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Und ewig seid ihr mein

Und ewig seid ihr mein

Titel: Und ewig seid ihr mein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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mit dem Klienten und der Gruppe Lösungsansätze, um bestehende Verstrickungen zu lösen. Die Methode ist allerdings umstritten.»
    «Frank de Meers Familienaufstellungen unterschieden sich nicht sonderlich von denen der anderen. Immer gibt es einen, dem man Vorwürfe macht. Nur bei Frank war die Intensität Besorgnis erregend. Er wurde außergewöhnlich aggressiv, ging auf die Stellvertreter los, drohte sie zu verletzen, wenn ihr Verhalten nicht seinen Vorstellungen entsprach.»
    «Wer stand im Mittelpunkt seiner Aggressionen?»
    «Sein jüngerer Bruder.»
    «Hat er dessen Namen jemals genannt?»
    «Sicher. Er hieß Ruben. Der blanke Hass spiegelte sich in seinem Verhalten wider», fuhr Safranski fort. «Er erstreckte sich von Ruben auch auf seine Mutter und deren Schwester. Wir mussten schließlich seine Aufstellungen vorzeitig abbrechen, da er nicht mehr zu beruhigen war. Es ging so weit, dass wir ihn aus der Gruppe nehmen und der Praxis verweisen mussten.»
    «Wie hat er darauf reagiert?»
    «Ich weiß es nicht mehr. Es war die Zeit, als ich mich auf mein Examen vorbereiten musste und keinen großen Kontakt mehr zur Praxis hatte. Dr.   Weingarten hätte mehr über ihn erzählen können.»
    «Können Sie mir seine Nummer geben? Ich würde gern mit ihm sprechen.»
    «Dr.   Weingarten lebt nicht mehr.»
    «Oh, das tut mir Leid. Woran ist er gestorben?»
    «Er hat abends die Praxis verlassen und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Seine Familie hat ihn vorletztes Jahr für tot erklären lassen.»
    «Gab es einen Grund, wieso Dr.   Weingarten verschwunden ist? Ich meine, einen Hinweis, wie einen Abschiedsbrief oder ein   … außereheliches Verhältnis.»
    «Keins von beiden. Dr.   Weingarten war bei seinem Verschwinden fünfundsechzig Jahre alt. Weder war er dafür bekannt, dass er eine Vorliebe für eine einsame Insel noch für eine Geliebte hatte.»
    «Wissen Sie, was aus Frank de Meer geworden ist?»
    «Ich hörte auf einem Therapeutenkongress, dass de Meer erfolgreich behandelt worden sein soll und sich dann selbst der Psychologie zugewandt hat.»
    «Praktiziert er?»
    «Das weiß ich nicht. Doch er hat vor Jahren in einem Fachblatt mal etwas über Gewaltverbrecher und deren Therapierbarkeit veröffentlicht. Eines seiner Studienobjekte war der berüchtigte Schlitzer von der Ems, Wilhelm Kolber.»
    Kolber, dachte Levy, ja, auch er kannte ihn. Er hatte ihn im Zuge seiner Forschungsarbeit in Eickelborn, Europas größter Justizvollzugsanstalt für psychisch kranke Gewaltverbrecher, interviewt – so wie es nahezu alle Kollegen in der psychiatrischen Forensik taten. Kolber war ein Musterexemplar der Nichttherapierbarkeit. Er war einer derjenigen Serienmörder, die ihre Taten im Nachhinein nicht bereuten und sich vehement gegen die lebenslange Sicherheitsverwahrung nach Ablauf ihrer Strafe wehrten. Er war der Meinung,dass die Gesellschaft ihm zu Dank verpflichtet sei, weil er sie von den Huren befreit habe.
    «Meinen Sie, dass Kolber mir etwas zu Frank de Meer sagen kann?»
    «Es ist einen Versuch wert.»

17
    Hortensia Michaelis stand im Nachthemd im Bad und putzte sich die Zähne. Sie wollte so schnell wie möglich diesen Tag vergessen. Das Gespräch beim Polizeipräsidenten hatte bis halb neun gedauert.
    Morgen würde sie ein Tag erwarten, an dem sie die Anweisungen ihres Chefs umzusetzen hatte. Und das hieß: Einen kompletten Bericht ausarbeiten, in dem detailliert festgehalten war, welche Spuren mit welchen Ergebnissen bisher bearbeitet worden waren.
    Anschließend galt es, einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, der Aufschluss über die nächsten Schritte gab, um endlich einen Ermittlungserfolg herbeizuführen.
    Der Polizeipräsident entließ sie nicht ohne den klaren und unmissverständlichen Hinweis, dass er bei Nichtbeachtung oder unzureichenden Vorschlägen zum weiteren Vorgehen den Fall jemand anderem übergeben werde. Der Bericht hatte in zwei Tagen fertig gestellt zu sein.
    «Verdammtes Arschloch», nuschelte sie zwischen Zahnbürste und Schaum. Sie spuckte aus. «Wie soll ich das schaffen, he?», blaffte sie ihr Spiegelbild an. Hätte sie nur früher reagiert und Levy gleich am ersten Tag rausgeschmissen, dann wäre sie gar nicht erst in diese Situation geraten. Und Demandt? Von ihm hatte sie auch mehr erwartet,als vor dem Telefon zu sitzen und darauf zu warten, dass der Mörder sich freiwillig stellte. Was dachten sich diese BK A-Psychos überhaupt? Glaubten die wirklich, dass es so einfach

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