das Hotel führt ein gepflasterter Weg, schauen wir, was sich auf der anderen Seite befindet.« Zehn Minuten später fanden sie ihn. Es war ein winziger Laden etwas unterhalb des Hotels an einer ungepflasterten Straße mit weiteren kleinen Lehmziegelhäusern. Auf einem Schild stand FOSILS SUVENIRS . Eine Glühbirne beleuchtete drei hölzerne Stufen zu einer schäbigen Veranda und der Haustür, hinter der helles Licht brannte. Ein
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