Und die Hölle folgte ihm nach
ahnten nicht, mit welcher Ungeduld sie in der Abtei Bobium erwartet wurden. Bruder Bladulf, der Torhüter, hüpfte vor augenscheinlicher Freude von einem Bein auf das andere, als sie die Tore erreichten. Wulfoald und seine Gefährten hatten sie kurz vor der Abtei allein weiterreiten lassen und gedachten, die Nacht in der Siedlung zu verbringen. Bei ihrer Rückkehr zu Seigneur Radoalds Festung wollten sie dann die Pferde abholen. Das Problem Wamba und Wulfoald hatte Fidelma tunlichst auf sich beruhen lassen; um das zu klären, bedurfte es besonderer Achtsamkeit.
Bruder Wulfila, der Verwalter, bahnte sich einen Weg durch die neugierig herumstehenden Brüder, die sie begrüßen wollten. Hände streckten sich ihnen entgegen, um ihnen von den Pferden zu helfen. Die beiden ignorierten die auf sie einstürzenden Fragen und baten den Verwalter, sie unmittelbar zu Abt Servillius zu bringen.
Der Abt empfing sie in seiner Amtsstube. Er war nicht allein, der Ehrwürdige Ionas war auch da, hingegen fehlte Magister Ado. Bruder Wulfila blieb im Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
»Meine erste Frage gilt eurem Befinden. Seid ihr wohlauf? Braucht ihr in irgendeiner Weise Bruder Hnikar?«, eröffnete der Abt das Gespräch.
»Wir sind beide wohlauf,
Deo gratias
«, erwiderte Bruder Eolann.
»Deo optimo maximo«
, pflichtete ihm der Ehrwürdige Ionas ernst bei.
»Und nun haltet uns nicht länger im Ungewissen«, forderte der Abt sie auf. »Berichtet uns von eurem Abenteuer, das die gesamte Bruderschaft in Unruhe versetzt hat.«
Bereits auf ihrem Ritt durch das Tal hatten Fidelma und Bruder Eolann in ihrer Muttersprache abgesprochen, was und wie viel sie erzählen würden. Den Tod von Freifrau Gunora und das Verschwinden von Prinz Romuald würden sie nicht verschweigen, wohl aber, was sie über den Jungen Wamba, die Goldmünzen und seine Mutter Hawisa in Erfahrung gebracht hatten. Gewisse Auslassungen waren noch lange keine Lüge, sagte sich Fidelma und beruhigte ihr Gewissen mit einem entsprechenden Lehrsatz des Brehon Morann. Wenn man sich in einem wirklichen Dilemma befand, sollte man Gut und Böse abwägen und sich stets zugunsten des Guten entscheiden, selbst wenn man dafür in Kauf nehmen musste, etwas Unrechtes zu tun. Bis auf diese Auslassungen aber wollten sie wahrheitsgemäß berichten.
Bruder Eolann stellte die wesentlichen Fakten ihrer Gefangennahme und Entführung dar und wie man sie auf der Festung als Gefangene gehalten hatte, dann schilderte er die Einzelheiten ihrer Rettung und Flucht. Fidelma übernahm den Teil mit Freifrau Gunora und dem Auffinden ihrer Leiche.
Der Abt konnte es nicht fassen und wurde bleich vor Entsetzen. »Das kann nicht wahr sein«, stammelte er.
Der Ehrwürdige Ionas legte ihm eine Hand auf den Arm und redete beruhigend auf ihn ein. »Wenn es so geschehen ist, mein Freund, sollten wir dem Ungemach so rasch wie möglich auf den Grund gehen.«
Doch Abt Servillius konnte sich nur schwer beherrschen und überhäufte Fidelma mit Fragen, so dass der Ehrwürdige Ionas schließlich eingreifen musste und ihn energisch aufforderte, Fidelma ihre Geschichte zu Ende bringen zu lassen, anstatt voreilig Schlussfolgerungen zu ziehen. Für den Abt stand fest, dass der Seigneur von Vars für den Tod der FreifrauGunora verantwortlich zu machen war, auch glaubte er, man hielte den junge Prinzen Romuald auf der Festung Vars gefangen.
Als Fidelma mit ihrem Bericht fertig war, legte ihr der Ehrwürdige Ionas in aller Ruhe seine Ansicht dar. »Grasulf ist schon seit langem ein Feind der Abtei hier, und wie du selbst herausgefunden hast, ist er auch ein Feind unseres Glaubens. Er hält sich an die alten Götter der Langobarden.«
»Dafür, dass der Junge auf der Festung sein könnte, haben wir jedenfalls keinerlei Anzeichen gefunden.« Fidelma hielt es für wichtig, das klarzustellen.
Abt Servillius wollte etwas entgegnen, wurde aber vom Ehrwürdigen Jonas höflich unterbrochen. »Gewiss ist Grasulf ein Abenteurer, der Freifrau Gunora und den Prinzen entführen lassen würde, wie es auch mit Schwester Fidelma und Bruder Eolann geschehen ist. Aber er würde sie nie ermordet haben. Dafür waren sie lebend viel zu wertvoll. Sie dem höchsten Bieter verkaufen, ja, dazu wäre er imstande. Er ist ein Mann ohne jede Moral. Hätte ihm Perctarit einen guten Preis geboten, hätte er ihm ohne weiteres den Prinzen und die Freifrau ausgehändigt. Ebenso wenn Grimoald seinen Sohn zurückverlangte und ihm einen
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