Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
auch nicht. Aber das hat dich scheinbar bislang nicht davon abgehalten, es trotzdem zu tun», antworte ich herausfordernd.
«Ist ja jetzt auch egal», sagt Abel. «Gestern war ich jedenfalls dermaßen auf das Pokerspiel konzentriert, dass ich mir nicht auch noch euer Gespräch anhören konnte. Ihr wart also ganz unter euch. Ich weiß von nichts.»
«Interessant», sage ich in übertriebenem Tonfall und lehne mich zurück.
«Was ist interessant ?», fragt Abel argwöhnisch.
«Dass dich deine Fähigkeiten immer genau dann im Stich lassen, wenn es dir in den Kram passt.»
Abel verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich eine Weile.
«Ich kann ja mal raten, was Christian dir gesagt hat», schlägt er vor und sieht mich provozierend an.
Ich mache eine einladende Handbewegung. «Bitte. Ich bin gespannt.»
«Gut. Die Kurzfassung der Theorie meines Sohnes lautet: Ich bin ein Scharlatan. Wahlweise ein Zyniker, ein Mann, der nicht erwachsen werden will, oder auch: der ewige Clown. Es macht mir also einfach Spaß, die Welt zum Narren zu halten.»
Sein Gesicht fragt: Na? Habe ich recht? Ich nicke, und er fährt fort: «Alles, was ich tue, ist fauler Zauber. Ein bisschen Illusion, ein bisschen Artistik, vielleicht sogar ein bisschen Psychologie. Wer weiß das schon? Jedenfalls lassen sich meine angeblichen Wundertaten problemlos rational erklären. Kurzum: Ein paar Zauberkunststückchen sind kein Beweis dafür, dass ich tatsächlich Gott bin. Dieser Beweis steht noch aus, und das seit mehr als zwei Jahrzehnten, obwohl ich ihn sehr leicht liefern können müsste, wenn ich wirklich derjenige wäre, der ich zu sein behaupte.»
«Beeindruckend», sage ich. «Klingt ja fast so, als hättest du doch unsere Gedanken gelesen.»
«Hat Christian dir auch gesagt, warum ich das seltsame Hobby habe, ständig die Welt an der Nase herumzuführen?»
«Nein», erwidere ich. «Aber das ist auch nicht nötig. Wenn man unterstellt, dass du nicht Gott bist, sondern ein Mensch mit psychischen Problemen, dann kann man zu dem Schluss kommen, dass du Angst vor dem Verlust der eigenen Identität hast, manipulatives Verhalten an den Tag legst und beziehungsgestört bist.»
«Oh. Das hört sich nicht gesund an», sagt Abel, sichtlich amüsiert.
«Ist es auch nicht», entgegne ich. «Die Symptome deuten auf eine Borderline-Störung oder auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hin.»
Der Anflug von Heiterkeit verschwindet aus Abels Gesicht. Er greift nach seiner Tasse und nimmt einen Schluck, während er nachdenklich in die fast unwirklich schöne Winterlandschaft blickt, die draußen vorbeizieht. «Das heißt also, du glaubst ihm. Und mir glaubst du nicht.»
«Es ist viel verlangt, an einen Gott zu glauben, der …» Ich überlege, wie ich Abel schonend beibringen kann, dass er keinen sehr überzeugenden Herrscher über Leben und Tod abgibt.
«… der so ist wie ich?», sagt Abel.
Mein Schweigen bestätigt seine Vermutung. Er blickt wieder hinaus in die Winteridylle und wirkt ratlos.
«Warum hast du Christian eigentlich nie einen schlagenden Beweis dafür geliefert, dass du Gott bist?», frage ich in versöhnlichem Tonfall.
Er sieht mich forschend an. «Geht es dir wirklich um Christian, oder hättest du gern ganz persönlich einen Gottesbeweis?»
Ich zucke mit den Schultern. «Eigentlich geht es doch nur darum, dass es eine Menge ungeklärter Fragen gibt», sage ich diplomatisch.
«Ach ja? Welche denn, zum Beispiel?»
«Zum Beispiel die, warum du nicht einfach ein paar Casinos sprengst, wenn du es kannst. Mit dem Geld könnte man viel Gutes tun, und selbst dein kritischer Sohn müsste zugeben, dass so was nicht mit ein bisschen Zirkuszauberei zu bewerkstelligen ist.»
«Gestern habe ich doch eine hübsche Summe dagelassen», erwidert Abel.
«Das war also auch eine von deinen Barabhebungen in der Spielbank?»
Abel nickt.
«Wenn das wirklich so leicht für dich ist, warum machst du es dann nicht im großen Stil? Mit viel Geld kann man auch viel bewegen.» Ich rechne nicht damit, dass Abel mir verrät, woher das ganze Geld wirklich stammt, aber einen Versuch ist meine Provokation wert. Vielleicht gibt er wenigstens zu, dass seine Argumentation löchrig ist.
Er atmet tief durch. «Okay. Nehmen wir mal an, ich mache es. Was würde passieren? In jedem Fall hätte ich die Presse am Arsch. Man würde wissen wollen, wie ich es angestellt habe, ein Casino nach dem anderen leer zu räumen. Und wahrscheinlich würde sich
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