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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Selbst der Mensch bestand zu einem Großteil aus Wasser. Also, Wasser gleich Leben.
    Es gab noch eine zweite Eigenschaft. Wasser reinigt. Zugegeben, das kam einem Missbrauch dieses lebensnotwendigen Grundstoffes gleich. Solange man im Überfluss lebte, war das auch kein Problem. Also, Wasser gleich Reinigung.
    Aber was sollte gereinigt werden? Und warum?
    Der Bibel nach wusch sich Pontius Pilatus die Schuld von den Händen, bevor er Jesus zum Kreuz schickte.
    Hände kamen nun ins Spiel. Ja, mit ihnen würde der Täter seine Opfer töten und ihnen das Gedärm aus dem Leib reißen. Anschließend würde er sie waschen. Der Reinigung wegen, sicher, aber auch der
Ent
schuldigung wegen? Wardas seine Katharsis? Das klärte noch lange nicht, wieso der Täter die Organe in den Fluss warf.
    Wahrscheinlich war der Umstand viel schlichter, so wie es einer seiner Kollegen schon mal ausgedrückt hatte:
    Die Grausamkeit der Tat lässt sich nur durch die Banalität des Täters übertreffen.
    Folglich musste er an viel einfachere Gründe denken. Zurück zum fließenden Wasser eines Flusses. Der Fluss führt Wasser in eine Richtung, hin zu den Meeren, wo es sich mit seinesgleichen vermischt. Auf seiner Oberfläche trägt es Schiffe. Im Inneren ist es Heimat von Lebewesen. Stilles Wasser wäre ihr Tod.
    Betrachtet man einen Fluss aus der Vogelperspektive, so stellt er sich als blutführende Ader eines Organismus, der Erde, dar. Aber wieso musste unbedingt nur Blut in diesen Adern fließen?
    Ganz banal könnte ein Fluss auch als Ableitung dienen. Das war seit Jahrhunderten eine missbrauchte weitere Eigenschaft eines fließenden Gewässers. Es führte alles Mögliche ab. Meistens Unrat. Ja, so wie eine Klospülung.
    Benutzte der Täter den Fluss als Abfallrohr? Das würde Rückschlüsse auf das Material zulassen, das er in den Fluss warf. Er bewertete die Innereien eines Menschen als Abfall.
    Worauf es der Täter also abgesehen hatte, war die Hülle des Menschen, sein ausgeschlachteter Leib. Doch wozu? Wofür brauchte er die leblose Hülle?
    Sofern er es wirklich darauf abgesehen hatte und sich Levy nicht in wilde Gedankenkonstrukte verloren hatte. Dafür spräche, dass bisher, damals vor zwei Jahren und jetzt, niemals die Körper der Opfer aufgetaucht waren. Warum nicht? Was hatte der Täter mit ihnen zu schaffen?
    Zu viele Fragen auf einmal. Levy zwang sich wieder an den Ausgangspunkt seiner Überlegungen zurück.
    Verhalten spiegelt Persönlichkeit.
    Was sagt dein Verhalten über dich aus, fragte Levy den Täter.
    Du entreißt deinen Opfern lebenswichtige Organe und wirfst sie in den Fluss.
    Wieso dieses bestimmte Organ und wieso Fluss?
    Hat das Organ eine besondere Bedeutung, und was willst du damit zum Ausdruck bringen?
    Der Atmungstrakt mit Lungen, Bronchien und Luftröhre, aber auch mit Zunge und Kehlkopf steht für die lebenswichtige Luftaufnahme oder auch die Stimmbildung, die durch die Schwingung der Stimmbänder und die Bewegung der Zunge entsteht.
    Wolltest du deinem Opfer die Luft zum Atmen und die Stimme zum Sprechen nehmen, es also mundtot machen?
    Ja, diese Hypothese machte Sinn, sagte er sich. Allerdings nur so lange, bis keine weiteren Organe desselben Opfers gefunden wurden.
    Und noch etwas fehlte. Das durfte er nicht unterschlagen, es war einfach zu auffällig. Das Herz wurde sauber aus seinem Sitz zwischen den beiden Lungenflügeln herausoperiert. Das war nicht einfach. Die Aorta und andere Blutbahnen mussten abgetrennt werden. Hätte das Herz keinerlei Bedeutung gehabt, hätte es der Täter schlicht unberührt gelassen.
    Nun, welche Eigenschaft misst man einem Menschen zu, der kein Herz besitzt? Jemand, der als herzlos gilt, kennt kein Gefühl, keine Nachsicht, ist anderen gegenüber unerbittlich, gleichzeitig liebt er sich selbst über alles.
    Hast du dich an deinem Peiniger gerächt, fragte sich Levy. Jemandem, den du so abgrundtief hasst, dass eine Kugel, Gift oder ein Stich viel zu wenig gewesen wäre?
    Du hast ihm das geraubt, was ihn ausgezeichnet hat: Einenherzlosen Menschen, der nur schlecht über dich gesprochen hat.
    Levy stolperte über Gestrüpp.
    Er hatte die Zeit völlig vergessen, hatte sich in seiner Imagination viel zu lange herumgetrieben und die fortschreitenden Abendstunden völlig verpasst. Er musste mit seinen Gedanken mindestens zwei Stunden unterwegs gewesen sein.
    Zu seiner Linken sah er entfernt Straßenbeleuchtung. Er machte sich auf den Weg. Ein Taxi würde ihn zurückbringen. Und zwar

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