und die feurige Flut
Flüche gibt, das heißt, sie zumindest nicht funktionieren, und du drittens wahrscheinlich einfach an einem grippalen Infekt leidest. Infekte aller Art gehören nun wiederum nicht zu unserem Zuständigkeitsbereich, und da wir uns nicht anstecken wollen, schlage ich vor, dass du unverzüglich die Hilfe eines namhaften Arztes annimmst.«
»Bist du jetzt fertig?«, fragte Allie belustigt.
»Ja.« Justus nahm einen verstaubten Karton vom Boden auf und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
»Gut, dann kann ich dir versichern, dass ich erstens tatsächlich nicht ›einfach so‹, sondern genauer gesagt ›nebenbei‹ verflucht wurde, ich zweitens zwar nicht an Flüche glaube, dennoch Fluchsymptome aufweise, und ich drittens weder unter einem grippalen Infekt noch sonst einer Krankheit leide!«
»Könntet ihr bitte draußen weiterstreiten?« Peter sah von seinem Chemie-Buch auf. »Ich versuche ernsthaft, mich auf die Formeln zu konzentrieren, und ihr benehmt euch wie kleine Kinder.«
»Wie wäre es, wenn ich einen Kaffee aufsetze und Allie solange einfach erzählt, was passiert ist?«, schlug Bob vor. Justus runzelte die Stirn, aber Allie schien dieser Vorschlag zu gefallen.
»Meinetwegen«, gab Justus seufzend nach und setzte sich. »Dann solltest du die Fakten aber in chronologischer Reihenfolge darlegen. Vom Anfang bis zum Ende.«
Allie holte tief Luft. »Also: Am Anfang war nur Finsternis …«
»Nicht der Anfang!« Justus rutschte ungeduldig auf seinem Stuhl hin und her. Bob lachte leise, während er den Wasserkocher bediente.
»Schon gut. Aber das konnte ich mir einfach nicht verkneifen.« Allie grinste. Dann wurde sie wieder ernst. »Also: Meine Eltern befinden sich wie schon so oft für einen längeren Aufenthalt im Ausland – dieses Mal in Frankreich. Eigentlich sollte ich die Internatsferien wieder bei meinem Onkel Harry in Twin Lakes verbringen, aber er baut das Haus um und hat daher im Moment keinen Platz für mich.«
»Ich wette, er hat das mit dem Umbau ganz spontan beschlossen, als er von deinen Ferienplänen gehört hat«, bemerkte Peter beiläufig.
»Das würde Onkel Harry nie tun!«, entgegnete Allie. »Aber da ich nun einmal nicht bei ihm wohnen kann, bin ich zu Tante Patricia gezogen.«
»Patricia Osborne? Oje! Ist sie immer noch so abergläubisch?«, fragte Bob.
»Und wie! In diesem Jahr hat sie sich zwar noch keinem betrügerischen Kult angeschlossen, aber dafür ist sie einer Wohngemeinschaft von Zauberern in Santa Monica beigetreten.«
»Klingt ja gemeingefährlich!« Peter konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
»Was genau muss man sich unter einer Zauberer-WG vorstellen?«, fragte Justus.
»Ein unheimlich großes Haus, in dem ein Haufen von Spinnern wohnt, arbeitet und zaubert! Tante Patricias beste Freundin Sunshine ist dort seit Jahren als Geisterbeschwörerin tätig und hat ihr einen Job als Traumdeuterin angeboten. Gemeinsam betreiben die WG-Leute unten im Haus einen Zauberladen. Tante Patricia nicht eingerechnet, sind es fünf recht nette Zeitgenossen, wenn auch etwas weltfremd und planlos. Ich war noch keine Woche dort, als Tante Patricia spontan beschloss, gemeinsam mit Sunshine eine spirituelle Reise hoch zum Mount Shasta zu machen.«
»Diesem Vulkan in Nordkalifornien?«, wollte Justus sich vergewissern.
»Ja, denn angeblich ist es ein mystischer Ort, an dem man sich selbst finden kann. Aber Klang-Meditation auf Baumstümpfen, Atmen mit Waldgeistern und Träumen mit Steinen und so ein Zeug sind nichts für mich. Deshalb bin ich einfach hiergeblieben.«
»Und dann?« Peter wurde langsam etwas ungeduldig. Das Chemie-Buch hatte er beiseitegelegt. »Wann wurdest du nun verflucht? Wieso überhaupt nebenbei? Und vor allem: Warum?«
»Ich wüsste da schon ein paar Gründe!«, murmelte Justus.
»Charmant wie eh und je, euer Chef.«
»Vereinbaren wir doch einfach eine etwa zehnminütige Friedensphase, damit Allie ihren Bericht beenden kann«, schlug Bob vor.
»Meinetwegen. Kurzzeitfrieden!« Allie beugte sich vor. »Zurück zum Fluch: Unter den Bewohnern des Hauses gibt es auch den Alchemisten Jonathan Pendragon.«
»Alchemist?«, hakte Peter nach.
»Das ist wohl so etwas Ähnliches wie ein Gelehrter, der Zaubertränke braut, aus Müll Gold machen kann und das ewige Leben erforscht«, erklärte Allie.
»Gold ist eines der Grundelemente und kann nicht künstlich hergestellt werden«, wurde sie von Justus unterbrochen.
Allie zuckte mit den Schultern. »Ist doch egal.
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