Und die Hölle folgte ihm nach
Krieg anführen.«
Suidur nickte, als überraschte ihn das wenig. »Selbst wenn er von dort, wo wir ihn und seine Männer gesichtet haben, umgekehrt ist und eine andere Route eingeschlagen hat, müsste er eine beträchtliche Strecke durch die Berge zurücklegen, um schließlich unseren Weg zu kreuzen. Ich schwöre, es gibt keinen Grund zur Sorge. Du bist bei uns sicher.«
Schon bald begannen sie den Abstieg, und er erwies sich in der Tat steiler als der hinter ihnen liegende Aufstieg. Tief unter ihnen konnten sie das blaue Band des Flusses sehen, den sie für die Trebbia hielt und der sich durch das von Felsen umgebene Tal schlängelte. Ab und an sahen sie Gehöfte und auch angepflanzte Baumgruppen. Wie sie erfuhr, waren das Olivenbäume; wieder andere Kulturen erkannte sie als Weinhänge. Es verlangte sie danach, all die neuen Eindrücke – Ausblicke, Geräusche und Gerüche – in sich aufzunehmen, aber ihre Gedanken kreisten um das mysteriöse Geschehen, das das Tal, die Abtei und die Menschen bedrängte.
Der Ritt verlief gemächlicher als am Vortag, und als sie die unteren Gefilde erreichten, zunächst die Baumgrenze und dann die großen Wälder nahe dem Fluss, dessen sanftes Rauschen sich deutlich von den anderen Geräuschen wie das Rascheln des Laubes, das gelegentliche Bellen eines Fuchses oder das Gekreisch von Vögeln abhob, da endlich fiel alle Spannung von ihr ab, die sie in den letzten Tagen belastet hatte.
Schließlich kamen sie an eine große Lichtung am Fluss. Sie hatten ein stattliches Gehöft mit Nebengebäuden vor sich, dahinter Olivenbäume und Rebstöcke. Ein Hund schlug an, woraufhin ein Mann aus dem Haus trat. Fidelma erkannte ihn sofort. Es war Wulfoald, Radoalds Krieger, der Suidur freundschaftlich zuwinkte. Die beiden verständigten sich in raschem Wortwechsel, in dem mehrfach der Name Grasulf fiel. Dann, als Fidelma absaß und ihre Glieder reckte, begrüßte Wulfoald auch sie.
»Ich fürchte, edle Dame, wir haben allen Grund, uns bei dir zu entschuldigen.«
»Zu entschuldigen?«
»Vor wenigen Tagen, du hattest kaum unser Tal betreten, da wurdet ihr, du und deine Gefährten, überfallen. Und nun höre ich, dass euch Grasulf entführt hat, ein übler Kerl, fürwahr.« Er begrüßte auch Bruder Eolann und sprach dann weiter. »Wir müssen die mangelnde Gastfreundschaft unserer Nachbarn schleunigst wettmachen.«
Wulfoald gab sich warmherzig und freundlich. Fidelma aber musste an den kleinen Wamba denken und dass er ihn gefunden hatte, an Hawisa und ihre Beschuldigungen gegen ihn, und auch ihr eigener Verdacht ließ ihr keine Ruhe. Lieber wäre ihr gewesen, die offenen Fragen wären ihr nicht wie ein Bienenschwarm im Kopf herumgeschwirrt. Sie würdesich zwingen müssen, einfach einmal Gedanken Gedanken sein zu lassen.
»Ich war gerade im Begriff, mit meinen Leuten nach Bobium aufzubrechen. Wir brauchen nicht alle Pferde, also könnten wir euch bis zu den Toren der Abtei Geleit geben und dafür Sorge tragen, dass ihr heil und sicher dort ankommt. Es sei denn, ihr wollt ein wenig hier verweilen und euch erfrischen. Wir müssen ja nicht unbedingt auf Radoalds Festung Rast machen und könnten am frühen Nachmittag in Bobium sein.«
Fidelma überlegte. Im Grunde genommen war es ihr sehr recht, so rasch wie möglich nach Bobium zurückzukehren, und als sie Bruder Eolann befragte, war er sofort dafür. Wulfoald verständigte sich mit seinen Männern, und im Nu standen zwei zusätzliche Pferde bereit.
Es war ein eigenartiges Gefühl, von Suidur und seinen schweigenden Kriegern Abschied zu nehmen. Schon wahr, er hatte sie und Bruder Eolann gerettet, aber die ungeklärten Fragen überschatteten alles. War sie nicht eine
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geworden, weil sich ihr Inneres gegen rätselhafte Vorkommnisse aufbäumte? Solange sie ein Problem nicht zu lösen vermochte, nagte es an ihr wie ein böser Zahnschmerz. Doch sie begriff, dass ihr im Moment nichts anderes übrigblieb, als so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung; alle Verdachtsmomente und Zweifel mussten unterdrückt werden. Also dankte sie Suidur für sein Eingreifen so warmherzig, wie sie nur konnte, und bat ihn, ihren Dank auch seinen Gefährten zu übermitteln. Bruder Eolann brachte seinen Dank weitaus bewegter und überschwänglicher als sie zum Ausdruck. Schließlich saßen sie auf und ritten zusammen mit Wulfoald und zwei Kriegern den Fluss entlang auf einem Pfad, der geradewegs nach Bobium führte.
KAPITEL 14
Fidelma und Bruder Eolann
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