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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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ich das Display und stelle fest, dass man mehrere Perspektiven wählen kann, unter anderem eine, die zeigt, wer unmittelbar vor der Wohnungstür steht. Hat Jonas’ Verfolgerin es etwa irgendwie ins Haus geschafft? Und obendrein mitten in der Nacht? Beunruhigt drücke ich den entsprechenden Knopf.
    Ich erstarre. Im Display ist das fleischige Gesicht einer düster dreinblickenden Mittvierzigerin zu sehen, die obendrein einen gewaltbereiten Eindruck macht. Man sieht, dass sie gerade ihren Arm bewegt, dann ertönt wieder die Türglocke. Ich zucke zusammen. Die Frau vor der Tür erinnert nicht mal von ferne an Jonas’ bisherige Magermodel-Freundinnen. Sie wirkt eher wie eine osteuropäische Hammerwerferin. Neben ihm dürfte sie wie der Koloss von Rhodos aussehen. Kein Wunder, dass mein Bruder bei Nacht und Nebel vor dieser Naturgewalt das Weite gesucht hat. So ähnlich werde ich es jetzt auch machen und mich absolut still verhalten, bis sie gegangen ist.
    Ich verharre und fixiere das Display. Die Frau vor der Tür schaut starr in die Kamera. Man könnte meinen, wir würden uns ansehen. Nach einer gefühlten Ewigkeit lässt sie ihre massigen Schultern sinken und wendet sich ab. Erleichtert atme ich vorsichtig aus. In diesem Moment hält sie inne und dreht sich noch einmal um. Ihr Blick ist nun forschend, er scheint mich förmlich zu durchdringen. Sieht aus, als würde sie sagen wollen: Ich weiß, dass du da bist. Ich kann es fühlen. Ich kann deinen Atem spüren.
    Plötzlich haben ihre Augen einen entschlossenen Ausdruck. Sie wendet sich ab und verschwindet aus dem Blickfeld der Kamera. Ich will schon aufatmen, da sehe ich dunkle Schemen über den Hausflur huschen. Im nächsten Moment ist das Krachen und Splittern von Holz zu hören. Die Eingangstür fliegt mir entgegen und schleudert mich gegen die Garderobenwand, wo ein einsamer Mantel meinen Aufprall nur unwesentlich abmildert. Im gleichen Moment schießt mir ein Schwall Blut aus der Nase, während vier schwarz vermummte und schwerbewaffnete SEK-Männer in die Wohnung stürmen und sie rasch zu durchsuchen beginnen.
    Dann taucht auch Jonas’ vermeintliche Geliebte auf. Sie schreitet gelassen durch die geborstene Eingangstür, sieht mein lädiertes Gesicht und zieht ein Funkgerät hervor. «Alles klar. Wir haben ihn. Er lebt, hat aber ein bisschen was auf die Nase gekriegt. Schickt den Arzt hoch. Danke. Ende.»
    Nebenan ist eine Maschinengewehrsalve zu hören. Dann taucht einer der SEK-Beamten auf und wirft der Frau meine Reisetasche und den Kleiderbeutel vor die Füße.
    «Die Wohnung ist sauber», sagt er zu ihr und wendet sich danach an mich: «Entschuldigung, einer meiner Männer ist heute etwas nervös, weil er bald Vater wird. Er hat aus Versehen auf Ihr Mammut geschossen.»
    Ich signalisiere mit einem Nicken, dass ich es nicht krummnehme.
    Die Frau deutet auf mein Gepäck. «Wollten Sie etwa verreisen?», fragt sie süffisant, zieht einen Ausweis hervor und hält ihn in die Höhe. «Jutta Kroll, Hauptkommissarin. Ich leite diesen Fall.» Sie greift erneut in ihre Tasche und zeigt mir ein Schreiben, bevor sie es auf die Anrichte legt. «Das ist der Durchsuchungsbeschluss. Wir interessieren uns nur für Papiere und Bargeld. Möchten Sie kooperieren?»
    Ich schüttele andeutungsweise den Kopf, weil ich gerade damit beschäftigt bin, nicht an meinem eigenen Blut zu ersticken.
    «Habe ich mir fast gedacht», erwidert Hauptkommissarin Kroll. «Wie dem auch sei, Sie müssen sowieso mitkommen.» Sie zieht ein weiteres Blatt Papier aus der Tasche und liest vor: «Jonas Jakobi, ich verhafte Sie hiermit wegen Urkundenfälschung, Untreue, Betrug, Kursmanipulation, Bilanzfälschung und Einbruch in bankinterne Informationssysteme zwecks Abwicklung unautorisierter Handelsgeschäfte.»
    Ich muss laut lachen. Dann wird mir schwarz vor Augen.
    Ich erwache in einem Krankenwagen und erkenne den schlaksigen Typen wieder, der mich um Haaresbreite bei meiner letzten Nasen-OP ins Jenseits befördert hätte. Dr. Kessels, wenn ich mich recht entsinne.
    «Wie spät ist es?», will ich wissen.
    «So gegen halb drei», antwortet er. «Sie waren nur kurz ohnmächtig. Wie fühlen Sie sich?»
    «Okay», sage ich und versuche zu ertasten, ob meine Nase noch an ihrem Platz ist. Dabei spüre ich, dass der Arzt mir Tampons in die Nasenlöcher gestopft hat.
    «Sieht schlimmer aus, als es ist. Diesmal hat Ihre Nase ausnahmsweise mal nichts abgekriegt. Ich vermute, der Schreck hat die Blutung

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