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Und immer wieder Liebe Roman

Titel: Und immer wieder Liebe Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paola Calvetti
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die Leseliste von Lust&Liebe abgedruckt, und viele Besucher der Tauschbörse halten den Zeitungsausschnitt in der Hand. Alice hat die Redaktion monatelang traktiert, hat jede Woche einen freundlichen Brief mit der Liste der gut verkäuflichen Liebe geschickt, und nun kann sie die Früchte ihrer Hartnäckigkeit tatsächlich ernten. Da ist sie, die Buchhändlerin Emma Valentini (nettes Foto von der eben Genannten), daneben zwei Spalten: »Was sie verkauft« und »Was sie empfiehlt«. Zwischen den Rubriken gibt es eine kurze Geschichte der Buchhandlung und ein Foto von unserem neuen Schaufenster zum Thema »Herzen«. Für Alices Geschmack bewegen wir uns mit dem Thema auf dem geistigen Niveau von Ferrero-Küsschen, aber es wird gut aufgenommen.
    Ich habe herausgefunden, dass Federico nicht der Einzige ist, der an diesem Syndrom leidet. Auch der Fotograf Fabrizio Ferri, der Ehemann der berühmten Ballerina Alessandra Ferri, sah überall Herzen, als er sich in sie verliebt hatte. Er hat ein kleines Buch daraus gemacht, das jetzt bei mir auf dem Verkaufstresen liegt. Außerdem hat er mir fünf Gigantografien von Herzen, die er während seiner Reisen entdeckt hat, zur Verfügung gestellt. Gestern ist er hier gewesen, um sie zu rahmen, und war ganz begeistert von Lust&Liebe. Resultat: zwei Gigantografien mit Widmung abgestaubt und vier Romane an den Künstler gebracht.
    Das Schaufenster »Herz aus Sahne« ist eine Hommage an Dorothy und die gleichnamige Erzählung, die ich in die Mitte lege, eingerahmt von Ferris Bildern: der Tuffstein, die Lippen eines liegenden Models, der Wasserfall in Patagonien, in dem sich das Wasser zu einem schäumenden Herz formt, der Stich einer Mücke, die in ihr Opfer verliebt ist, ein Haufen Müll in der Küche.
Ansonsten liegen überall Bücher um das Herz herum, darunter der Bestseller von Susanna Tamaro, der nach all den Jahren immer noch Leserinnen jeder Altersklasse zu rühren vermag.
     
     
    New York, den 30. November 2002
42 W 10 th St
     
    Liebe Emma,
    am Erntedankfest sind wir mit Freunden zur Macy’s Thanksgiving Day Parade in der Upper West Side gegangen. Unsere Freunde haben zwei kleine Kinder, für die Sarah manchmal den Babysitter spielt, und sie ist stolz, dass sie sich damit selbst ein paar Dollar verdienen kann. Von den aufblasbaren Comicfiguren, die auf Wagen an uns vorbeigezogen sind, haben mich vor allem die Peanuts begeistert, während mich ein riesiger Spinnenmensch, der von den Kindern einen Wahnsinnsapplaus bekam, eher kaltließ. Jede Generation hat wohl ihre eigenen kulturellen Bezugspunkte. Die Kinder von heute kennen Charlie Brown gar nicht mehr, kannst Du Dir das vorstellen? Zum Essen gab es gefüllten Truthahn, Süßkartoffeln, Kürbiskuchen und eine unbezwingbare Sehnsuchtsattacke nach Dir.
    Dein Masochist und vielleicht Romantiker,
    Federico
     
    P.S. Ich schaffe es nicht, an die Vergangenheit zu denken. Ich denke aber auch nicht an die Zukunft. Bin ich oberflächlich?
     
     
    Der Moment ist gekommen, da ich es nicht mehr länger ignorieren kann. Ich muss diesem Elend ein Ende bereiten. Seit Monaten dulde ich es nun schon, weil ich es nicht schaffe, meine Produkte
als Ware zu betrachten. Ich lebe nicht mehr in der Vergangenheit, mein Blick ist verzerrt von einem Schuldgefühl, das ich seit meiner Jugend mit mir herumschleppe. Ich habe einen Kunden, der regelmäßig klaut, und weiß nicht, was ich tun soll. Früher habe ich ja selbst Bücher geklaut. Damals, 1970 in Freiburg, wo ich mein Deutsch verbessern wollte. Ich hatte unbemerkt ein Buch unter meinen Pullover geschoben – Ballettfotos, die ein berühmter Fotograf von der Kameliendame gemacht hatte. Als ich schon längst aus dem Laden heraus war, wurde ich urplötzlich von Verfolgungswahn gepackt. Ich stellte mir vor, wie die Polizei meine Eltern benachrichtigt, in was für eine Zelle man mich sperren würde, dann die Ausreise, die Scham, mit der ich zurückkehren würde von diesem Kurs, der mir eigentlich helfen sollte, Federico zu vergessen, ihn nicht mehr an jeder Kreuzung, in jeder Bar, in jedem Bus, in jeder Vorlesung zu sehen. Ich studierte deutsche Literaturwissenschaft, wog einundvierzig Kilo und verbrachte meine Freizeit in irgendwelchen Kneipen, um an Gabriella zu schreiben. Mein Ruf war ernsthaft in Gefahr, ebenso mein Plan, Trauerarbeit für ein durch Oberflächlichkeit gebrochenes Herz zu leisten. Damals war Margherite Gaultier meine Heldin, eine traurige, verliebte Prostituierte, die mit ihrem

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