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Und Finsternis wird kommen

Und Finsternis wird kommen

Titel: Und Finsternis wird kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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›Drake‹ überschrieben war, trug sie die Frage ein: ›Warum mißtraut Drake Harg Tholan?‹ und darunter setzte sie einen Pfeil, der in die andere Spalte wies.
    Dort hatte sie bereits brauchbare Erklärungen eingetragen. Wenn die Erde die tödliche Hemmung verbreitete oder wenn die Erde wußte, daß sie einer solchen Tat verdächtigt wurde, dann bereitete sie sich sicher auf. eventuelle Vergeltungsmaßnahmen von seiten der fremden Rassen vor. Das bedeutete, daß man sich bereits mitten im Vorspiel zum ersten interstellaren Krieg der Geschichte befand. Das war eine angemessene, wenn auch schreckliche Erklärung.
    Und dann erhob sich eine zweite Frage, die sie nicht beantworten konnte. Langsam schrieb sie: »Was verursachte Drakes Reaktion auf Tholans Worte: ›Sie sind wirklich eine sehr charmante Wirtin?«
     
    Sie versuchte, sich die Szene genau in die Erinnerung zurückzurufen. Der Hawkin-Bewohner hatte das ganz harmlos, beiläufig und höflich gesagt. Und Drake war erstarrt. Immer wieder hatte sie diese Worte auf dem Tonband abgehört. Ein Erdenmann könnte das in genau demselben Ton gesagt haben, nachdem er routinemäßig eine Cocktailparty absolviert hatte. Das Tonband zeigte ihr Drakes Gesicht nicht. Sie konnte sich lediglich daran erinnern. Drakes Augen waren voll Furcht und Haß gewesen. Und er war doch ein Mann, der sich vor nichts fürchtete. Was lag so Schreckliches in dem Satz: ›Sie sind wirklich eine charmante Wirtin?‹ Was konnte ihn so in Erregung versetzt haben? Eifersucht? Das war absurd. Oder das Gefühl, Tholan könnte es sarkastisch gemeint haben? Vielleicht, aber das war unwahrscheinlich. Sie war sicher, daß Tholan es ernst gemeint hatte.
    Sie gab es auf und setzte ein großes Fragezeichen unter diese zweite Frage. Jetzt standen zwei solcher Fragezeichen auf dem Blatt Papier, eines in der Spalte ›Harg Tholan‹, eines in der Spalte ›Drake‹. Gab es eine Verbindung zwischen Tholans Interesse für den Vermißtensuchdienst und Drakes Reaktion auf Tholans höfliche Phrase? Sie konnte es sich nicht vorstellen.
    Sie legte den Kopf auf die Arme. Es wurde dunkel in ihrem Arbeitszimmer, und sie war sehr müde. Eine Zeitlang mußte sie in dem wunderlichen Land zwischen Wachen und Schlaf umhergetappt sein. Die Gedanken verloren die Kontrolle des Bewußtseins und irrten ziellos und unwirklich durch den Kopf. Aber gleichgültig, wohin sie auch tanzten, sie kehrten immer wieder zu dem einen Satz zurück: »Sie sind wirklich eine charmante Wirtin.‹ Manchmal hörte sie die Worte von der kultivierten, leblosen Stimme Tholans ausgesprochen, manchmal sagte sie Drake, zart und einschmeichelnd. Wenn Drake den Satz aussprach, dann klang er sehr liebevoll. Noch nie hatte er so liebevoll mit ihr gesprochen. Lächelnd lauschte sie, und sie mochte den Klang seiner Stimme.
    Sie zwang sich, aufzuwachen. Jetzt war es schon ganz dunkel in ihrem Zimmer, und sie knipste die Schreibtischlampe an. Sie blinzelte, dann runzelte sie ein wenig die Stirn. Ein anderer Gedanke mußte ihr in diesem Halbschlaf gekommen sein. Da war doch noch ein anderer Satz, der Drake in Erregung versetzt hatte. Aber welcher? Angestrengt dachte sie nach. Es war nicht am letzten Abend gewesen. Der Satz war nicht in der Tonbandaufzeichnung zu hören gewesen, also mußte er vorher gesagt worden sein. Aber er fiel ihr nicht ein, und sie wurde unruhig.
    Sie blickte auf ihre Armbanduhr und erschrak. Es war fast acht Uhr. Sicher wurde sie zu Hause schon erwartet.
    Aber sie wollte nicht nach Hause. Sie wollte weder Drake noch Tholan sehen. Langsam zerriß sie das Blatt Papier, auf dem sie die Gedanken des heutigen Nachmittags notiert hatte, in kleine Stücke und ließ sie in den kleinen Atomblitz-Aschenbecher auf ihrem Schreibtisch flattern. Sie verschwanden in einer Flamme, und nichts blieb von ihnen übrig.
    Wenn nur auch von den Gedanken selbst nichts übrigbliebe!
    Es nützte nichts. Sie mußte nach Hause.
     
    Sie hatten sie noch nicht erwartet. Gerade als Roses U-Bahn-Kabine aus der Tiefe tauchte, sah sie die beiden aus einem Gyro-Auto steigen. Der Fahrer starrte eine Weile hinter seinen Fahrgästen her, dann glitt der Wagen davon. In schweigendem Einverständnis warteten die drei, bis die Tür des Apartments sich hinter ihnen geschlossen hatte, bevor sie zu sprechen begannen.
    »Ich hoffe, Sie waren mit dem heutigen Tag zufrieden, Dr. Tholan«, sagte Rose uninteressiert.
    »Sehr. Es war ebenso faszinierend wie ergiebig.«
    »Haben Sie

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