... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
diesem Rettungsschwimmerkurs. Später fand ich heraus, dass ich einer der jüngsten, wenn nicht sogar der jüngste geprüfte Rettungsschwimmer im Staate Kalifornien war. Ich empfand das als eine große Leistung. Ich war ein wirklich guter Schwimmer und hatte einen Vorteil. Da niemand im Wasser gut hören und Anweisungen befolgen kann, schrie der Trainer seine Kommandos ganz laut heraus und unterstrich sie mit lebhaften Gesten, die wir alle schwer verstanden. Aber ich konnte Lippenlesen und war im Gegensatz zu den anderen gewohnt, nonverbaler Sprache zu folgen. Deshalb hatte ich an diesen vier eisigen Wochenenden im Niemandsland durch meine Gehörschädigung einen Vorteil und bestand die Prüfung.
Die größte Belohnung war, dass ich als Camp Counsellor im YMCA -Sommer-Programm die besten Aufgaben bekam. Allerdings musste ich noch ein System entwickeln, wie ich meine Hörgeräte möglichst schnell entfernen konnte, bevor ich ins Wasser sprang. Also trug ich eine Kappe. Wenn ein Schwimmer Hilfe brauchte, nahm ich sie schnell ab, klappte die Ohrenschützer herunter, legte meine Hörgeräte hinein, warf sie so geschützt auf den Boden, und das alles in Sekundenschnelle, ohne den Schwimmer aus den Augen zu lassen.
Aufgrund meiner Tätigkeit als Rettungsschwimmer und Camp Counsellor beim YMCA engagierte ich mich dort wesentlich mehr als bei irgendwelchen Freizeitaktivitäten in der Schule. Die Homestead High School war „Home of the Mustangs“ und breitete sich auf einem großen Campus zwischen Homestead und Mary Avenue aus. Der Campus war ein ausgedehntes Netzwerk aus der besten Holzkonstruktion des Staates Kalifornien, und vor der Schule stand eine riesige Kalifornische Schwarzeiche.
Meine ehemalige Babysitterin Erin O’Connor begleitete mich zu meinem ersten Tag in der High School – meinem Freshman-Jahr. Trotz ihrer Bemühungen wurde ich von einer Gruppe älterer Schüler unter dem Anführer Joe Walker empfangen, die mich schnappten und kopfüber in eine Mülltonne steckten.
Dazu riefen sie: „Willkommen auf der Homestead High School! Anfänger! Anfänger! Freshman!“
Rückblickend muss ich sagen, dass ich immer ein auserwähltes Opfer älterer Burschen war, die mich schikanierten und boxten, und zwar wesentlich mehr als alle meine Freunde zusammen. Damals dachte ich, meine Behinderung wäre schuld daran. Jetzt denke ich, dass es gut war, denn Joe und die anderen älteren Jungs, die mich immer quälten, wussten, dass ich damit fertig würde. Es war ja nichts Neues für mich und beschränkte sich auch nicht auf die High School, sondern passierte überall, auch im Y und in der Kirchengruppe. Es machte offenbar Spaß, mich zu sekkieren, denn ich konnte einiges einstecken, zeigte Sportsgeist und wusste außerdem, dass ich es ihnen immer zurückzahlen konnte, sollten sie zu weit gehen. Ich war ein hochangesehenes Ziel, und nach einigen weiteren Kontakten mit dem Mülleimer kannte mich jeder in der Klasse. Eigentlich sollte ich Joe dankbar sein.
Ein Bonus der Homestead High School war, dass sie Sitz des HOH (Hard of Hearing)-Programms des Cupertino High School Districts war. Das bedeutete, dass alle tauben oder schwerhörigen Kinder einmal täglich eine spezielle Schulstunde hatten. Wir waren ungefähr zehn. Das erstaunte mich sehr, denn bis dahin hatte ich nur ein einziges anderes hörgeschädigtes Kind kennengelernt, nämlich Jeff, der in einem meiner Fußballteams spielte. Wahrscheinlich hätte sich eine Freundschaft entwickeln können, aber er wohnte weit weg in der Gegend des Ortega-Parks. Die Hälfte der Klasse war taub, die andere wie ich gehörgeschädigt.
Mr. Harvey Day war der Leiter des HOH -Programms. Sein Ziel war es, uns durch spezielle Hilfe zu unterstützen, sich auf Problemfelder zu konzentrieren und allgemein unsere Lese-, Schreib- und Sprechfertigkeit zu fördern. Wenn nötig, gab es auch besondere Berater für Sprechtraining und akute Probleme.
In dieser Klasse konnten ich und ein wunderschönes Mädchen namens Sharon am besten mit dem Gehörverlust umgehen. Sharon hatte sich schnell einer Clique von coolen Mädchen angeschlossen und sah so toll aus, dass jeder Bursche gerne über ihren Gehörverlust hinweggesehen hat. Im Gegensatz zu mir hatte Sharon aber eine starke Sprechbehinderung, rollte ihre Konsonanten und verwendete überhaupt kein T oder S, was eigentlich recht herzig wirkte. Außerdem war sie zu jedem überwältigend liebenswürdig.
Der Lebhafteste der Gruppe war „Disco
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