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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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kombiniere, dass sie keine Polizistin sein kann, wenn sie nicht weiß, dass Jonas längst abgehauen ist.
    «Er musste plötzlich verreisen», erkläre ich und füge vage hinzu: «Wird wohl für länger sein.»
    «Verstehe», sagt sie gedehnt und überlegt.
    Ich ziehe die Tür hinter mir ins Schloss, denn da ich nun wohl doch nicht verhaftet werde, würde ich mich gerne aus dem Staub machen, bevor ich mein Glück überstrapaziere.
    «Sie sind sein Bruder, oder?» Diesmal klingt es eher wie eine Feststellung. «Ich finde, Sie sehen ihm sehr ähnlich.»
    «Darf ich fragen, wer das wissen will?»
    «Oh, Entschuldigung. Ich bin Hanna Kaufmann. Jonas und ich, wir kennen uns aus der Bank.» Sie wirkt verlegen.
    «Sie sind mit ihm befreundet», rate ich.
    «Wir …» Sie atmet tief durch. «Nein. Um ehrlich zu sein: Wir haben eine Affäre. Oder besser gesagt: Wir hatten.»
    Schlagartig wird mir klar, dass ich vor der Frau des Vorstandsvorsitzenden stehe. Jonas’ Geliebte ist also keine Erfindung. Wobei sie nicht den Eindruck macht, eine Stalkerin zu sein. In dieser Hinsicht hat mein Bruder wahrscheinlich wieder mal übertrieben, um glaubhaft zu machen, dass er wegen dieser Frau das Land verlassen muss.
    Egal, nicht mein Bier. Ich beschließe, sie abzuwimmeln. «Wie gesagt, mein Bruder ist nicht da. Ich habe gerade nur ein paar private Dinge aus der Wohnung geholt. Leider kann ich Ihnen also nicht helfen.»
    Ich gehe an ihr vorbei, und weil ich nicht in ein Gespräch verwickelt werden will, während ich auf den Fahrstuhl warte, steuere ich die Treppe an.
    «Sie wissen nicht zufällig, wo ich ihn finden kann?»
    «Nein. Bedauere», lüge ich. «Er hat seine Zelte hier komplett abgebrochen. Ich glaube, er will eine Weltreise machen oder so.»
    «Er hat Probleme, nicht wahr?» Sie sagt es schnell und leise.
    «Keine Ahnung. Das müssen Sie ihn schon selbst fragen.»
    «Würde ich ja gern, aber ich kann ihn nicht erreichen.»
    Kein Wunder. Jonas’ Handy hat die Polizei einkassiert. Er war natürlich klug genug, es nicht mitzunehmen.
    Ich ziehe die Schultern hoch. «Wie gesagt: Tut mir leid.»
    Ich wende mich wieder ab, doch sie will mich noch nicht gehen lassen. «Sie könnten ihm nicht zufällig eine Nachricht übermitteln?» In ihren Augen ist Verzweiflung zu sehen. «Es würde mir viel bedeuten. Sehr viel.»
    «Ich habe auch gerade keinen Kontakt zu ihm», sage ich. «Aber falls er anruft, kann ich ihm selbstverständlich etwas ausrichten. Ich weiß nur nicht, wann das sein wird. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht einmal, ob er mich überhaupt anruft.»
    «Sie scheinen meine einzige Chance zu sein», stellt sie fest und lächelt unsicher. Sie hat ein hübsches Lächeln. «Also muss ich es wohl darauf ankommen lassen, oder?»
    «Okay. Was soll ich ihm denn ausrichten?»
    «Dass ich schwanger bin.»
    Mein Bruder sammelt also gerade Probleme wie andere Leute Rabattmarken, denke ich.
    «Ich erwarte nichts von Jonas, nur damit das klar ist», fährt sie fort. «Überhaupt gar nichts. Ich spekuliere nicht einmal darauf, dass er sich meldet. Aber er soll wissen, dass er Vater wird. Ich möchte mir später nicht vorwerfen lassen, dass ich es ihm verschwiegen habe.»
    Ich bin erstaunt, dass sie so ruhig bleibt. Was wird nun aus ihrer Ehe? Kann ihr Mann damit leben, dass seine Frau ein Kind von einem Angestellten erwartet, der obendrein die Bank ausgeplündert hat? Oder wird sie sich scheiden lassen und das Kind allein aufziehen?
    Ich könnte sie fragen, aber ich will nicht unhöflich sein. Die Sache geht mich nichts an. Ich nicke also und sage: «Ich werde es Jonas ausrichten, falls er sich meldet. Das verspreche ich Ihnen.»
    «Danke», erwidert sie, fischt glücklich eine Visitenkarte aus ihrem Mantel und reicht sie mir.
    Ich werfe einen flüchtigen Blick darauf. Es ist ihre Geschäftskarte.
    «Assistentin?», lese ich verwundert.
    «Ja. Ich bin seine Assistentin.»
    Interessant. «Und Sie sind nicht verheiratet, schätze ich.»
    «Nein.» Sie schüttelt den Kopf, dann stutzt sie. «Aber ich habe Jonas gleich zu Beginn unserer Liaison gesagt, dass ich seine Ehe nicht gefährden werde, falls Sie darauf anspielen. Ich weiß, dass er mit Annabel seine Jugendliebe geheiratet hat. Und ich weiß auch, dass sie sehr lange gelitten hat, weil sie keine Kinder bekommen kann, wegen dieses verdammten Gendefekts, den niemand erforscht, weil er so selten vorkommt.»
    Annabel? Jugendliebe? Gendefekt? Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass

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