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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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nickte und lächelte, als sie die vertrauten Lehmziegelhäuser und plaudernde Männer in Dschellabahs sah. Sie kamen an zwei Männern auf Eseln vorbei, beide saßen seitwärts im Sattel, damit die riesigen Rupfensäcke Platz hatten, die an der anderen Seite hingen. »Hier gibt es keine Medina«, erklärte Mrs. Pollifax erfreut über ihr wachsendes Wissen.
»Keine überdachten Gassen, es ist ein offener Marktplatz!« »Stimmt. Stellen wir den Wagen ab und sehen uns zu Fuß um.
Er muß hier in der Nähe sein.«
»Suchen wir ihn als Aisha und Bashir oder als Touristen?«
fragte sie. »Ich glaube, wir sollten wieder Touristen sein, ich
sehe nämlich keine Frauen.«
Er schnitt eine Grimasse. »Verwirrend, nicht wahr? Aber Sie
haben recht, es würde unerwünschte Aufmerksamkeit erregen,
wenn eine Einheimische neben einem Mann herginge. Frauen
zeigen sich hier nur in Begleitung anderer Frauen. Und wir
tragen beide die falschen Schuhe, schon dadurch würden wir
auffallen.«
»Das werden wir natürlich auch als Touristen.«
»Ja, aber auf andere Weise.« Er nickte. »Ich werde den Laster
um die Ecke in einer Nebenstraße parken, dort können wir uns
wieder in Touristen verwandeln.« Wenige Minuten später, als
der Wagen abgestellt und abgesperrt war, spazierte ein
Touristenpaar, Tante und Neffe, zum Marktplatz.
Sofort umschwärmten Kinder sie mit ausgestreckten Händen,
aber Max verscheuchte sie. »Vorher haben Sie ihnen aber etwas
gegeben«, erinnerte ihn Mrs. Pollifax.
»Das tut ein guter Moslem auch, der Koran hat da ein paar
starke Worte, bei denen es darum geht, den Armen zu geben«,
entgegnete er. »Aber im Augenblick bin ich kein guter Moslem.
Wenn wir ihnen ein paar Münzen schenken, werden sie uns den
ganzen Weg nachlaufen, bis zu Muhammed - falls wir ihn
finden.«
»Wir müssen ihn finden«, sagte sie leise. Sie betraten den
staubigen Platz, der von offenen Buden mit flachen Dächern eingerahmt war. Da und dort gab es schmale Durchgänge. Das war wahrhaftig eine andere Welt, verglichen mit jener der Hauptstraße, aber Mrs. Pollifax fühlte sich mehr zu den Farben und dem Leben hier auf dem Markt hingezogen. In einer Ecke standen Männer um eine Ziegenherde und gestikulierten wild beim Aushandeln von Preisen. An den Ständen gab es Sardinen in Kisten auf Eis gebettet, Haufen von Orangen und Tomaten, frische Kräuter, Töpfe und Pfannen, Schuhe und hohe weiße Plastikkannen voll Speiseöl. Hauptsächlich waren Dschellabahs zu sehen, die zum Braun der Erde paßten, doch auch einige Burschen, die leuchtend rote oder blaue Jacken mit
Reißverschlüssen westlichen Stils trugen.
»Entschuldigen Sie, ich muß so was Ähnliches wie eine
Herrentoilette finden«, sagte Max. Und während er sich danach
auf dem Platz umsah, fügte er hinzu: »Unerfreulicher Gedanke.
Bitte warten Sie hier auf mich, ja?«
»Natürlich.« Sie sah ihm nach, während er davoneilte, kurz
stehenblieb, um einen Jungen nach dem Weg zu fragen, und
dann in einer Gasse verschwand. Als sie eine niedrige Mauer
hinter sich bemerkte, setzte sich Mrs. Pollifax nieder, um die
Sonne zu genießen und den Trubel rundum auf sich einwirken
zu lassen. Sofort rannten drei Jungen zu ihr, zwei davon
machten kritzelnde Bewegungen mit den Händen. Der dritte
schaute nur schüchtern zu. »Einen Kugelschreiber?« fragte sie.
Sie verstanden sie sichtlich nicht, deshalb kramte sie in ihrer
Handtasche und brachte einen einfachen, billigen
Kugelschreiber zum Vorschein.
Die Kinder blickten sie verwirrt an, und als sie wieder auf ihre
Handfläche kritzelten, rannte der Verkäufer des Souks hinter ihr
herbei und verscheuchte die Kinder verärgert. Dann kehrte er,
ohne einen Blick auf Mrs. Pollifax, in seinen Laden zurück. Jetzt war ihr natürlich klar, daß sie Geld gewollt hatten, nur
daß die Gestik hier im Süden anders als weiter im Norden war.
Bestürzt über ihre Naivität ließ sie den Kugelschreiber zurück in die Handtasche fallen. Der dritte Junge war in der Nähe stehengeblieben und beobachtete sie neugierig. Es war etwas Rührendes an ihm: Seine Augen waren so groß in dem Gesichtchen, er war dünn wie ein Spatz, barfüßig, und sowohl seine kurze Baumwollhose wie sein T-Shirt waren ihm zu groß. Er sieht einsam aus, dachte sie. Er hat auch gar nicht gebettelt,
nur zugesehen. Er ist anders.
Max kehrte aus der Gasse zurück. Sie warf einen raschen
Blick auf den Verkäufer hinter sich. Er unterhielt sich gerade
mit einem Bekannten. Sie langte in ihre Geldbörse und

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