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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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der Nähe von Manhattan angebaut werden. Produkte »direkt vom Erzeuger« sind das, Tomaten, die noch nach Tomaten schmecken, und Ziegenkäse aus dem Hudson-Tal, der tagelang den Kühlschrank verpestet. Man könnte sogar sagen, dass Anna zu den Gesundheitsfanatikern gehört, die auf dem Bauernmarkt mit den regionalen Erzeugnissen Schlange stehen, bei den Amish, die ihre Produkte direkt vermarkten. Über meine Ehe schreibe ich wenig, das ist mir bewusst. Ich schicke Dir hin und wieder Alltagsschnipsel, komme aber nicht zum Punkt. Das ist nichts Neues. Und Dich scheint es nicht zu stören, Emma, meine Liebe. Unsere Briefe werden von der Wirklichkeit nicht berührt, wir interessieren uns nicht für sie.
    Oder täusche ich mich?
    Federico
     
    P.S. Ich werde beim Post Office vorbeischauen, in der Hoffnung auf neue Worte von Dir. Fühl Dich schuldig, wenn ich keine vorfinde.
     
     
    Mailand, den 17. November 2002
Lust&Liebe
     
    Lieber Federico,
    Mattia schreibt E-Mails aus Sydney, einer Stadt, die ihm, wie er emphatisch erklärt, »die Pforten zum Erwachsenenalter aufreißt«. Meine Ziele für ihn sind weniger ehrgeizig: Er soll sich alleine zurechtfinden lernen, soll sein Schulenglisch endlich einmal
anwenden lernen und in einem weniger vollgestopften Land als dem unseren die Natur entdecken. Er macht Erfahrungen, die mir versagt waren, wenn man mal von dem Jahr in Freiburg absieht, diesem Alptraum. Ich habe es gehasst. Irgendwann muss ich Dir davon erzählen. Im Moment leide ich nicht unter Mattias Abwesenheit. Ich erlebe sie vielmehr als eine Art Extraurlaub. Michele ist überzeugt davon, dass ich mich ohne Mattia einsam fühle, aber er ist manchmal ja ein bisschen spießig. Er begreift nicht, dass man sich auch in einer Ehe allein fühlen kann.
    Ich werde mehr Zeit haben, um Dir zu schreiben, weil ich abends selten weggehe.
    Emma
     
    P.S. Jede Ähnlichkeit mit Ereignissen oder Personen ist reiner Zufall.
    New York, den 23. November 2002
11 th Street und 6 th Avenue
     
    Liebe Emma,
    aus unbändiger Sehnsucht nach Frankreich nehme ich bei French Roast einen Bissen zu mir. Die Atmosphäre ist fast französisch: Vor mir habe ich ein Pilz-Spinat-Omelette, ein Glas Wein und einen Prospekt von Maison de France , der Werbung für die Bretagne und unsere Insel macht. Das French Roast ist nicht wirklich ein Bistro, aber der Geruch ist sehr ähnlich; außerdem befindet es sich direkt neben meinem Lieblingszeitschriftenladen, einem langen, schmalen flurartigen Schlauch, der von Mister Smith dominiert wird. Auf einer Fläche von der Größe einer Duschkabine sitzt er mittendrin in seinem Chaos der gedruckten Buchstaben auf einem hohen Hocker. Egal, welche Zeitschrift
aus welchem Land auch immer – bei ihm findest du sie garantiert.
    Ich muss Dir von einem neuen Syndrom beichten: Seit neuestem sehe ich überall Herzen. Letzte Woche bin ich auf fünf gekommen: ein Regenfleck auf dem Asphalt, das verrostete Schloss an einem Tor am Broadway, eine Wolke, die Reispapierlampions beim Chinesen an der Vierzehnten, das Blatt eines Kaktus im Büro. Mittlerweile notiere ich sie alle in meinem Moleskine, das ich immer in der Tasche habe. Das Schöne ist, dass ich sie gar nicht suche, sondern dass sie mich finden. Zuerst dachte ich ja, dass mit meiner Psyche irgendetwas nicht stimmt, aber mittlerweile gefalle ich mir in der Rolle des Herzensammlers. Last but not least, was die zeitliche Reihenfolge und jene der Wichtigkeit betrifft, war es ein kecker Sonnenstrahl, der während der Präsentation der Zeichnungen und des Holzmodells durchs Fenster der Morgan Library hereingefallen ist und ein Herz aus Licht aufs Parkett gemalt hat.
    Ständig gibt es Sitzungen mit irgendwelchen Aufsichtsgremien für Bereiche von historischer Bedeutung, und immer wieder müssen wir unsere Arbeit erläutern. Ich bin überzeugt davon, dass J. P. M. die kubische Struktur des Raums zwischen der ursprünglichen Bibliothek und dem Haupthaus mögen würde, ebenso die Erweiterung des Ausstellungsraums, das neue Auditorium, den Lesesaal und die Verlagerung der Tresorräume unter die Erde.
    Ich umarme Dich aus ganzem Herzen
    Federico
     
    P.S. Das Ehethema verschiebe ich auf den nächsten Brief. Ich glaube ganz bestimmt, dass sie __ die Ehe, meine ich __ nichts mit uns beiden zu tun hat.

    Der Sonntag ist der große Tag von Lust&Liebe. Heute ist er allerdings auch ein Medienerfolg. Die Beilage des Corriere della Sera hat in der Rubrik »Hier spricht der Buchhändler«

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