Und eines Tages kommt das Glück
Romys Lieblingsskelett zu Tode gekommen war – eventuell als Opfer eines frühchristlichen Überfalls, vielleicht war es aber auch nur ein banaler Mord gewesen!
»Hast du Lust, anschließend noch mit zum Essen zu kommen?« , fragte Taig, an Romy gewandt, während der Rest der Truppe gerade verschiedene Methoden diskutierte, wie man anderen Menschen den Schädel einschlagen konnte. »Es gibt ein nettes Restaurant in der Stadt. Ich bin sicher, es wird dir gefallen.«
»Mann, das Arbeitsklima bei Ausgrabungen in Irland hat sich
aber sehr verändert«, meinte sie. »Ein Drink nach der Arbeit, ein Besuch im Restaurant. Gönnt ihr euch das eigentlich jeden Tag?«
»Natürlich gehe ich gern mit Freunden weg«, erwiderte Taig, »aber zum Essen habe ich nur dich eingeladen und sonst niemanden.«
»Oh.« Zwei rosige Flecken breiteten sich auf Romys Wangen aus. »Also nur wir zwei?«
»Äh, ja. Es sei denn, du willst nicht.«
»Ich … Ich hatte nicht damit gerechnet.« Sie grinste ihn an. »Sorry, aber dein Vorschlag hat mich etwas überrumpelt.«
»Aber du nimmst mir das nicht übel, oder?« Plötzlich klang er besorgt.
»Natürlich nicht«, beteuerte sie, während ihre Gedanken sich überschlugen. Es ist nur ein Abendessen, sagte sie sich. Das muss nicht der Beginn einer engeren Beziehung werden. Frauen vermuten immer gleich mehr dahinter … Aber wenn er nicht an mir interessiert ist, warum sollte er mich dann zum Essen einladen? Trotzdem, es ist gut zu wissen, dass ich auch mit anderen Männern als mit Keith ausgehen kann. Das bestätigt mir, dass ich von vornherein recht hatte, was ihn betrifft, und dass es wirklich nur die Entfernung war, die die Sehnsucht nach ihm wachsen ließ.
Romy schaute Taig an und stellte fest, dass er sie fragend ansah.
»Im Gegenteil, ich freue mich. Das wird sicher ein lustiger Abend«, sagte sie. »Danke.«
Das wird es bestimmt, dachte sie. Auf jeden Fall besser, als zu Hause mit Kathryn herumzusitzen, die, wie sie mittlerweile überzeugt war, entweder eine Essstörung oder ein Alkoholproblem hatte, vielleicht sogar beides. Sie war einfach viel zu dünn, und manchmal kippte sie in Windeseile ein Glas Wein hinunter, während sie es ein anderes Mal entsetzt anstarrte, als würde es pures Gift enthalten. Oft war sie nervös und überhaupt nicht so wie früher, und dabei lief sie ständig mit einer bekümmerten Miene herum, die Romy beunruhigte. Kathryn war nie der ängstliche
Typ gewesen, und dann war da noch die Sache mit Alan. Romy war aufgefallen, dass Kathryn nie über ihn sprach oder Anstalten machte, ihn anzurufen. Wenn Veronica oder sie sich nach ihm erkundigt hatten, hatte Kathryn immer nur geantwortet, dass es ihm gut gehe, und sofort das Thema gewechselt. Romy war sicher, dass in dieser Ehe etwas nicht stimmte, und das bereitete ihr zusätzliche Sorgen. Auf jeden Fall redete Kathryn nicht darüber, und Romy wollte sie auch nicht danach fragen. Eigentlich sollte sie es tun, dachte sie, aber sie hatten sich noch nie in das Leben der anderen eingemischt. Deswegen war es vielleicht besser, sich an ihren eigenen Rat zu halten und nichts zu sagen. Auf jeden Fall kam ihr ein Abend in der Stadt gerade recht, an dem sie sich keine Gedanken um ihre Familie machen musste.
Und es war schön, erzählen zu können, dass sie eine Verabredung hatte. Vielleicht sollte sie das Tanya später in einer E-Mail schreiben. Sie könnte ihr von der Ausgrabung berichten, wie freundlich alle waren, und dass Taig sie völlig überraschend zum Essen eingeladen hatte. Vielleicht würde Tanya das Keith erzählen, und dann wüsste er, dass sie sich nicht vor Sehnsucht nach ihm verzehrte und dass der Kuss zum Abschied schon längst vergessen war.
Andererseits könnte Tanya die Sache mit Romys Date so verstehen, dass sie nun grünes Licht hatte, mit Keith weiterhin die Bars und Restaurants von Melbourne unsicher zu machen. Bei dem Gedanken rümpfte Romy die Nase. Aber Fakt war, dass sechstausend Meilen zwischen ihnen lagen, dass sie nichts an dem ändern konnte, was drüben geschah, und dass für jeden das Leben weiterging.
Romy rutschte mit ihrem Stuhl näher an den von Taig. Und genau das hatte sie vor – ihr Leben weiterzuleben.
Kapitel 27
Kathryn starrte ihn an. Sie konnte nicht glauben, dass er hier in Irland war. Sie spürte, wie ihr Herz heftig zu klopfen begann.
»Alan«, sagte sie.
»Ganz recht.« Er sah gut aus. Er trug einen seiner geliebten dunkelblauen Anzüge von Armani und ein
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