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Und Finsternis wird kommen

Und Finsternis wird kommen

Titel: Und Finsternis wird kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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verstehen. Wie sie aus den Forschungsberichten der Hawkin-Expedition wußte, hatten die Einwohner dieses Planeten die Fähigkeit, ihr Bewußtsein völlig von allen körperlichen Funktionen loszulösen und ungestört in eine meditative Periode zu versinken, die mehrere Tage dauerte. Die Hawkin-Bewohner empfanden diese Periode als sehr angenehm, manchmal geradezu als notwendig. Bis jetzt konnte leider kein Erdenmensch sagen, wie diese Meditation zustande kam.
    Auf der anderen Seite war es bisher auch noch nicht möglich gewesen, den Hawkin-Bewohnern oder anderen extraterrestrischen Wesen zu erklären, was Schlaf ist. Was die Erdenmenschen Schlaf oder Traum nennen, würden die Hawkin-Bewohner als ein alarmierendes Vorzeichen geistigen Verfalls betrachten.
    Wieder ein Beispiel für die Einzigartigkeit der Erdenmenschen, dachte Rose unbehaglich.
    Tholan trat zurück, dann ließ er seinen Körper nach vorn sinken, so daß seine oberen Gliedmaßen zum höflichen Abschiedsgruß den Boden streiften. Drake nickte ihm kurz zu, und der Hawkin-Bewohner verschwand um die Biegung des Korridors. Sie hörten, wie die Tür seines Zimmers sich öffnete und wieder schloß, dann herrschte Stille.
     
    Nach Minuten, in denen das Schweigen zwischen ihnen immer dichter wurde, knarrte Drakes Stuhl, als er nervös die Beine übereinanderschlug. Mit leisem Schrecken sah Rose, daß seine Lippen blutiggebissen waren. Er hat Sorgen, dachte sie. Ich muß mit ihm sprechen. Ich kann nicht zulassen, daß das so weitergeht.
    »Drake!« sagte sie.
    Drake sah sie an, und er schien aus weiter Ferne zurückzukehren.
    »Was ist? Bist du auch schon müde?«
    »Nein, ich fange erst an. Gestern hast du von morgen gesprochen. Willst du nicht jetzt mit mir reden?«
    »Wie bitte?«
    »Gestern nacht sagtest du, du würdest morgen mit mir sprechen. Ich bin bereit.«
    Drake runzelte die Stirn, und Rose fühlte, wie ihre Entschlossenheit sie zu verlassen drohte.
    »Ich dachte, wir hätten ausgemacht, daß du mir über meine beruflichen Angelegenheiten keine Fragen stellst. Zumindest was diese Angelegenheit betrifft.«
    »Das geht jetzt nicht mehr. Ich weiß mittlerweile zu viel von dieser Angelegenheit.«
    »Was meinst du?« rief er und sprang auf. Er unterdrückte seine Erregung, trat zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Was meinst du?« wiederholte er mit leiser Stimme.
    Rose hielt den Kopf gesenkt und betrachtete ihre Hände, die schlaff in ihrem Schoß lagen. Geduldig ertrug sie den schmerzhaften Druck seiner Finger, die sich in ihre Schultern gruben, und sagte langsam: »Dr. Tholan glaubt, daß die Erde die tödliche Hemmung absichtlich in der Galaxis verbreitet, nicht wahr?«
    Sie wartete. Langsam lockerte sich sein Griff. Dann stand er da, und seine Arme hingen zu beiden Seiten kraftlos herab. Sein Gesicht sah verwirrt und unglücklich aus.
    »Woher weißt du das?«
    »Ist es wahr?«
    Atemlos erwiderte er: »Ich will genau wissen, warum du das sagst. Halt mich nicht zum Narren, Rose. Ich warne dich ein- für allemal.«
    »Wenn ich es dir sage, wirst du dann meine Frage beantworten?«
    »Welche Frage?«
    »Ob die Erde diese Krankheit absichtlich verbreitet.«
    Drake warf die Arme hoch.
    »Ach, du lieber Himmel!« Dann kniete er vor ihr nieder, nahm ihre Hände in die seinen, und sie fühlte, wie er zitterte. Er zwang sich, seine Stimme sanft und einschmeichelnd klingen zu lassen.
    »Rose, Liebes, sieh mal, du hast irgendein heißes Eisen am verkehrten Ende angepackt, und jetzt glaubst du, du kannst es als Waffe gegen mich in einem kleinen Ehekrach verwenden. Ich frage gar nicht viel. Ich will nur wissen, wieso du dazu kommst zu sagen – nun, das, was du gesagt hast.« Sein Gesicht war ernst.
    »Ich war heute nachmittag in der medizinischen Akademie und habe da ein bißchen gelesen.«
    »Warum? Was brachte dich auf diese Idee?«
    »Erstens hast du dich so außerordentlich für die tödliche Hemmung interessiert. Und zweitens machte Dr. Tholan eine Andeutung, daß sich die Todesfälle seit Beginn der interstellaren Reisen vermehrt hätten, besonders auf dem Planeten, der der Erde am nächsten liegt.«
    »Und was hast du gelesen?«
    »Ich fand Dr. Tholans Behauptungen bestätigt«, erwiderte Rose. »Ich konnte die Berichte über die Forschungen der letzten Jahrzehnte natürlich nur überfliegen. Aber es schien mir offensichtlich, daß zumindest einige der Einwohner vom Hawkin-Planeten die Möglichkeit in Erwägung ziehen, daß der Ursprung der

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