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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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neuen Tag war es nicht. »Was meinen Sie?« fragte Max. »Manöver oder
Straßensperre?«
»Vorsichtshalber ist es besser, das Schlimmste anzunehmen,
nicht wahr?«
Bedrückt antwortete er: »Ja, vermutlich.«
Ihr fiel ein, daß er ja die ganze Nacht nicht zum Schlafen
gekommen war, sondern Omar geholfen hatte, seinen Wagen zu
beladen, und es schien ihr ein guter Augenblick, ihn abzulenken.
»Ich frage mich, wo Omar und Nadija jetzt sind - mit ihren
Teppichen und dem herrlichen Messingkohlebecken. Was wohl
aus Nadija werden wird? Welche Zukunft haben junge Mädchen
hier?«
»Keine besondere«, erwiderte Max. »Ich kann Ihnen in etwa
sagen, was sie vor sich hätte, wenn sie in Tinerhir geblieben
wäre.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie würde in zwei oder
drei Jahren heiraten, sich den Mann aber nicht selbst aussuchen
können - das würden seine Eltern und ihr Vater arrangieren. Und
wahrscheinlich würde er keine sehr gute Partie sein, weil Omar
ein baranis, ein Außenseiter, ist. Bedauerlicherweise lebt ein
Mädchen fast immer bei der Familie ihres Mannes, wodurch es,
aufgrund der Stellung der Frauen hier, zu Eifersüchteleien und
Rivalität kommt, was dazu führt, daß die Hälfte der Ehen in
diesem Land geschieden werden.«
»Die Hälfte?« rief Mrs. Pollifax erstaunt. Max nickte. »Das
ergeben jedenfalls meine Statistiken. Aber ihre Zukunft dürfte
bei den Polisarios in der Wüste viel rosiger aussehen, denn dort hat sich Erstaunliches getan, wenn man bedenkt, daß auch sie Moslems sind. Da die Männer im Kampfeinsatz von zu Hause fort sind, haben die Frauen dort alles im Griff - es bleibt ihnen gar keine Wahl! Keine Schleier, keine Zurückgezogenheit, sie haben in ihren Zeltstädten sogar Schulen eingeführt, und einige
Frauen kämpfen Seite an Seite mit den Männern.«
»Dann werden sie also wie menschliche Wesen behandelt?«
fragte sie überrascht. »Fast unglaublich! Ich wollte es nicht
erwähnen, aber ich konnte es kaum fassen, daß ich keine Frauen
sah. Nur eine. Mit Ausnahme der Touristinnen in Erfoud habe
ich keine erwachsene Frau gesehen, außer diese
Schwarzvermummten, an denen wir vorbeikamen, waren
Frauen.«
»Sie dürfen es glauben«, versicherte er ihr. »Eine enorme
Vergeudung natürlich. In diesem Landesteil sind bestimmt nur
wenige in die Schule gegangen oder haben Lesen und Schreiben
gelernt. Ich bezweifle, daß Nadija je eine Schule besucht hat - in
Marokko gibt es keine Schulpflicht; und Sie haben ja gesehen,
wie sie ihrem Vater hilft. Nähen und Kochen und Kinderkriegen
ist so ziemlich ihr ganzer Horizont. Und Klatschen.«
»Wird es denn in der Wüste eine Schule für Nadija geben?« »Wenn sie will, ja«, antwortete er. »Mir gefällt ganz gut, was
ich darüber höre. Einer Ihrer amerikanischen Senatoren besuchte
ihre Zeltstadt bei Tindouf in Algerien, ehe die Beziehungen
abgebrochen wurden. Er war beeindruckt. Wenn ich mich recht
erinnere, soll er berichtet haben, eine solche Disziplin, ein
solcher Zusammenhalt und ein solches Nationalbewußtsein
wären ihm noch nie zuvor untergekommen... Sie wollen schlicht
und ergreifend ihr Land wiederhaben.«
»Und niemanden interessiert es.«
Er schüttelte den Kopf und schwieg. Seine Silhouette hob sich
nun von dem allmählich heller werdenden Himmel ab. Der
Morgen graute, und bald würde die Sonne ihr goldenes Licht
über das Land breiten. Sie fuhren unter einem Himmel dahin, dessen tiefes Blau nur von langen dünnen Wolkenstreifen unterbrochen wurde, die sich wie Spitze über die fernen Hochebenen im Osten zogen. Im Vordergrund beleuchtete die Sonne ein Terrain, das zu flimmern und auf sie zuzuwirbeln schien, wie Mrs. Pollifax fand. Dann blieben die kleinen Hügel zurück, der Boden zog sich wieder flach dahin und wurde zu körnigem Sand. Sie kamen durch den Marktort Boumalne du Dades, der in der Sonne glühte und dessen lehmfarbene Häuser wie Bauklötze einen ebenso lehmfarbenen Hügel emporstrebten. Als sie sich El Kelaa des Mgouna näherten, sagte Max abrupt: »Ich möchte uns ja nicht die Laune verderben, aber wie sieht es
nach dem Kauf dieses Lasters mit unseren Finanzen aus?« Sie zögerte. Sie bedauerte, daß er dieses Thema anschnitt.
»Nicht sehr gut. Ich habe natürlich eine Menge Reiseschecks...« »... die einzulösen uns die Polizei auf den Hals brächte.« »Ja. Ich habe auch Dollars, aber wäre es nicht riskant, damit
zu bezahlen?«
Er runzelte die Stirn. »Höchstwahrscheinlich. Woher sollten
zwei arme Einheimische wie wir - Aisha

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