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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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diesen Friedhof zu finden.«
Sie nickte, aber sie wußte jetzt, wonach sie Ausschau halten mußten. Hier im Süden waren die Friedhöfe ganz anders als die im Norden. Auf den ersten Blick sahen sie wie ein Feld voll zerbrochener Scherben aus; erst beim näheren Hinsehen erkannte man, wie die spitzen Enden von zerbrochenen Steinplatten in ordentlichen Reihen in die Erde gedrückt waren, eine am Kopf, die andere am Fuß des Grabes. Die Gräber lagen ganz dicht beisammen. Sie erinnerten sie an die »Gärten«, die sie als Kind angelegt hatte, indem sie kurze Zweige und Steine in die Erde gesteckt hatte. Hier waren es die Gräber von Menschen eines rauhen, armen Landes - Wüstengräber. »Ja, es wird im Dunkeln schwer zu finden sein«, pflichtete sie ihm bei und wandte sich an Ahmad: »Wir müssen ganz genau aufpassen, Ahmad.«
Max sagte gereizt: »Ich komme mir wie auf dem Präsentierteller vor. Wir können meilenweit gesehen werden, verdammt, auch mit nur einem Scheinwerfer. Was tun wir, wenn ein Wagen kommt?«
»Beten«, riet Mrs. Pollifax.
»Bismallah«, fügte Sidi Tahar hinzu. Die Mondsichel ging im Osten auf, die Berge hoben sich schwarz vom sternengesprenkelten, tintenblauen Nachthimmel ab. Nirgendwo im weiten Land ringsum brannte Licht. Mrs. Pollifax' Armbanduhr zeigte halb zehn Uhr an, aber offenbar waren alle Menschen hier bereits zu Bett gegangen.
»Dort!« rief Ahmad plötzlich, da sah auch sie es: eine Baumreihe, und bald fiel der Strahl des einsamen Scheinwerfers auf die gebrochenen Steine des Friedhofs.
»Endlich!« hauchte sie.
Max verlangsamte die Geschwindigkeit und fuhr an den Bäumen vorbei, und da war die mit tiefen Furchen durchzogene Straße. Max knurrte: »Das bedeutet das Ende für unsere Stoßdämpfer!«
»Ich wußte gar nicht, daß wir welche haben«, entgegnete Mrs. Pollifax trocken. Sie holperten über Löcher und Buckel, durch eine unfruchtbare Ebene, wo sich nur da und dort ein paar Grashalme und Sträucher hervorwagten. Und dann sah Mrs. Pollifax eine weißgetünchte Kuppel und eine Reihe Lehmziegelhäuser, die sich an einen Berg schmiegten. Es fiel schwer, das als Dorf anzusehen, und vielleicht war es auch gar keines, jedenfalls aber waren sie an ihrem Ziel angelangt.
Ahmad sagte zufrieden: »Dort ist das Haus von der Schwester meiner Mutter.« Er deutete hin. Max fuhr nicht vor das Haus, sondern machte einen Bogen, um den Laster dahinter zu verstecken. Ein Hund bellte. Plötzlich ging ein Licht in dem Haus an, man hatte sie gehört, und als sie aus dem Führerhaus kletterten, öffnete sich die Haustür und ein Mann mit einer Laterne in der Hand blickte hinaus, das Licht fiel auf ein weißes Hemd, das bis zu den Knöcheln reichte. »Amm Mahfoud!« rief Ahmad glücklich und rannte auf ihn zu.
»Ahmad?« sagte der Mann verblüfft, und als er seine Laterne hob, sah Mrs. Pollifax ein verwittertes dunkles Gesicht mit grauem Bart. Aus Ahmads Lippen ergoß sich ein Wortschwall, von dem Mrs. Pollifax nicht das geringste verstand. Max legte kurz die Hand auf ihren Arm und sagte: »Ich befürchte, daß hier niemand Englisch spricht, was verdammt langweilig für Sie werden wird, aber ich werde mein Bestes tun, für Sie zu übersetzen.«
»Danke. Ich glaube, ich weiß bereits, was Ahmad ihm erzählt, weil er so schnell seine Laterne ausgeblasen hat.«
»Stimmt«, bestätigte Max, und sie gingen auf die beiden Gestalten an der Tür zu.
Sidi Tahar folgte ihnen gemessen, dann verneigte er sich und grüßte: »Salam al eikum.«
Blinzelnd erwiderte Ahmads Onkel: »Al eikum wa Salam.« Da blickte er ihn genauer an und sagte: »Sie sind der heilige Mann aus Zagora!« Er verbeugte sich, legte kurz die Hand aufs Herz und bat sie einzutreten.
Sie saßen auf Kissen in Mahfouds Haus. Eine Kerze brannte, aber Mahfoud hatte sie erst angezündet, nachdem beide Fenster und die Tür verdunkelt waren. Während sich die anderen ernst und erregt in ihrer eigenen Sprache unterhielten, schaute sich Mrs. Pollifax neugierig um. Sie war zum erstenmal im Innern eines richtigen Zuhauses in diesem Land. Sie sah ein langes Zimmer mit weißgestrichenen Wänden, an denen entlang bunte Kissen und Teppiche zum Schlafen und Sitzen lagen und ein paar kleine, niedrige Tische standen. Der festgestampfte Erdboden war mit Matten bedeckt. In einer Ecke schlief ein Junge, er drehte sich unruhig herum, wachte jedoch nicht auf. Ein älterer, halbwüchsiger Junge hatte sich aufgesetzt und beobachtete sie schweigend. In der Nähe schöpfte

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