... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
zwei Gründe, warum sich die Garagen im Silicon Valley zu solchen Brutstätten der Innovation entwickelten: Der eine ist das milde Klima, das es erlaubt, die Wagen im Freien zu parken, ohne fürchten zu müssen, sie am nächsten Morgen mit einer Eisschicht überzogen wiederzufinden. Die Autos draußen zu lassen, stellt also kein Problem dar. Im Winter kann man zum Arbeiten einfach einen Wärmestrahler in die Garage stellen. Ein weiterer Grund ist die Größe der Garagen, die meist für zwei große Autos gedacht sind und zusätzlich Platz für Waschmaschine und eine kleine Werkstatt bieten. Ohne Autos macht das mindestens 300 Square Feet, also Platz genug für ein Forschungslabor.
Die Garage meines Vaters in Nr. 1526 war sogar für Silicon-Valley-Standard legendär. Es gab kein Werkzeug, keine Schraube oder Vorrichtung, die man dort nicht hätte finden können.
Mein Bruder Chris machte sich immer darüber lustig, wenn irgendwer ein kaputtes Gerät oder ein Ersatzteil suchte: „Fragen wir doch Dad, er hat sicher irgendwo genau das aufgehoben, was jetzt fehlt“, und das stimmte.
Mein Vater war und ist noch immer ein Flohmarkt-Junkie. Was er bei privaten Flohmärkten und in Second-Hand-Läden wie Haltek auftrieb, erstaunte uns immer wieder, auch wenn es für meine Mutter Gerümpel war. Sie konnte die Schönheit und den Wert einer Schweizer Präzisionsdrehbank oder einer Hobelbank, die er für ein paar Dollar erstand, einfach nicht erkennen. Ehrlicherweise muss ich Mom auch Recht geben, denn vieles war im Grunde nur Ramsch, aber zumindest billiger.
Außer meiner Mutter schätzten alle Dads Talent, im Müll Gold zu sehen. In einem Berg alter Ausschussgeräte sah er die aufladbaren Batterien und wiederverwertbaren Schalter, die man abmontieren konnte. Ein Haufen Drähte verwandelte sich unter seinem Blick zur Lösung für besseren Fernsehempfang. Kurz gesagt, unsere Garage wurde in ein komplett ausgestattetes Labor umgewandelt, mit elektronischem Labortisch, Oszilloskopen, Messgeräten, mit Großmaschinenwerkzeugen und Schweizer Präzisionswerkzeugen, Versuchsklammern, Halterungen, Schachteln für Bauteile, mit Steckern, Saugnäpfen, Spulenwicklern und Unmengen von Kleinzeug. Dad fand auch irgendwie Platz, um für mich und meinen Bruder eine kleine Werkbank, voll ausgestattet mit Säge, Fräse, Schleifmaschine und Werkzeugen, einzurichten.
Das einzige, was man nie in dieser Garage von Nr. 1526 fand, war ein Auto. Unser alter Mercedes war ohnehin purpurn und hätte auch geschützt in einer Garage nicht besser ausgesehen. Er wurde kein einziges Mal in der Garage geparkt. Ich selber lernte dort mehr über Elektronik, Physik, Herstellung und Funktionsweise von Dingen als sonst irgendwo. Die Kinder aller dieser Ingenieure in Sunnyvale konnten nach Lust und Laune ihre eigenen Projekte entwerfen, bauen und testen. Wenn jemand ein tolles neues Spielzeug wollte, einen Wasserbomben- oder Raketenwerfer zum Beispiel, war es meist das Einfachste und Schnellste, es in der Garage selbst zu machen. In unmittelbarer Nachbarschaft baute Frank Fellenz (einer meiner späteren Ingenieure) explosive Kartoffelgewehre, Tennisballwerfer und jede Menge von Geräten, die irgendwelche Projektile in die Luft beförderten. Heute würden die Behörden einschreiten. Aber in den 1970ern war in Silicon Valley mit seinen offenen Obstgärten noch genug Platz für Chaos. Als es noch kein Toys‘R‘Us gab, war der schnellste Weg, zu etwas richtig Coolem zu kommen, es selbst zu bauen. Und das taten wir.
Modellflugzeuge mit Benzinmotor waren bei mir und Frank besonders beliebt, denn sobald sie explodierten (sie hatten nämlich diese frappierende Eigenschaft, Fingerspitzen wegzureißen, bevor sie von alleine wegflogen), konnten wir die Motoren herausnehmen und sie neu bauen.
Eine meiner ersten großen Erfindungen war es, den Benzinmotor aus dem Flugzeug zu entfernen und auf einem einfachen zweiachsigen Auto zu montieren, so dass es vorne angetrieben wurde. Das Problem war die fehlende Steuerung, wodurch die Autos nicht geradeaus fuhren. Eines Tages lösten sich die Vorderräder, es blieben nur die Hinterräder übrig, doch plötzlich fuhr das Ding eine kerzengerade Linie, das Vorderteil am Boden dahingleitend wie ein Ski. Perfekt! Wir rannten nach Hause und begannen neue Versionen dieses „Zugschlittens“ zu entwerfen, der nur Hinterräder hatte und einen einfachen Ski vorne. Das war genial. Bald bauten sie andere Kinder nach, und wir lieferten uns im
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