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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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behalten. Wir müssen natürlich auch unser Gepäck zurücklassen.«
»Verdammt, Sie haben recht - und niemand, den wir um Hilfe angehen könnten!«
»Das stimmt nicht«, widersprach sie ruhig. »Da sind die Polisario-Informanten, die wir überprüfen sollen.«
Max lachte bitter. »Wenn wir sie finden können.«
»In Tinerhir haben wir Omar Mahbuba.«
»Sicher - außer ausgerechnet er ist der Schwindler, den wir aufdecken sollten. Und der Himmel weiß, wenn er es ist, gibt es keine Hoffnung mehr für uns.«
Sie blickte ihn erstaunt an. »Wie pessimistisch Sie plötzlich sind! Es gibt immer Hoffnung!«
»Ihr Glaube ehrt Sie, aber ich kann ihn nicht teilen!« sagte er hitzig.
»Vielleicht haben Sie nicht soviel Erfahrung wie ich? Wenn die Verzweiflung groß genug ist...«
Er lachte. »Erfahrung! Wußten Sie denn nicht, daß das mein erster richtiger Außendienstauftrag ist? Mein Ressort sind Sprachen, Statistiken und Übersetzungen. Ich arbeite in einem Büro. Sie wählten mich nur, weil ich Arabisch spreche.«
»Oh!« sagte Mrs. Pollifax bestürzt. Ihr wurde bewußt, daß ihre Reaktion darauf ein Gefühl der Müdigkeit war, das aus der Erkenntnis resultiere, daß sie nun doppelte Verantwortung trug. Andererseits, dachte sie, änderte sein Geständnis nichts an der beruhigenden Tatsache, daß ihr Begleiter bereits zwei Morde verhindert hatte, den an sich selbst und den an ihr. »Niemand würde Sie für unerfahren halten«, versicherte sie ihm, und das meinte sie absolut ehrlich. Sie hielt es für angebracht, wieder zu ihrem ursprünglichen Thema zurückzukehren. »Also, wie sieht es mit etwas zu essen aus?«
Er mußte lachen. »Sie haben recht - und hartnäckig sind Sie auch.« Er hielt den Wagen am Straßenrand an und öffnete ihr die Tür. »Und jetzt auf den Rücksitz mit Ihnen, wir sind gleich in Goulmima.«
Sie bekam nichts von Goulmima zu sehen, aber Max gab seine laufenden Kommentare ab: »Viel freundlichere Stadt«, rief er über die Schulter. »Sehr hübsche Ziergitter vor den Fenstern. Ich habe gerade zwei Frauen in eine Gasse eilen sehen, und weder die eine noch die andere trug Schwarz - erstaunlich! Ah, da sehe ich einen baehl, einen Lebensmittelladen. Ich werde um die Ecke herum parken.« Er hielt an und stellte den Motor ab. »Ich gehe jetzt und verschließe die Türen. Sie bekommen doch genug Luft, oder?«
»Ja.«
»Gut.«
Sie hörte seine Schritte verklingen und war mit ihren Gedanken allein, solchen, auf die sie gern verzichtet hätte. Beispielsweise, was in aller Welt sie tun würden, sobald sie den Wagen in Tinerhir abgestellt hatten. In Fes war Hamid ou Azu ermordet, und in Er Rachidia Ibrahim verhaftet worden. In Erfoud hatte sie Youssef warnen können, aber sie mußten immer noch nach Tinerhir, dann nach Ouarzazate, Zagora und nach Rouida, direkt am Rand der Wüste. Und wenn sie das auch noch erreicht hatten, was dann? Dann konnten sie weder vor noch zurück.
Hör auf! tadelte sie sich streng. Du hast Hunger, Emily, das ist alles. Sie beschäftigte sich damit, die Stunden nachzurechnen, seit sie nichts mehr in den Magen bekommen hatte, und war bei achtzehn, als sie Max' Stimme hörte.
»Ja, ja, Engländer«, sagte er. »Und jetzt verschwindet, kein Bakschisch mehr, comprenez-vous? Fort!« Schrille Kinderstimmen beklagten sich lautstark, als er die Tür öffnete und hinter das Lenkrad rutschte. Einen Augenblick später heulte der Motor auf, und die Stimmen blieben zurück. Über die Schulter sagte er: »Ich kann Kinder nicht betteln sehen, und so haben sie es geschafft, mir neun Dirham abzuknöpfen, verdammt. In ein paar Minuten dürfen Sie wieder auftauchen. Es sind noch etwa siebzig Kilometer bis Tinerhir.« Dem Klang seiner Stimme entnahm sie, daß auch er die letzte Viertelstunde über ihre Lage nachgedacht hatte und seine Gedanken ebenso besorgt gewesen waren wie die ihren. Aber er hatte sechs Orangen mitgebracht, vier Dosen Ölsardinen und zwei Flaschen Mineralwasser. Das beendete zumindest das unfreiwillige Fasten.

10
    Tinerhir war ein Oasenmarktflecken im Saharavorland, jetzt in der Spätnachmittagssonne cremefarbig und rotbraun. Sie hatten beschlossen, einen kurzen Streifzug durch den Ort bei Tageslicht zu wagen, denn - wie Mrs. Pollifax zu bedenken gegeben hatte - müßten sie, wenn es erst einmal dunkel war, nach dem Weg fragen, dann würde man sich vielleicht an sie erinnern, wenn die Polizei ihnen folgte und nach ihnen fragte. Sie entdeckten auch mehrere Hotels, und Omar Mahbubas

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