Und ewig seid ihr mein
Frank uns seine Gegenwartsfamilie oder die Herkunftsfamilie zeigen will.»
Thijs wandte sich Frank zu.
«Die Familie, aus der ich stamme», antwortete Frank. «Die Gegenwartsfamilie kann ich nicht …»
«Stopp», unterbrach Thijs barsch, «ich will nicht mehr wissen. Wir beginnen mit dem engsten Familienkreis. Also Eltern, Geschwister und sehr nahe stehende Verwandte. Frank, wähl nun die Stellvertreter für sie aus. Achte nicht auf Kleidung oder Aussehen bei den Leuten aus der Gruppe. Das ist unwichtig. Lediglich das Geschlecht muss stimmen. Für deinen Vater wählst du einen Mann aus der Gruppe, für deine Mutter eine Frau. Denk nicht so viel darüber nach. Lass dein Gefühl sprechen. Platziere die Stellvertreter im Raum so, wie du die jeweiligen Familienmitglieder in ihrem Verhältnis zu den anderen siehst.
Und noch ein Wort zu den Stellvertretern: Wenn Frank euch platziert, achtet auf euer Gefühl, auf die Veränderungen, die sich in eurer Befindlichkeit einstellen – wenn euer Herz schneller schlägt, ihr zu Boden schauen wollt oder ihr euch schwer oder leicht, wütend oder traurig fühlt. Das ist wichtig. Lasst die Bilder zu, die auftauchen, achtet auf die inneren Geräusche und Worte, wenn sie sich euch aufdrängen.»
Thijs trat zurück, überließ Frank die weitere Aktion.
Frank erhob sich, stellte sich vor die Gruppe. Eine Frau fiel ihm auf, die ihn erwartungsvoll anschaute. Sollte sie seine Mutter sein?
Thijs unterbrach. «Frank, hör auf zu denken. Ich sehe, dass du abwägst. Handle spontan. Tu es. Jetzt!»
Frank fühlte sich gedrängt. Eigentlich wollte er seine Familie gut überlegt zusammenstellen. Viel zu oft war er in vorhergehenden Sitzungen bei anderen Therapeuten schon gescheitert. Dieses Mal sollte es klappen.
«Frank, wähle!», pfiff ihn Thijs an.
Frank ließ die Frau, die sich ihm aufgedrängt hatte, bleiben. Stattdessen wählte er einen Mann und führte ihn auf die noch leere Fläche vor der Gruppe. Er fasste ihn unsanft an die Schulter, stellte ihn inmitten des Raumes. Dann griff er sich eine Frau. Auch sie spürte die Gewalt in seinen Händen. Sie landete einen Schritt vor dem Mann. Als Nächstes wählte er seinen Bruder. Wer könnte diese Aufgabe übernehmen?
«Frank!», hörte er die Ermahnung.
Er packte einen jungen Mann aus der Gruppe am Arm, zerrte ihn vor die Mutter, stellte ihn aber aufrecht hin.
Zum Schluss standen die Tante, die Schwester seiner Mutter, und er selbst noch zur Wahl. Die Frau kam links hinten in die Ecke, sein eigener Stellvertreter rechts hinten.
«War es das?», fragte Thijs.
Frank nickte und setzte sich zurück in die Gruppe. Thijs gab den Stellvertretern und Frank nun Zeit, die Aufstellung auf sich wirken zu lassen.
Als Erster reagierte der junge Mann, den Frank für seinen Bruder ausgewählt hatte. Er schaute um sich, sah sich in dieser für ihn fremden Familie exponiert.
«Irgendwie mag ich das gar nicht», sagte er.
«Was genau?», fragte Thijs.
«Ich stehe allen voran. Ich mag das nicht.»
In Frank begann Unmut über die Äußerung aufzukommen. «Unsinn. Natürlich fühlst du dich gut. Du genießt es sogar, an der Spitze der Familie zu stehen. Dabei bin ich der Ältere von uns beiden.»
«Frank, sei still», fuhr Thijs dazwischen. «Du kannst dich später dazu äußern. Jetzt sind die Stellvertreter dran.»
«Aber …»
«Halt die Klappe!»
Die Frau, die hinten links Franks Tante mimte, begann plötzlich zu weinen.
«Was ist mit dir?», fragte Thijs.
«Ich möchte hier nicht stehen», schluchzte sie.
«Sondern?», fragte Thijs.
«Ich will zu meiner Schwester und meinem Schwager da vorne.»
«Das hat sie nie gewollt», protestierte Frank. «Im Gegenteil, sie hat alles dafür getan, etwas Besonderes zu sein. Sie ist eine verschlagene, hinterlistige Schlampe.»
«Frank», rief Thijs ihn zur Ordnung, «hör endlich auf damit. Hör und sieh dir an, was die Stellvertreter über dich und deine Familie sagen.»
Doch Frank war nicht mehr zu bremsen. Er stand auf, ging auf den Stellvertreter seines Bruders zu und warf ihn zu Boden. «Was soll der ganze Mist?! Ich gehöre hier hin. Und die anderen …»
«Schluss», schritt Thijs ein. «Wir brechen hier ab. Frank, komm mit mir.»
19
Die Tür fiel laut ins Schloss. Luansi, Falk, Alexej und Naima blickten hoch. Ein sichtlich mürrischer Sven Demandt überwand mit hastigen Schritten die zehn Meter zu seinem Schreibtisch. Er sah nicht gut aus, schien die letzte Nacht wenig
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