und die große Versoehnung
ihren Blick durch den Raum schweifen. Der Plan ist hier sicher, dachte sie. Ich werde ihn gut im Auge behalten, jetzt, da seine Markierungen begonnen haben, sich zu verändern.
Aber was mache ich wegen Verena?, grübelte sie, während sie die Tür ihres Zimmers hinter sich schloss und den Flur entlangging. Als sie zur Treppe kam, hörte sie Marina von unten »Flame! Flame!« rufen und polterte schnell die Stufen hinunter.
»Was ist los?«, fragte sie ihre Schwester, als sie sich auf halber Höhe trafen und sie bemerkte, wie durcheinander Marina aussah.
»Verenas Mum hatte einen Reitunfall!«, berichtete Marina. »Mum und Dad haben gerade einen Anruf von Stephen Glass bekommen. Er fliegt sofort nach Buenos Aires, um bei ihr zu sein. Offenbar hat sie sich das Schlüsselbein und einige Rippen gebrochen. Die Ärzte sind sich nicht sicher, ob sie bis Weihnachten nach Hause darf.«
»O nein!«, sagte Flame. »Arme Zoe! Und arme Verena, sie ist bestimmt total traurig deswegen.«
»Sie wird ganz allein mit Glenda sein«, sagte Marina, als sie nach unten in die Halle gingen.
Flames Miene verdüsterte sich. »Ja«, erwiderte sie nachdenklich. »Hör zu, es gibt da etwas, was ich heute Nacht mit euch besprechen muss.«
»Was ist es denn? Jetzt sag schon!«
»Nein, ich erzähle es euch allen lieber nach dem Zubettgehen, wenn wir ungestört sind«, sagte Flame. »Wir kehren jetzt besser zu den anderen zurück.«
Und sie sprangen die letzten Stufen hinunter, um von Mum mehr über den Unfall in Erfahrung zu bringen.
Der Plan verändert sich
Während des Abendbrots waren die Neuigkeiten über die Glass-Familie Gesprächsthema Nummer eins. Stephen Glass hatte Dad im Laufe des Jahres einige Aufträge als Architekt vermittelt, und die beiden Familien waren inzwischen gut befreundet. Vor kurzem hatte Verena ihrem Vater erzählt, wie unglücklich es sie machte, allein mit ihrer Großmutter auf Eichenruh leben zu müssen. Er hatte daraufhin Colin und Ottalie gebeten, ein Auge auf seine Tochter zu haben, weil seine Arbeit es mit sich brachte, dass er viel im Ausland unterwegs war. Daher fühlten sich Mum und Dad nun in gewisser Weise für Verena verantwortlich.
Als sie dann erfuhren, dass Verenas Mutter Zoe nach Hause kommen wollte und Stephen seine Ehefrau mit offenen Armen empfangen würde, waren sie alle überglücklich gewesen. Deshalb enttäuschte es sie nun umso mehr, dass ihre Heimkehr sich verzögern würde. Insbesondere Mum machte sich Sorgen, welche Auswirkungen das auf Verena haben würde.
»Das arme Mädchen!«, sagte Mum zum tausendsten Mal. »Es ist eine Schande – so kurz vor Weihnachten, wo doch zwischen ihren Eltern wieder alles im Reinen zu sein schien.«
»Zoe wird ja trotzdem nach Hause kommen, Ottalie«, erinnerte sie Dad. »Es wird nur ein paar Tage länger dauern.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Mum. »Aber es ist trotzdem schade, und ich befürchte, dass Verena deswegen sehr traurig ist.«
»Du hast recht«, warf Marina ein. »Sie hat mich eben angerufen.«
»Sie hat dich angerufen?«, sagte Flame aufhorchend.
»Ja«, erwiderte Marina mit einer Miene, die besagte: Warum auch nicht? Marina und Verena waren seit einiger Zeit miteinander befreundet.
»Es ist nur …« Flame verstummte. In Mum und Dads Gegenwart konnte sie nicht über die Sorgen reden, die sie sich um Verena machte.
Marina sah ihre ältere Schwester fragend an, aber Flame hielt den Blick gesenkt.
Als sie mit Essen fertig waren und den Tisch abräumten, fragte Marina Flame leise: »Was war eben los? Du hast besorgt ausgesehen. Ist irgendetwas mit Verena?«
Flame sah in Marinas mitfühlende blaue Augen und nickte. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich fürchte schon.«
Sobald ihnen Mum an diesem Abend gute Nacht gesagt hatte und zurück nach unten gegangen war, schlichen Marina, Flora und Sky in ihren Nachthemden den Flur zu Flames Zimmer entlang und kuschelten sich auf ihrer leuchtend roten Bettdecke aneinander.
»Es ist so kalt hier drin«, sagte Sky bibbernd und schlüpfte unter die Decke. »Kannst du das Zimmer nicht ein bisschen aufheizen?«
Flame kniete gerade auf dem Teppich neben dem Bücherregal, um das Holzkästchen aus seinem Versteck zu holen.
»Ja, komm schon!«, bat auch Flora sie und lächelte. »Wärm das Zimmer etwas auf, bevor wir alle zu Eiszapfen werden!«
»Das ist nicht euer Ernst!«, protestierte Flame und stand auf.
»Doch!«, erwiderte Marina lachend. »Es ist furchtbar kalt! Benutz deine
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