... und ich höre doch!: Ein technologisches Abenteuer zwischen Silicon Valley und den Alpen (German Edition)
die Zahlen, die du mir vor dem Experiment gegeben hast. Hier sind die richtigen Werte.“ Damit überreichte ich ihm die richtigen Daten.
„Keine Daten können je so sauber aussehen“, fuhr ich fort.
„Kommt es dir nicht absurd vor, immer ganze Zahlen zu erhalten? Ich habe nicht einmal einen Wert nach der Kommastelle. Das ist völlig falsch.“
Danach war Reuben nicht mehr sonderlich begeistert von mir. Ich stand vor dem Dilemma, dass die von ihm gewünschten Daten einfach nicht die echten waren. Seine Idee funktionierte nicht, also wäre die Lösung eigentlich gewesen, etwas Neues zu probieren. Stattdessen meinte Reuben, das Problem hätte etwas mit der Person zu tun, die die Daten erhoben hat, also kam er eines Tages ins Labor, setzte sich neben mich und beobachtete das Experiment. Konzentration war schwierig neben seinem nervösen Gebaren. Als die ersten Werte ungefähr meinen ursprünglichen Messungen entsprachen, sprang er auf und begann an meinem komplizierten Testaufbau herumzufummeln.
„Das kann nicht stimmen! Das müssen wir adjustieren ... Wie wär’s, wenn wir die Skala ändern ... und wir können diese Linie bewegen.“
Seine Hände flatterten über den Aufbau, und er begann wie wild irgendwelche Knöpfe zu drehen und Schalter umzulegen.
„Idiot“, sagte ich. „Das ist völlig gegen die Vorschriften, und jetzt ist alles falsch kalibriert und du bist auch völlig daneben. Du hast gerade die ganze Versuchsanordnung verändert.“
„Aber schau doch! Die Zahlen werden besser!“, schrie Reuben.
„Ja, weil du gerade die Skalen und Eingabewerte völlig verändert hast.“
„Ja, dann müssen wir das eben machen“, biss er sich fest.
„Wie bitte? Da hab ich eine bessere Idee. Nehmen wir die Daten einfach aus der Luft. Wissenschaftliches Forschen heißt doch nicht, die Geräte so lange zu manipulieren, bis sie zeigen, was du willst. Man baut sein Experiment auf, beobachtet und misst die erhaltenen Daten.“
Reuben schaute mir in die Augen.
„Also“, sagte er, „ich weiß, was ich tue, und diese Zahlen schauen viel besser aus als die Zahlen, die du erhalten hast.“
„Ja, nur dass das eben ein totaler Scheiß ist. Ich denke, wir sollten das Gerät testen, feiner abstimmen, wieder testen, solange bis wir es völlig verstehen, und dann verbessern“, schlug ich vor.
„Aber ich weiß ja schon, wie das geht!“, schrie er mich an.
Reuben war jung, und ich war noch jünger. Sagen wir einfach, dass wir uns nicht einigen konnten.
Damals war Dr. Goode im FDA -Rat und kannte sich sehr gut mit Biokompatibilität aus. Er wusste, welche Verkleidungen bei medizinischen Geräten verwendet werden durften und welche nicht. Reuben wollte den Magnetkörper der Ohrlinse mit einer aufgedampften Titanschicht verkleiden, eine neue Technik, von der er gelesen hatte. Eines Tages, als Dr. Goode, immerhin einer der weltweit führenden Experten für Hörgeräte, ins Labor kam, lieferte er sich mit Reuben ein dramatisches Schreiduell. Ich wollte den magnetischen Teil der Ohrlinse in einem Titanzylinder unterbringen, aber Reuben wollte unbedingt seine aufgedampfte Titanschicht. Er bestand darauf.
Dr. Goode erklärte ihm: „Reuben, ich sitze im FDA -Komitee. Wir haben gegen das Aufdampfen gestimmt, und wir werden es nicht genehmigen.“
Darauf Reuben: „Nein, Dr. Goode, da haben Sie nicht Recht. Es wurde genehmigt.“
„Reuben, ich bin in dem Komitee, also WEISS ich, dass es nicht genehmigt ist! Und es wird auch NIEMALS genehmigt werden!“
„Da irren Sie sich.“ Und so ging dieser Kampf der Meinungen endlos weiter.
Ich verfolgte diese Schlacht mit offenem Mund. Ein junger Ingenieur forderte eine Koryphäe, ein Mitglied des FDA -Ausschusses, auf seinem Spezialgebiet heraus. Ich wusste schon, dass Reuben nicht viel Hausverstand besaß, und offenbar konnte er nicht zurückstecken, auch wenn er eindeutig im Irrtum war.
Reuben schaute sich hilfesuchend zu mir um: „Geoff, sag ihm die Wahrheit.“
Ich dachte schnell an meine Karriere. „Eine aufgedampfte Verkleidung ist noch nie für medizinische Geräte verwendet worden und wird es wahrscheinlich auch nie werden. Ich denke, wir sollten lasergeschweißte Zylinder verwenden, Reuben“, sagte ich.
„Siehst du“, sagte Goode, „selbst der Kleine weiß das. Ich will es nicht mehr diskutieren.“
Nachdem Goode gegangen war, sagte Reuben zu mir: „Wir werden ein ernsthaftes Gespräch führen müssen.“
Mir gefiel das Ohrlinsen-Konzept, und ich war
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