und der tanzende Derwisch
müßig herumstehender Männer bestätigt wurde.
In Zagora hatte er sich auf der Präfektur einen Laisser-passer ausstellen lassen. Der Beamte hatte alles versucht, ihm einen Tuareg-Führer mitzugeben, aber Mornajay hatte das frostig und mit unwiderlegbaren Argumenten abgelehnt, hatte auf seinen Presseausweis hingewiesen, auf seine Kamera gedeutet und mehrmals wiederholt, daß er mehr als nur eine Stunde in Rouida brauchen würde.
»Es ist schon nach Mittag!« hatte der Beamte zu bedenken gegeben.
Mornajay hatte bestätigt, er wisse, daß es bereits früher Nachmittag war.
»Es gibt dort keine Hotels oder Herbergen, wo Sie übernachten könnten!« hatte der Beamte betont. Mornajay hatte ihm versichert, daß er durchaus in seinem Wagen schlafen könne. Warum?
»Weil ich die Wüste bei Sonnenaufgang und in der Dämmerung fotografieren will«, hatte Mornajay erklärt, »weil ich kein Tourist bin, sondern ein Berufsfotograf, der ungestört arbeiten will.«
Widerstrebend hatte der Beamte ihm schließlich den Passierschein ausgehändigt, den er bald in der hiesigen Präfektur zum Abstempeln vorweisen mußte - was nach Rouida kam, mußte Rouida auch wieder verlassen, dachte er sarkastisch. Er würde den Dorfvorsteher suchen und sich ihm vorstellen müssen, wenn es ihm gelingen wollte, diese ungastlichen Mauern zu durchbrechen. Er zog die Liste hervor, die ihm Carstairs in Spanien am Telefon durchgegeben hatte, um sich zu vergewissern, daß es hier wirklich Khaddour Nasiri, der Badehausaufseher war, den er finden mußte. Er nickte. Ein öffentliches Bad war genau der richtige Ort, um Klatsch und Neuigkeiten zu erfahren. Bestimmt begab sich jeder, der aus der Wüste über die Karawanenrouten von Mali, Mauretanien, und heimlich sogar von Algerien, nach Rouida kam, so schnell wie möglich ins Badehaus, um sich die Hitze und den Wüstenstaub abzuwaschen - und um sich zu unterhalten.
Aber von hier aus war nicht zu erkennen, wo das Badehaus sein mochte. Hinter dem Café erstreckten sich die Flachdächer der Häusergruppen in die Wüste, und bei der Bauweise in diesem Land war er so gut wie sicher, daß es hinter jeder dieser kahlen Mauern ein Labyrinth von Gassen und schmalen Durchgängen gab, wo Dutzende von Familien wohnten.
Er würde sehr überzeugend und sehr, sehr vorsichtig sein müssen. Aber er betrachtete die Ungewißheit als Herausforderung. Er stieg aufs Gas und fuhr in den Ort.
Der Dorfvorsteher hieß Madani elKebaj und erwies sich als das Produkt aus Jahrhunderten von Mischehen zwischen den Wüstenstämmen. Seine majestätische Haltung deutete auf Tuaregblut hin, aber seiner sudanesischen Abstammung verdankte er ein glänzend schwarzes Gesicht, das von einem schneeweißen Turban eingerahmt war. Er trug eine graue Dschellabah, und in seinem breiten Ledergürtel steckte ein wertvoller, ungewöhnlicher alter Dolch mit feiner Silberziselierung. Mornajay stellte sich ihm auf französisch vor, wies ihm den Passierschein und seinen Ausweis vor und beobachtete ihn, während er beides mit geschürzten Lippen las. Seine Stimme war überraschend weich, fast schmeichelnd, als er auf englisch sagte: »Bitte erlauben Sie mir, Ihnen Tee anzubieten.«
Mornajay lächelte höflich und fragte mit überschwenglichem Dank, ob er zuerst einige Aufnahmen machen könne, solange das Licht so günstig war, und eine Stunde später auf elKebajs liebenswürdige Einladung zurückkommen dürfe. »Ich möchte das Alltagsleben in Ihrem Dorf einfangen. Daß es am Rand der Wüste liegt« — er deutete auf den goldbraunen Sand, der sich bis zum Horizont erstreckte -, »macht alles besonders interessant.«
»Ja? Was zum Beispiel?« wurde er neugierig gefragt.
»Die ferran ... öffentlichen Öfen ...? Und das Badehaus? Und vielleicht...« Er zuckte mit den Schultern. »Gibt es hier Kamele?«
»Wir erwarten morgen früh eine Karawane«, sagte elKebaj hilfreich.
»Wunderbar!« sagte Mornajay erfreut. »Bon! Ich habe eine Aufenthaltsgenehmigung für zwei Tage, leider nicht für länger, deshalb möchte ich auch gleich anfangen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
ElKebaj verneigte sich würdevoll. »Dann darf ich Sie als Gast in mein Haus bitten für die Nacht.«
»Sehr freundlich«, sagte Mornajay voll Unbehagen. »Wirklich sehr freundlich. Könnten Sie bitte auch so gütig sein und mir zeigen, wo Brot gebacken wird und wo das Badehaus ist, und...« Er kam sich bereits recht komisch vor. »... ich nehme an, daß Sie hier herrliche Sonnenuntergänge haben.
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