Und ewig seid ihr mein
geschlafen zu haben.
«Irgendwelche Anrufe?», fragte er grimmig die Runde.
Alle bis auf Luansi wandten sich wieder ihrer Arbeit zu.
«Von jemand Bestimmtem?», antwortete er freundlich.
Demandt schaute ihn an. Abwägend, ob er nicht verstandenhatte oder ihn ärgern wollte. «Was glauben Sie denn, auf welchen Anruf ich seit gestern warte?»
Der deutsch-holländische Verbindungsbeamte hatte sich tags zuvor nicht mehr gemeldet, obwohl Demandt ihn nochmals angerufen und um eine schnelle Bearbeitung seiner Anfrage gebeten hatte. Nun waren mehr als zwölf Stunden vergangen, ohne dass Demandt einen Hinweis auf den Verbleib Frank de Meers hatte. Er steckte fest und war auf Hilfe angewiesen. Beide Zustände konnte er nicht gut aushalten.
Luansi war nicht nach Streit zumute. Er schüttelte verneinend den Kopf und gab sich wieder seiner Arbeit hin.
Demandt ließ nicht locker. Es schien, als suche er einen Rammbock, an dem er seine Laune auslassen konnte. «Ist Hortensia schon im Haus?»
Keine Reaktion, keiner würdigte ihn eines Blickes. Demandt formulierte seine Frage neu. «Ist Frau Michaelis bereits zum Dienst erschienen?»
«Nein», antwortete Luansi, ohne den Blick zu heben.
«Weiß dann jemand, wo sie steckt?»
Kopfschütteln.
«Dann muss ich wohl selbst herausfinden, wo eure Vorgesetzte steckt.» Demandts Trotz motivierte sie nicht, genauso wenig, wie er jemanden zum Einlenken bewegte.
Er wählte ihre Nummer. Das Freizeichen erstreckte sich auf eine Minute. Dann das Handy. Nach dreißig Sekunden schaltete sich die Mailbox ein. Demandt gab auf.
Er schaute auf die Uhr. Acht Uhr zwanzig. Eigentlich war das überhaupt nicht ihre Art, zu spät zu kommen, sie war die Erste, die morgens zum Dienst erschien.
«Hat sie sich vielleicht krankgemeldet?», fragte er ein letztes Mal um eine klärende Antwort bemüht.
«Uns liegen keine derartigen Informationen vor», antworteteLuansi im Stil eines seelenlosen Beamtendeutsch. Naima und Alexej verbissen sich ein Grinsen. Kurz trafen sich ihre Blicke, wanderten dann zu Luansi, dem sie Humor in dieser Situation gar nicht zugetraut hatten.
Demandt spürte die schlechte Stimmung im Raum. Sie war sein Echo. Kurz stellte sich etwas wie Einsicht bei ihm ein, wurde aber schnell durch Unmut überdeckt. «Ihr könnt mich mal», knurrte er.
Aus dem Speicher des Telefonapparats holte er eine Nummer und bestätigte. Noch bevor der Angerufene sich melden konnte, überfuhr ihn Demandt mit einem Vorwurf. «Wie lange muss ich denn noch auf deinen Rückruf warten?»
«Hör zu, Sven, ich bin an der Sache dran. Doch ich kann nicht zaubern. Gedulde dich ein wenig.»
«Zeit ist ungefähr das Letzte, was ich habe. Wo liegt das Problem?»
«Dass ich nicht alle Informationen zusammenhabe. Und außerdem: Heißt dein gesuchter Mann nun Frank oder Ruben? Sind das zwei Brüder oder nur eine Person?»
«Frank, verdammt», fuhr Demandt ihn an. Jetzt ging das wieder los. Kein Wunder, dass er seit gestern auf eine Antwort wartete, wenn der Kollege noch nicht einmal den Namen richtig notiert hatte.
«Bist du sicher?»
«Ja.»
«Ich meine, bist du sicher, dass es sich tatsächlich um zwei Personen handelt und nicht nur um eine?»
«Wieso fragst du?»
«Weil es mein Kontaktmann unter den beiden Namen probiert hat. Und bei Ruben ist es noch schwieriger, an Informationen zu kommen. Es schaut fast so aus, als sei der überhaupt nicht existent.»
«Wie meinst du das?»
«Aus den holländischen Registern ist sein Name vor über dreißig Jahren verschwunden.»
«Kein Wunder, er wurde auch adoptiert.»
«Selbst dann müsste ein Vermerk da sein. Ein Hinweis auf die neue Familie, den Namen, den er angenommen hat, die Anschrift und so weiter. Es schaut aber so aus, als sei er verstorben oder habe das Land verlassen. Aber selbst dafür gibt es keine Belege, weder Sterbeurkunde noch Adoptionsschein oder Pass. Dieser Ruben hat sich einfach in Luft aufgelöst. Seine Akte ist verschwunden. Jemand muss sie mitgenommen, ausgeliehen oder verlegt haben.»
«Verstehe ich nicht. Wenn eine Akte entnommen wird, dann wird das doch vermerkt. In Deutschland zumindest.»
Allmählich wurde die Verbindung zwischen Frank und Ruben, die sowohl Nils Jouwer als auch Dr. Renden betont hatten, äußerst augenfällig. An Frank war ohne Ruben nicht heranzukommen. Beider Schicksal war bis über die Trennung im Waisenhaus hinaus miteinander verknüpft.
«Es ist nicht so, dass sie noch vor zwei Tagen da war und jetzt
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